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Nero

Nero

Titel: Nero
Autoren: Ernst Eckstein
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Imperator ins Ohr.
    »Das wäre dein Tod, Schurke!« rief Nero außer sich. »Soll ich zum zweitenmal um diese Hoffnung betrogen werden? Gerade jetzt, da sie gewiß war, mir einen Knaben zu schenken?«
    »Herr,« stammelte Aristodemus, »wie kann die Erlauchte dessen gewiß sein . . .«
    »Elender Sklave! Dem Cäsar und seiner Gemahlin ist das gewiß, was sie begehren! Und so befehle ich dir: thue dem Unheil rechtzeitig Einhalt, oder du stirbst!«
    Eine seltsame Zuckung Poppäas nahm dem Arzte jeglichen Zweifel.
    »So töte mich gleich!« sprach er, das Haupt senkend. »Gegen die Macht des Schicksals und der Natur kann ich nicht ankämpfen.«
    »Wie? Du wagst es?«
    »Ich wage es, dich auf den Ratschluß der Götter und die Allmacht des Verhängnisses hinzuweisen, dem wir alle unterthan sind –, du, Herr, der Gewaltige, so gut wie ein verurteilter Sklave. Schlag mir das Haupt vom Rumpfe, mir, dem Sterblichen, da du den Göttern und dem Fatum nichts anhaben kannst!«
    Nero erwiderte nichts. Er war starr vor Entsetzen.
    Endlich, den Sklaven bei der Rechten ergreifend, sprach er fast flehentlich: »So versuche es doch! Ich will dich belohnen! Ich nehme alles zurück, was ich dir angedroht. So bedenke doch: es gilt die Zukunft der Welt, den Claudius Nero Sabinus, den Herrscher über den Erdkreis bis zur Vistula und zur Insel der Rugier!«
    »Der Jammer hat ihn verwirrt,« murmelte Aristodemus, wieder ans Lager tretend. »Herrin, wie fühlst du dich?«
    »Unerträglich,« stöhnte Poppäa leise. »Es will mir das Herz auseinanderzerren. O, dieser Schurke! Ich glaube, er that es mit Absicht. Er zählte . . . zu . . . den heimlichen Anhängern . . . der . . . toten Octavia! . . .«
    »Wahrlich nein,« versetzte Aristodemus. »Es war ein Mißgeschick, Herrin! Alle, die es beobachtet, stimmen darin überein.«
    »Still! Ich weiß das besser . . . Es war . . . es war . . . Octavia. Fort! Fort! Laßt mich allein! O, wie das wühlt! Als trüg' ich . . . die ölgetränkte Werghülle der Nazarener! Flammen ringsum! Ich vergehe vor Qual!«
    Nero mußte fast mit Gewalt aus dem Zimmer entfernt werden. Von Tigellinus, Phaon und einigen Sklaven begleitet, begab er sich in jenes wunderbare Gemach, das die Drehung des Himmelsgewölbes nachahmte. Die kunstvolle Maschinerie war bei der Ankunft des Kaiserpaares in Thätigkeit gesetzt worden.
    Hier thronte er nun, der Beherrscher des Weltalls, und hielt gleichen Schritt mit der allerleuchtenden Sonne, während da drüben, nur wenige hundert Schritte von ihm entfernt, der Traum der neronischen Dynastie kläglich in Trümmer sank.
    Cassius bot seinem Gebieter schweren Samier und einige Früchte dar. Nero trank voll Begier; einen Bissen zu essen, selbst von den saftstrotzenden Feigen, war ihm unmöglich. Er bebte an allen Gliedern.
    Nach zwei Stunden ward ihm die Meldung, Poppäa habe ein totes Kind geboren, – in der That einen Knaben, wie sie es immer vorausgesagt.
    Der Sklave, der ihm dies mitteilte, schaute ängstlich zu Boden, als fürchte er einen Dolchwurf. Dann regten sich seine Lippen. Aber er brachte kein Wort hervor.
    »Weiter!« schrie Nero, zu ihm herantretend.
    »Herr, ich getraue mir's nicht . . .«
    Thränen stürzten ihm über das Antlitz.
    »Sprich!« bat nun der Kaiser, von plötzlicher Rührung ergriffen. »Siehst du denn nicht, wie dein thörichtes Schweigen mein Herz zerfoltert? Rede, und wär' es das Schlimmste!«
    »Herr, deine erlauchte Gemahlin – eine innere Verletzung – Aristodemus gibt ihr kaum eine Stunde noch.«
    »So wollte ich, daß ihr alle in Wahnsinn dahinführet, wo der Cocythus durch die uranfängliche Nacht heult! Laß mich los, Tigellinus! – Fort, Phaon, oder ich würge dich! Einen Tyrannen hat mich die Bosheit genannt, einen Volksverderber und Mordbrenner? Ihr Götter da droben, wenn ihr denn mehr seid als nichtige Hirngespinste – ich will euch nun zeigen, wie Nero, der Gott auf Erden, an eurer Tücke sich rächt! Ihr und eure fluchbeladene Fügung, ihr habt's darauf abgesehen, mich zum Rasen zu bringen. Nun soll euch selber ein Grausen anwandeln bei der Unmenschlichkeit meines Tobens.«
    Er sank erschöpft in den Sessel.
    Dann plötzlich emporfahrend: »Ich muß zu ihr! Ich muß sie sehen! Noch einmal muß ich die süßen, schmeichelnden Hände halten, die mir die Stirne geglättet, wenn aller Jammer der Erde auf mich hereinstürzte. Phaon, begleite mich! So! Deinen Arm! Phaon, Phaon, ich glaube, auch du bist
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