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Neues Glück für Gisela

Neues Glück für Gisela

Titel: Neues Glück für Gisela
Autoren: Berte Bratt
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    „Willi“, sagte Gisela.
    „Was willst du uns schon wieder schenken?“ Seine Stimme war neckend.
    „Nichts Besonderes. Bloß Ostereier.“
    „Ja, dem ist wohl nicht zu entgehen.“
    „Pfui, schäme dich!“
    „Nimm mich doch nicht zu ernst. Ich sage natürlich vielen herzlichen Dank. Meinst du übrigens Hühnereier oder Marzipaneier?“
    „Tja…“, sagte Gisela.
    „Ich sehe es dir an. Also beides.“
    „Ja, wenn ich also darf?“
    „Du darfst. Aber bitte keine Rieseneier mit Konfekt und Seidenband für jeden Jungen.“
    „Aber nein, ganz närrisch bin ich ja doch nicht.“
    „Na, manchmal bist du nicht weit davon entfernt.“
    „Schäme dich! Und an welchem Tag zu Ostern willst du mich hierher einladen?“
    „Wann immer du willst. Aber daß du zu Ostern nicht heimreist, Gisela?“
    „Ich bleibe lieber hier. Außerdem sind Mama und Papa zu Ostern immer verreist.“
    „Aber warum fährst du nicht ins Gebirge?“
    „Weil ich keine Lust habe.“
    „Das ist aber wirklich sonderbar. Doch natürlich reizend für uns. Also erwarten wir dich ständig hier, am Morgen, Mittag und Abend, und wenn du übernachten willst, du weißt, wir haben das Krankenzimmer. Hoffentlich muß es nicht seiner eigentlichen Bestimmung dienen.“
    Aber diese Hoffnung trog, denn schon zwei Tage darauf mußte sich die Köchin mit einer Nierenbeckenentzündung in das Krankenzimmer legen, und Schwester Ruth hatte alle Hände voll zu tun.
    Das hatten sie übrigens alle zusammen. Tante Marthe tat, was sie konnte, aber Kochen war nicht ihre starke Seite. Die junge Küchenhilfe war der Lage auch nicht gewachsen. Also ergab es sich, daß Gisela früh und spät kam und sich nützlich machte.
    „Du kannst wohl einfach alles“, sagte Willi. „Wer würde geglaubt haben, daß du so gut kochen kannst?“
    „Ich bin doch in eine Haushaltungsschule gegangen“, lächelte Gisela. Aber dann glitt das Lächeln von ihrem Gesicht, als sie an die Zeit auf der Haushaltungsschule dachte. Es war damals, als sie ihr künftiges Heim mit Andreas plante und davon träumte, eine glückliche Frau und Hausfrau und vor allem Mutter zu werden.
    Willi stand da und schaute sie an. Ihre Hände waren so rasch und geschickt, als sie einen Pudding rührte. Ein Ausdruck verbissenen Schmerzes breitete sich auf Willis Gesicht aus, ein Ausdruck, den Gisela auch schon früher gesehen hatte, damals, als sie im Kreis der Kleinkinder saß und Märchen erzählte.
    „Daß du nicht geheiratet und selber Kinder gekriegt hast“, entfuhr es ihm. Gisela drehte ihm den Rücken zu und nahm die Zuckerbüchse vom Küchenbord herunter. Sie verharrte einen Augenblick so, daß er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    „Nimm dich an der eigenen Nase“, erwiderte sie, und ihre Stimme war heiser.
    „Ich?“ Willi sah sie an, als sie im Profil und über die Schüssel gebeugt dastand und eifrig rührte. „Ich werde nie heiraten, Gisela.“
    „Man soll niemals niemals sagen“, meinte sie, und ihre Stimme war sehr ruhig und sehr sachlich.
    „Doch, in diesem Falle schon. Es gibt nur zwei Dinge auf der Welt, über die ich ganz sicher bin. Das eine ist, daß ich sterben muß, und das andere, daß ich als Junggeselle sterben werde.“
    Die Worte kamen vollständig gelassen, mit Nachdruck, mit einer leisen Endgültigkeit. Die Stimme war beherrscht und todernst.
    Gisela antwortete nicht. Als sie endlich aufblickte, schloß sich die Türe leise hinter Willi.
    „Das ist wahnsinnig, lächerlich, unlogisch…“
    Zum fünfzigsten Male sagte Gisela das zu sich selbst. Sie sollte ja eigentlich glücklich sein, denn wenn Willi nie heiratete, dann könnte sie ihn als Freund behalten, für immer, fürs ganze Leben!
    Warum war sie nicht froh? Nicht erleichtert? Warum lag sie, den Kopf ins Kissen gedrückt, und heulte, Stunde um Stunde? Warum tat es ihr im Herzen weh, viel mehr noch als damals die Erkenntnis, daß sie unfruchtbar war, nutzlos als Weib?
    Nutzlos? Nein, das war sie doch nicht. Sie war für achtundzwanzig Buben fast wie eine Mutter. Sie hatte in dieser kurzen Zeit alle ihre mütterlichen Instinkte gebrauchen können. Sie, die Kinder so liebte, Siebeneichen liebte und die liebte…
    Das Weinen kam in neuen Stößen, erschütterte ihren Körper.
    Warum behandelte das Schicksal sie so grausam? Warum konnte sie nicht wenigstens den Mann bekommen, den sie liebte, wenn sie schon keine Kinder haben durfte?
    Dann stieg die gewohnte Antwort vor ihr auf, die bittere,
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