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Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen
Autoren: Else Ury
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wenn du erst ein richtiges Schulmädchen bist, darfst du mitspielen, jetzt müssen wir zum Herrn Direktor. Sei nur nicht schüchtern, Lotte, und gib Antwort, wenn er dich etwas fragt.«
    »Ich werde doch nicht so dumm sein und mich genieren!« meinte das Töchterchen eifrig. Der Herr Direktor war ein freundlicher Herr mit einem grauschwarzen Vollbart. Er sah eigentlich ein bißchen wie Vater aus und gefiel der Kleinen deshalb sofort.
    Freundlich sagte er: »Also das ist die neue kleine Schülerin - wie heißt du denn, mein Kind?«
    »Annemarie«, antwortete Nesthäkchen laut und machte dabei ihren schönsten Knicks, »aber wenn ich artig bin, heiße ich Lotte.«
    »Hm - für uns genügt Annemarie«, lächelte der Herr Direktor. »Und wie ist der Vatersname?« Er wandte sich jetzt an die Mutter.
    »Annemarie Braun«, antwortete diese.
    »Geburtsdatum?«
    Aber ehe Mutti noch antworten konnte, hatte Nesthäkchen schon mit strahlendem Gesicht ausgerufen: »Am 9. April habe ich Geburtstag, und da wünsche ich mir von Großmama eine Schulmappe und ein Rasierzeug für meinen Matrosen, weil Klaus ihm einen Bart angemalt hat, und nachmittags gibt es Schokolade mit Schlagsahne!«
    »Das ist ja wunderschön«, jetzt lachte der nette Herr Direktor richtig.
    Dann notierte er das Geburtsjahr, den Stand des Vaters und die Wohnung.
    Inzwischen hatte Annemarie Mutti etwas bittend zugeflüstert, aber die schüttelte abwehrend den Kopf.
    »Möchtest du noch etwas, mein Kind?« fragte der Herr Direktor.
    Da schlug Nesthäkchen die großen, blauen Augen treuherzig zu ihm auf.
    »Ich möcht so schrecklich gern auch gleich meine Gerda mit in der Schule anmelden, sie hat schon zwei lange Zöpfe und eine Schulschürze.«
    »Na, dein Schwesterchen ist wohl noch zu klein zum Schulbesuch, laß sie nur erst so groß werden, wie du bist«, der Herr Direktor klopfte ihr freundlich die Wange.
    »Aber Gerda ist doch nicht mein Schwesterchen«, lachte Annemarie laut auf, trotz Muttis Versuche, das kleine Plappermäulchen zum Schweigen zu bringen. »Gerda ist doch mein Jüngstes, mein Nesthäkchen, aber im Kindergarten ist sie auch aufgenommen worden.«
    »Ja, für Puppen haben wir hier aber keinen Platz, dazu ist die Klasse zu sehr überfüllt«, meinte der Herr Direktor gutgelaunt. »Nun finde dich pünktlich am 10. April um zehn Uhr bei deiner Klassenlehrerin Fräulein Hering ein und sei recht fleißig. Adieu, gnädige Frau, adieu, mein Kind.«
    Wieder knickste Annemarie, und dann standen sie draußen. »Du warst gar nicht artig«, begann Mutti, als sie wieder auf der Straße waren, unzufrieden. »Wie konntest du bloß so vorlaut sein!«
    »Aber der Herr Direktor hat mich doch gefragt.« Nesthäkchen verzog weinerlich den Mund. »Und wenn er meine Gerda nicht will, dann gehe ich überhaupt auch nicht in die olle Schule! Ohne Gerda macht mir's gar keinen Spaß!«
    »Da wirst du aber eifrig lernen, Lotte, damit du kein kleines Dummchen bleibst!« sagte Mutti ernsthaft.
    Aber als der 9. April nun gekommen war, als auf Nesthäkchens Geburtstagstisch sieben Lichter und ein großes Lebenslicht flammte, als in der Mitte die neue, braune Schulmappe von Großmama prangte, da freute sich Annemarie doch wieder auf die Schule. Ach, die hübsche Fibel mit den Bildern, der feine Federkasten, der so lustig zuknipste! Und eine Federbüchse war drin, genau wie Klaus sie hatte; ein kleiner, schwarzer Kater als Tintenwischer und dazu noch Federhalter und lange rote Bleistifte. Annemarie bat Fräulein, ihr die neue Schulmappe gleich aufzusetzen.
    Zuerst ging es zu Vater ins Sprechzimmer, das zum Glück leer war.
    »Vater, ich bin jetzt ein richtiges Schulmädchen!« und da saß das richtige Schulmädchen mit ihrer Mappe auch schon auf Vaters Knie.
    »Ach, da kann ich dich ja nicht mehr auf meinen Schultern reiten lassen, Lotte, das tut mir aber leid, ein Schulmädchen ist schon zu groß dazu«, meinte Vater lächelnd.
    Das Geburtstagskind machte ein nachdenkliches Gesicht.
    »Ach, weißt du was, Vatchen, heute kannst du mich noch ruhig reiten lassen; denn ein ganz richtiges Schulmädchen bin ich doch erst morgen.«
    Annemarie, die für ihr Leben gern auf Vaters Schultern ritt, war froh, einen Ausweg gefunden zu haben.
    Einige Sekunden später konnte man etwas Merkwürdiges sehen. Doktor Braun sprang im Trab und Galopp durch die ganze Wohnung, und auf seinen Schultern ritt ein kleines Mädchen mit der aufgeschnallten Mappe und schrie jauchzend: »Hü« - »Hott« - und
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