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Neues Glück für Gisela

Neues Glück für Gisela

Titel: Neues Glück für Gisela
Autoren: Berte Bratt
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sein, daß sie es für sich behalten. Und ich gebe dir mein Ehrenwort, du sollst den Antwortbrief lesen, den ich dann bekomme. Ist das okay?“
    Sie gebrauchte den Lieblingsausdruck der Jungen, ohne es zu wissen.
    „Aber, Gisela, denkst du denn daran, daß du dein Leben in einem Heim zubringen mußt? Umgeben von trampelnden Füßen, schrillen Stimmen? Du wirst nie ein wirkliches Privatleben haben, dein Leben wird nur den Kindern gehören.“
    „Das ist mir sonnenklar, Willi. Ich bitte dich bloß darum, daß wir zwei Zimmer für uns selbst hier im Hause bekommen und daß ich die ein bißchen unvernünftig und weniger praktisch einrichten darf als den Rest des Hauses.“
    „Ja“, sagte Willi. „Ach, Herrgott, Gisela, du bekommst doch alles, wie du es haben willst.“
    „Das ist klar, denn was ich will, ist doch das einzig Vernünftige. Jetzt schreibe ich an Mama und Papa.“
    Sie beugte sich über ihn und küßte ihn lange.
    „Denk mal, daß ich dich darum betteln mußte, mich zu heiraten, Willi!“
    „Und denk mal, daß ich mit dir verlobt bin, ohne daß ich dich noch geküßt habe. Bisher bist du es gewesen, die mich geküßt hat. Aber warte nur…“
    „Ja“, sagte Gisela, „ich werde warten. Man wartet nie zu lange auf etwas Gutes.“

Die Eltern von Siebeneichen
     
     
    „Geliebtes kleines Mädel!
    Ihr habt hoffentlich unser Glückwunschtelegramm und die Blumen bekommen, die wir telegraphisch gesandt haben. Ja, kleine Gisela, wir sind unendlich glücklich, sowohl was Dich und auch was Willi betrifft. Denn wir wissen, er bekommt eine gute Frau und eine gute Mutter für seine wilden Buben.
    Du hast in Deinen Briefen so oft Siebeneichen und Willi erwähnt, daß es uns scheint, wir kennen ihn schon. Nach Ostern kommen wir nach Hoyfoss und freuen uns sehr, sehr darauf, unseren Schwiegersohn kennenzulernen. Wir haben ihn schon durch Deine Briefe liebgewonnen. Er muß ja ein Prachtkerl sein, vorausgesetzt, daß du nicht ganz blind bist. Ja, es ist sonderbar, kleine Gisela, daß dies, was Deines Lebens Unglück schien, sich nun als Dein Glück erweist. Wir waren beide sehr bewegt, als wir Deinen Brief lasen und die Erklärung, warum Willi auf das Glück, eigene Kinder zu haben, verzichten will. Wir verstehen, bewundern und achten dies.
    Dank für das Vertrauen, das Ihr uns schenkt. Was Du von Willis Kindheit erzählt hast, bleibt selbstverständlich unter uns, da könnt Ihr ganz sicher sein.
    Also, wir sehen uns bald nach Ostern. Da können wir vielleicht gleich von der Hochzeit reden? Wir gehen davon aus, daß Ihr am liebsten keine große Hochzeit wollt, da Willi keine Familie hat. Aber eine kleine Familienfeier dürfen wir hoffentlich für Euch in Ravensund halten? Du bist doch unser einziges Kind, und dies ist die einzige Hochzeit, die wir je ausrichten werden. Also bitten wir Euch recht schön, dafür Verständnis zu haben. Die Freude werdet Ihr uns bestimmt gönnen.
    Die herzlichsten Grüße, liebe Gisela, lieber Willi, von
    Mama und Papa.“
     
    Willi reichte den Brief mit bebenden Händen zurück.
    Auch seine Lippen bebten, und es dauerte ein paar Minuten, ehe er sprechen konnte.
    Und da wurde es nur ein Flüstern. „Gisela, womit habe ich dieses Glück verdient?“
    An einem sonnenklaren zweiten Pfingstfeiertag herrschte fieberhafte Tätigkeit auf Siebeneichen.
    Es wurde geputzt und gewaschen, und Blumen wurden auf alle Tische gestellt. Ein selbstverfaßter Gesang wurde geübt, der sollte zweistimmig gesungen werden, und in der Küche schwitzte die Köchin Lisa über Herd und Backofen. Und Schwester Ruth hatte die weißen Pullis der Kleinsten gewaschen und gebügelt, alles glänzte und leuchtete in glücklicher Erwartung. Sogar im Kaninchenstall wurde extra saubergemacht, und das kluge Tier Augusta harte ausgerechnet an diesem Tag ihren ersten Wurf zur Welt gebracht.
    Die großen Jungen hatten geschuftet und sich abgerackert. Quer über der Auffahrt war ein Ehrenportal errichtet, ein feiner Bogen aus zartem jungem Birkenlaub und den ersten Wiesenblumen des Jahres.
    Schwester Ruth hatte etwas bei dem großen runden Schild mithelfen müssen, auf dem „Willkommen“ und „G-W“ in dekorativen Schlingungen stand.
    Aber nun stand das Portal da. Vielleicht würde es vor sehr kritischen Augen keine Gnade gefunden haben, aber es war das Ergebnis ehrlichsten Bestrebens und des besten Willens der Welt.
    Rolf hielt Ausschau aus dem großen Wohnzimmerfenster. „Jetzt kommen sie! Sie kommen!“
    Langsam
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