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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt
Autoren: James Kahn
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ausgestöpselt‹, das verstehe ich. Anschluss unter den Sticks. Was für ein Anschluss? Heißt ›unter‹ nun wirklich ›unter‹ oder ›südlich von‹? Dann die Liste der Säle. Geht er dorthin? ›Rose weiß‹, schreibt er. Und sie geht in die Stadt. ›Angestöpselt in Tunnel 22 geflohen.‹ Damit kann ich nichts anfangen. Ich erinnere mich nicht, dass die Tunnels unter der Stadt nummeriert waren. Und der Kanalisationsplan, den er erwähnt – für das Tunnelsystem unter der Stadt –, den haben wir nach der Flucht vor über fünf Jahren in meinem Versteck in der Urwaldhöhle zurückgelassen, jedenfalls das, was noch davon da war. Viel wird nicht mehr übrig sein, nehme ich an.
    Die letzte Zeile ist klar.«
    Hilf uns.
    Jasmine überflog die Nachricht mit dem grimmigen Empfinden, es habe sich etwas erfüllt. Ganz deutlich und doch auch verschwommen. Wie ein Déjà-vu-Erlebnis. Wie ein wiederkehrender Traum.
    Sie faltete das Papier zusammen, schrieb das Wort ›Beauty‹ darauf und zeichnete dann einen Zentauren.
    »Auf dem Weg gehen wir bei Joshuas Bergcamp vorbei. Ich kann nach anderen Spuren suchen, und wir können diese Nachricht für Beauty hinterlassen, von dem ich annehme, dass er von dort aus Roses Spur verfolgt, sobald er erkannt hat, dass sie verschwunden ist – dann wird auch er in die Stadt kommen. Ich habe keinen Zweifel, dass wir ihn früher oder später bei diesem Unternehmen treffen werden.«
    »Dann hilfst du uns also«, sagte Ollie zögernd. Er war zu erleichtert, um es in eine Frage zu kleiden, und zu unsicher, um eine Feststellung zu treffen.
    »Ich helfe euch«, sagte sie lächelnd, und auch er lächelte.
    An diesem Abend rief sie ihren Stamm zusammen und teilte mit, sie müsse für unbestimmte Zeit fort, zu einem Feldzug, um ›gefährliche Tiere im Süden zu vernichten‹. Sie ließ ihr Zepter in den bereitwilligen Händen von Eng zurück, einem dunkelhäutigen Vampir, der fast ein Jahr lang ihr erster Mitarbeiter und zweiter Liebhaber gewesen war. Dann verschwand sie unter großem Aufwand an Rauch und Blitzen in einem Blindweg zwischen den Bäumen und kam eine Meile flussaufwärts heraus, wo Ollie mit einem Boot wartete.

 
Kapitel 2
     
    Worin der See das Dunkel sucht, um
    die Seinen zu erleuchten
     
    S ie wählten den östlichen Alder-Ast und fuhren nach Norden – er strömte paradoxerweise in diese Richtung zu den Sattelbergen. Das Gelände in diesem Gebiet war weniger gut vermessen als der Ast, der nach Newport führte, aber Jasmine ging davon aus, dass das der direktere Weg zu Joshuas Bergcamp sein würde. Unter bestimmten Umständen traf das wohl auch zu. Mehrere Stunden lang verlief die Fahrt ohne Zwischenfälle. Ein Schwarm Junabi flog gleich zu Beginn am Bug vorbei, entschieden ein gutes Omen. Demzufolge – so hätten manche gesagt – kam das kleine Boot im stetigen Strom gut voran; der Fluss war breit und tief und führte kein gefährliches Treibgut. Ollie achtete auf das Ufer und spähte im roten Nebel nach Anzeichen für Gefahren, während Jasmine sie durch die Biegungen steuerte, die ihr das rascheste Fortkommen zu versprechen schienen.
    »Weißt du, wo wir sind?« fragte er einmal.
    »Nicht genau, aber ich weiß, wo wir sein sollten«, erwiderte sie lächelnd.
    »Du hast mir immer wieder beigebracht, das Wort ›sollte‹ nicht zu gebrauchen«, erwiderte er spottend.
    »Du hast recht, Ollie, das ist ein schreckliches Wort. Es weist auf Schuld und Reue hin, die beiden Empfindungen, die am meisten behindern. Ich hätte es nicht verwenden dürfen.«
    Er wackelte mit dem Kopf, und Jasmine senkte den Kopf, während das Boot dahinschwankte. Eine Riesenschildkröte schwamm eine Weile nebenher und tauchte dann unter. An der nächsten Flussbiegung wurde der Nebel dichter, und das Boot begann sich in einem Sog langsam zu drehen. Jasmine versuchte Kurs zu halten, aber das Boot folgte der Nebenströmung, und die Drehung wurde stärker, so dass die beiden Freunde ein wenig aus dem Gleichgewicht gerieten.
    Plötzlich klarte der Nebel auf – Jasmine hatte noch nie einen Teil des Urwalds gesehen, der vom Nebel jemals frei war, außer, wenn es regnete – und hoch über ihnen leuchteten die Sterne an einem wolkenlosen schwarzen Himmel. Die beiden Ufer waren dicht bewachsen mit Trompetenbäumen, seltsam lautlos – denn der Dschungel war nie stumm. Der Mond spähte über die höchsten Äste hinweg.
    »Das ist zu sonderbar«, flüsterte Ollie. »Was geht da vor?«
    Jasmine schüttelte
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