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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt
Autoren: James Kahn
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sogar, hoch darüber am Himmel Sterne sehen zu können, die durch diese ätherische Flüssigkeit schimmerten. Und nun entdeckte sie am anderen Ende des Sees das, was zwei Wasserfälle zu sein schienen, voneinander durch fünfzig Meter getrennt. Sie verbanden den Fluss über ihnen mit dem See zu ihren Füßen. Aber während Jasmine das Schauspiel fassungslos betrachtete, schien das Wasser in einer Säule vom Fluss in den See herabzustürzen, während das Wasser in der anderen Säule sich wie ein Geysir aus dem stillen See neben ihnen zu dem sich dahinwälzenden Fluss hundert Meter hoch in der Luft erhob.
    »Das gibt es nicht«, stieß Ollie hervor.
    Jasmine legte die Hand auf seine Schulter.
    »Lass dich nicht zu sehr aus der Ruhe bringen«, sagte sie beruhigend. »Es gibt immer eine Erklärung.«
    »Natürlich gibt es die.« Ollie nickte und zeigte einmal hierhin, einmal dorthin. »Hier ist der See. Und dort ist der Fluss.«
    Sie gafften staunend zu dem dahinziehenden Fluss hinauf, der über den Bäumen schwebte, als sei die Schwerkraft aufgehoben.
     
    Sie kauerten zu zehnt am Lagerfeuer: Jasmine, Ollie, Symeau, vier andere Menschen und drei Einhörner. Die Menschen hießen Desireau, Penseau, Aimeau und Laveau. Die Einhörner trugen die Namen Roselac, Vertelac und Dorelac.
    »Wir haben vom Fluss aus, als wir darüber hinwegglitten, eure Feuer gesehen«, sagte Jasmine. »Sie sahen im Wasser aus wie orangerote Funken.«
    »Und wir sahen euer Boot wie einen dunklen Schatten über uns dahingleiten«, flüsterte Desireau. Sie war ein hübsches junges Mädchen, das lange Haar mit Dutzenden der bunten Vogelfedern verflochten.
    »Der See hat uns gesagt, dass ihr kommt«, fügte Aimeau hinzu, ein älterer Mann, so, als hätten sogar Jasmine und Ollie damit rechnen müssen, hierherzugelangen.
    Einer der seltsamen Vögel kam in der Nähe vorbeigewatschelt. Symeau griff beiläufig nach einem Ast, hieb ihn dem Tier auf den Kopf und tötete es so auf der Stelle.
    »Kreischerfleisch schmeckt sehr gut«, sagte er ruhig zu Ollie; eine Mitteilung, lehrreich und interessant zugleich. Er drehte dem Tier den Kopf ab, rupfte es und briet es, auf den Ast gespießt, am Feuer. Jasmine und Ollie schauten minutenlang gebannt zu. Als deutlich wurde, dass niemand sonst das Wort ergreifen würde, räusperte sich Jasmine und sagte: »Hört, es ist freundlich von euch, uns nach unserem Unfall aufzunehmen, aber wir müssen wirklich weiter, wir haben es ziemlich eilig. Um einem Freund zu helfen. Wenn ihr uns also sagen könnt, wie wir hierhergekommen sind, was das hier ist und wie wir zurückgelangen … dann wären wir sehr dankbar.«
    Niemand antwortete. Sie starrten alle auf den Vogel, der gebraten wurde. Ollie stand auf und ging zum See zurück. Als er das Ufer erreichte, knirschte unter seinem Fuß etwas. Er bückte sich, um nachzusehen. Das Horn eines Einhorns. Auf dieser Seeseite lagen sie zu Dutzenden, spröde und weiß. Die meisten steckten am seichten Rand unterschiedlich schräg im Boden. Er merkte, dass ihn einige der Wesen im Lager beobachteten. Aber niemand schien die Absicht zu haben, ihn bei seinem Erkundungsgang zu behindern; so richtete er sich wieder auf und ging weiter um den ungewöhnlichen Teich herum.
    Er erreichte rasch den Wasserfall. Als er näher herankam, wurde jedoch deutlich, dass es sich um keinen gewöhnlichen Wasserfall handelte. Es gab keinen Sprühregen, kein Brausen, keinen Schaum. Als er die Hand danach ausstreckte, erkannte er auch den Grund: Eine dicke Membranhülle bildete eine Röhre um die gesamte Wassersäule. Das Material war durchsichtig, glatt und hart, beinahe wie Glimmerblatt – aber die Außenseite war von einem dünnen, unaufhörlichen Wasserrinnsal überzogen. Die Röhre führte hinab in den See und schien hoch über dem Kopf auch in den Fluss hineinzureichen. Vielleicht besteht das Flussbett aus diesem Material, dachte er – aus einem fremdartigen Kristall, ähnlich wie Quarz oder Glimmer.
    Er freute sich über die Entdeckung. Jasmine hatte ja gesagt, es gäbe stets eine Erklärung. Er ging hinüber zur anderen Wassersäule. Dort floss das Wasser nach oben, aber auch hier war die Säule von der harten Membran umkleidet. Er klopfte mit dem Fingernagel daran.
    Danach ging er zum Lagerfeuer zurück, um die Entdeckung an Jasmine weiterzugeben. Als er sich wieder setzte, war der Vogel gerade fertiggebraten; Symeau nahm ihn aus dem Feuer, riss die Keulen ab und reichte sie an Ollie und Jasmine
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