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Nero

Nero

Titel: Nero
Autoren: Ernst Eckstein
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nachahmte, dergestalt, daß von hier aus betrachtet die Sonne nicht zu wandeln, sondern nur senkrecht auf- und abwärts zu steigen schien.
    »Sieh, Poppäa,« sagte der Kaiser, als er seiner Gemahlin die Eigentümlichkeit dieses Raumes erörterte, »hier werde ich thronen, wenn ich über das Schicksal des Reiches nachsinne. Ich bin dann losgelöst von dem Bann alles Irdischen. Ich schwebe – mein himmlisches Gegenbild, das Tagesgestirn, stets in der nämlichen Richtung gewahrend – frei über der Erdscheibe, und kreise so um die Welt, die mein Scepter zur Sklavin macht.«
    An das Hauptgebäude schlossen sich zahlreiche Säulenhöfe, umfriedigte Gärten, Wiesengründe, kleine Wälder, künstlich aufgeschichtete Hügel mit Aussichtspunkten, – alles durch Gänge, Bogenreihen und Brücken miteinander verbunden, so daß man stets das Gefühl hatte, noch innerhalb eines einzigen architektonischen Ganzen zu weilen. Selbst mehrere Teiche enthielt der Palast mit Ruder- und Segelbooten.
    »Beim Zeus,« rief Poppäa, »hier läßt sich zwischen den glänzenden Marmorufern eine förmliche Lustfahrt in Scene setzen, nicht ein bloßes Geschaukel, wie auf dem Onyxbecken des neuen bajanischen Landhauses!«
    »Hier läßt sich alles leisten, was du begehrst,« sagte der Kaiser. »Endlich, endlich sind wir am Ziele! Wie es dem Cäsar geziemt, bewohnt er nun eine Stadt für sich.
    Diese Stadt soll Roma heißen, bis sie dereinst im Laufe der Jahrtausende untergeht. Hiermit ist der Erinnerung an Romulus, den Begründer des Staates, Genüge geschehen. Sein Geviert-Rom war ja nicht halb so groß als dies Haus. Das Rom da draußen jedoch, das ich aus der Asche des Brandes neu erstehen ließ, sei fürder Neronia benannt, denn es ist mein Werk, nicht das des Romulus. Du staunst, daß ich einen Gedanken hier aufgreife, den mir die Gegner einst untergeschoben, eh' ich ihn hegen konnte? Ebendeshalb! Ich will auch hier den Beweis liefern, daß alles Ueble, was die Bosheit mir ansinnt, wie von selbst sich in Lorbeer und Rosen verwandelt. An dem Tage, da wir dem Sohne, den du mir schenken wirst, den glorreichen Namen Claudius Nero Sabinus geben, soll auch die Stadt die neue Benennung erhalten durch einen Senatsbeschluß, den ich feierlich vor dem gesamten Quiritenvolk anerkenne.«
    »Es lebe Claudius Nero Sabinus!« hauchte Poppäa verzückt. »Es lebe Neronia!«
    In diesem Augenblick strauchelte einer der Sänftenträger über die Malachitschwelle, die in das größte der fünf Cavädien führte.
    Er sank in die Kniee und riß im Fallen den Tragebalken so heftig mit, daß auch sein Hintermann ins Wanken geriet.
    Zwar gelang es der Anstrengung der beiden übrigen Träger, den völligen Umsturz der Sänfte zu hintertreiben. Poppäa Sabina jedoch hatte so dicht am Rande gelehnt, daß sie mit großer Gewalt wider eine der Säulen geschleudert wurde.
    Laut aufschreiend stürzte man von allen Seiten herzu. Nero, der sich noch rechtzeitig festgehalten, sprang elastisch zu Boden und beugte sich über sie, die totenbleich, die Augen geschlossen, von dem Freigelassenen Phaon sorgsam aufgerichtet und von einer der Sklavinnen mit Essenzen besprengt wurde, während der Agrigentiner den unglückseligen Träger sofort abführen ließ.
    »Poppäa!« rief Nero verzweiflungsvoll.
    Da schlug sie die Wimpern auf. Sie versuchte zu lächeln, aber ein banger, gequälter Ausdruck um Stirne und Brauen verriet, daß sie heftige Schmerzen empfand.
    »Es ist nichts,« seufzte sie, noch einmal die Augen schließend. »Der entsetzliche Schreck . . . Laßt den Schurken in Stücke hauen! Phaon, ich danke dir. Nicht doch, ihr hebt mich zu stark! Laßt mich ausgestreckt . . . so . . . so!«
    »Ruft mir die Aerzte!« schrie der Kaiser verstört. »Auf! Bringt die Fürstin nach dem Cubiculum! Fluch diesem Unheilstage! Wahrlich, ein schöner Einzug und ein erquicklicher Willkommen! Vorsicht, wenn euer Leben euch lieb ist! Fasse dich, süße Poppäa! Da kommen sie schon, Aristodemus und der kluge Eurotas.«
    Man brachte Poppäa mit Aufbietung aller erdenklichen Sorgfalt in das luxusstrotzende Schlafgemach und entkleidete sie. Eurotas und Aristodemus untersuchten sie aufs genauste. Da sich nirgendwo eine äußere Verletzung fand, hielten es beide für ausgemacht, daß die plötzliche Ohnmacht und die heftigen Schmerzen lediglich mit dem besonderen Zustand der hohen Patientin zusammenhingen; daher denn schlimmstenfalls . . .
    Aristodemus flüsterte seine Vermutung dem
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