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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt
Autoren: James Kahn
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fiel auf sie, schlug die Zähne in ihre Schulter. Das Messer wurde ihr aus der Hand gerissen. Fauchend näherte er sein Gebiss ihrem Hals zum tödlichen Biss.
    Paula schloss die Augen. Ugo wurde plötzlich von ihr weggerissen. Sie hob den Kopf und sah Aba. Ein Neuromann wurde aus einer anderen Richtung auf sie geschleudert und warf sie beide um. Sie starrten einander kurz an.
    »Du …«, zischte Ugo, aber Aba schnitt ihm die Kehle durch. Im nächsten Augenblick war er tot.
    Eine Klinge sauste auf Aba herab, aber seine Schwester Phé riss ihn im letzten Augenblick weg.
    »Pass doch auf, Kleiner!« rief sie lachend und stürzte sich wieder in das Getümmel.
    Josh wählte diesen Augenblick, um aufzutreten – in Wahrheit hatte sein Wille wenig damit zu tun. Er war betäubt, einem Schlafwandler ähnlich. Wie ein Gespenst oder ein Prophet wandelte er zwischen Lebenden und Toten, schien sie kaum auseinander halten zu können. Das Durcheinander hatte sich stark gelichtet, weil immer mehr Kämpfer niedersanken, so dass vom Boden aus Joshuas Auftreten deutlich erkennbar war. Jasmine entdeckte ihn sofort.
    »Joshua!« schrie sie.
    Er schien sie nicht zu hören, aber ihr Schrei weckte die Lebensgeister seiner Anhänger. Sie verdoppelten ihre Bemühungen, obwohl nun alles gegen sie zu stehen schien. Die Verteidiger des Kindes setzten sich immer mehr durch.
    Joshua beachtete das Ganze nicht. Sein Blick war auf einen Lüftungsschacht in der gegenüberliegenden Wand gerichtet, wo man das Drahtgitter entfernt hatte. Ein viereckiges Loch in der Wand, fast zwei Meter über dem Boden, sechzig Zentimeter Seitenlänge – zu schwarz, als dass man hätte hineinsehen können in den Schacht.
    Aber Joshua starrte hinein, von der anderen Seite des Raumes, ein Blick, starr von Visionen, die Jasmine nicht einmal zu erraten vermochte. Von ihrem Platz unter dem Fenster folgte sie seinem Blick zum Schacht. Dann starrte auch sie hinein, glotzte in die undurchdringliche Schwärze, sah nichts als sie … als – was? … waren da nicht zwei schwärzere Punkte im Schwarz? Ja, zwei schwarze Kreise, schimmernd schwarz, aus der Schwärze des Schachts starrend wie … Augen.
    Kinderaugen.
    »Ollie!« rief Jasmine. Sie machte sich bemerkbar bei ihm, zeigte auf den Schacht, zog ihre Spraydose heraus und kämpfte sich langsam durch den Raum. Joshuas Augen zuckten kurz. Er sah, was vorging, und schob sich durch das Getümmel zum Schacht.
    Ollie zwängte sich unter dem toten Redsun hervor und ging ebenfalls auf den Schacht ohne Gitter zu, die Spraydose in der linken Hand, den Dolch in der Rechten. Bevor er die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, sah er jedoch Osi in der Nähe zusammensinken. Zwei Neurogardisten hatten sich auf den Vampir gestürzt und würgten ihn von hinten. Ollie zögerte nur kurz, dann sprang er sie an.
    Ollie kämpfte mit einem Neurowesen, Osi mit dem zweiten. Nach einer Weile lagen die Geschöpfe tot am Boden – aber im Kampf hatte Ollie die Spraydose verloren und konnte sie nicht mehr entdecken.
    Inzwischen näherte sich Josh langsam der Schachtöffnung und musste sie zugleich mit Jasmine erreichen.
    Sein Bewusstsein kehrte langsam zurück – er wusste wieder, wer er war und wo er sich befand. Er konnte sehen, was vorging, und er ahnte, wie es dazu gekommen sein musste. Aber diese Dinge betrafen ihn nicht, er war darüber hinaus. Er hatte die vergangene Nacht – eine Nacht nur? – an Orten verbracht, wohin die Zeit ihn mitgenommen hatte. Orte, weit von hier.
    Im Zentrum des Alls. Kein Licht dort, keine Zeit. Er hatte für einen Augenblick der Ewigkeit sein Selbst dort verloren, blindlings durch die Nabe des Rades taumelnd, ohne Form, Substanz, Bewegung.
    Und ganz plötzlich vom Kern, durch alle Speichen – Speichen aus Sonnen, unzähligen Sonnen, grünen Sonnen, schwarzen Sonnen, implodierenden, zerschmelzenden Sonnen, angesaugt von wirbelnden Gasen, von Juwelenschauern, unsichtbaren Planeten, dimensionslosen Kreaturen, organisch, bewusst, schimmernde Speichen qualvoller Erscheinung, zahllosen Mustern, wächsernen, gleißenden Photonenströmen – hinaus an den Rand, zu den fernsten, rasenden Fasern des Lichts, jede einzelne bestrebt, den anderen zu entkommen, zu diesem dünnen, zarten Rand von Raum und Zeit, wo er schwindlig vor rasender Geschwindigkeit, geblendet vom Licht, taumelnd hinausgeschleudert vom Rad … über den Rand hinausgekippt war.
    Über den Rand. Ins Nichts. Stürzend, fallend … er hatte sich umgeblickt und
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