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Neu-Erscheinung

Neu-Erscheinung

Titel: Neu-Erscheinung
Autoren: Michael Gantenberg
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Ihre Hannah von Nazareth eine zeitgemäße Frauenfigur, für die anderen lediglich eine billige Provokation.«
    »Na, ist doch prima, dann macht sich wenigstens jeder Gedanken.«
    »So kann man es natürlich sehen. Haben Sie ganz bewusst mit dem Tabubruch gearbeitet?«
    »Mit welchem Tabubruch?«
    »Die Tochter Gottes. Die Kirche hat schon auf ganz andere Dinge sehr heftig reagiert. Erst kürzlich wurde einem Filmteam die Drehgenehmigung in Rom verweigert ...«, die Freitag strahlte in die Kamera, damit jeder die Frau mit der Wahnsinnsvorbereitung von ganz Nahem sehen konnte, » ... Dan Browns
Illuminati
... tja, Tom Hanks hat nicht überall Freunde.«
    »Ich habe«, erklärte meine Ex-Praktikantin lässig, »doch nun wirklich nicht mit einem Tabubruch gearbeitet. Ich habe eine Geschichte geschrieben über eine Frau, eine ganz normale Frau, weit und breit kein Tabubruch.«
    »Na ja, ganz normal? Die Tochter Gottes?«
    »Ich glaube, Frau Freitag, Sie machen einen Denkfehler, warum soll die Tochter Gottes nicht eine ganz normale Frau sein? Warum soll sie nicht die gleichen Gefühle und Sehnsüchte haben wie jede andere Frau?« Zaghafter Applaus im Publikum und ein kleines nervöses Zucken bei der Moderatorin. »Wir sind es doch, die ständig den Versuch unternehmen, alles größer und besonderer zu machen, vor allem bei Frauen.«
    »Das ... äh ... verstehe ich nicht, Frau ... Gabor.«
    »Es gibt keine besonderen Frauen, es gibt nur normale Frauen. Wir sind alle normal. Sie im Übrigen auch!«
    »Natürlich bin ich normal.«
    »Sehen Sie? Auch wenn die Presse Sie als DIE TALKSHOW - LEGENDE verkauft, am Ende des Tages wollen Sie das Gleiche wie alle Frauen. Ein Recht auf Glück. Ganz normal!« Jetzt reagierte das Publikum überschwänglich. Es applaudierte heftig. Sogar einige Männer. »Ich habe doch nur eine Geschichte geschrieben, ein Märchen, von vorne bis hinten erfunden, aber dass es so angenommen wurde, zeigt mir doch, dass es irgendwo einen Zugang gibt, der die Menschen berührt. Den habe ich anscheinend gefunden. Gott sei Dank, auch wenn der damit nichts zu tun hat.«
    »Natürlich, da haben Sie natürlich recht, Frau Gabor.«
    »Die ist echt gut, nur das mit der Perücke, ich weiß nicht...«, bemerkte Bettina.
    »Ganz schön schnippisch«, kommentierte ich.
    »Muss sie sein, passt total.«
    In Bettina hatte Dana Bischoff jetzt einen Fan.
    »Wie geht es denn nun mit Ihrer Messias-Geschichte weiter?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich nehme an, das Ganze wird auch als Buch rauskommen, was dann schon jetzt als Neuerscheinung des Jahres gelten dürfte und Sie vermutlich nicht ärmer machen wird, Frau Gabor. Und dann werden doch alle nach einer Fortsetzung schreien?«
    »Kann sein.«
    »Verraten Sie uns denn wenigstens, ob aus der Sache mit diesem Nick was wird?«
    »Keine Ahnung.«
    »Frau Gabor, bitte ... ein kleiner Wink nur für uns?«
    Und nun machte Barbara Freitag einen verhängnisvollen Fehler, sie animierte mit seltsam rudernden Armbewegungen das Publikum, ihre Forderung an Bella Gabor lautstark zu unterstützen. Das Publikum klatschte wunschgemäß.
    »Pass auf, die Messias heiratet den Nick«, prophezeite die schönste werdende Mutter aller Zeiten.
    »Meinste?«
    »Eigentlich nicht, die wird nichts sagen, gar nichts.«
    »Weiß nicht, kommt drauf an, ob die Freitag weiter nachbohrt.«
    Zu einem weiteren Nachbohren kam es nicht, denn Dana Bischoff setzte die Brille ab.
    »Irgendwoher kenne ich die«, sagte Bettina und rückte näher zum Fernseher.
    Kleine Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn.
    Das Publikum im Fernsehstudio applaudierte noch heftiger, und das Unfassbare geschah. Dana Bischoff nahm auch noch die Perücke ab.
    »Das ist doch ...?« Bettina schaute mich mit einer Mischung aus Entsetzen und Erstaunen an. »Das ist doch deine Praktikantin!«
    Zur gleichen Zeit meldete übrigens der Überwachungsmonitor auf der Intensivstation des Sankt-Maria-Krankenhauses Alarm. Dass ein Intensivpatient diese Talkshow hatte sehen dürfen, sorgte am nächsten Tag für mächtigen Ärger beim Pflegepersonal.
    »Das ist die doch.«
    Bettina schnaufte wie ein Jungstier bei der ersten Begegnung mit einem Torero.
    »Bist du sicher?«
    »Paul, bitte! Guck doch mal.«
    Dana Bischoff war noch nicht fertig.
    »Und jetzt muss ich mal was sagen, ich heiße Dana Bischoff und habe in meinem ganzen Leben noch kein Buch geschrieben. Weder über Jesus noch über seine Schwester oder Gott oder irgendwen!«
    Ein Aufraunen
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