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Nero

Nero

Titel: Nero
Autoren: Ernst Eckstein
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ein Schurke!«
    »Ich bin dir treu, Herr, bis in den Tod. Siehe, auch mir entströmen die Thränen, denn, so wahr ich die Gottheit glaube, ich kann's nicht ertragen, wenn dein Gemüt leidet.«
    Nero war unfähig, ihm zu danken. Nur ein leiser Druck seiner Finger bewies dem Freigelassenen, daß sein Gebieter von der Aufrichtigkeit dieser Thränen durchdrungen war.
    Als Nero den Raum betrat, wo Poppäa trost- und hilflos ausgestreckt lag, überkam ihn ein konvulsivisches Zittern. Sie regte sich nicht. Nur zuweilen ging ein Schauer durch ihren Körper, ein wilder, heftiger Krampf.
    »Poppäa!« schrie er, die Hände ringend.
    Ein bitteres Lächeln zuckte um ihre Lippen, eine Verzerrung, die etwas Höhnisches hatte. Dann lag sie wieder unbeweglich und ausdruckslos. Ihr Bewußtsein schien im Entschwinden.
    Mit einemmal fuhr sie im Bette empor. Jach, wie der Schrei einer Irrsinnigen, klang es von ihren Lippen: »Octavia! Hast du dich satt getrunken an meinem Blute?«
    Die Augen quollen ihr weit hervor. Mit geierartig gekrallten Fingern schlug sie drei oder viermal ins Weite. Dann sank sie zurück. Ihr Haupt fiel schlaff über die rechte Schulter. Noch einmal knirschten die Zähne wie vor qualvollem Ingrimm über das Scheitern all ihrer Hoffnungen. Poppäa Sabina war tot.
     

Fünfzehntes Kapitel
     
    Ein Jahr später . . .
    In den Straßen der Siebenhügelstadt – welch ein Getümmel! Welch ein Jubel und Jauchzen, mit gellem Spott und lauten Verwünschungen untermengt! Allenthalben, vom Grabmal der Scipionen bis zur milvischen Brücke, bewegte Gruppen, ein stürmisches Hin und Her, – Fragen und Antworten, – und ein brausendes ›Heil dem Befreier‹ bei jeder neuen Botschaft von draußen.
    Endlich, endlich hat die Revolution gesiegt. Der brot- und spiel-verlangende Pöbel, auf den der fürchterliche Despot sich stützte, sieht müßig und gleichgültig dem Zusammenbruch der Gewaltherrschaft zu. Der Oberst der Leibwache, Tigellinus, feig und treulos, wie ihn Phaon vorausgeahnt, ist übergegangen zu den Rebellen. Aber sein Schicksal ist schon besiegelt. Galba, der zukünftige Kaiser, der mit seinen Soldaten nur noch wenige Meilen von Rom steht, wird ihn unverzüglich in die Verbannung schicken; denn die Beteiligung des verhaßten Agrigentiners ist der einzige dunkle Punkt im Glanzgemälde dieses ehrlichen Aufstandes wider die tollgewordene Frechheit des Absolutismus.
    Julius Vindex, der heldenhafte Verfechter altrömischer Freiheit und Manneswürde, hat Pisos Werk, das durch den schnöden Verrat des Milichus in der zwölften Stunde noch scheiterte, wiederum aufgenommen, und diesmal für die eiserne Selbstbeherrschung, die ihn das Joch des Tyrannen bis zum entscheidenden Augenblick fügsam ertragen ließ, einen Lorbeer errungen, herrlicher als die Kränze des göttlichen Africanus. Freilich, einen umflorten Todeslorbeer: denn er selber sollte den Sieg der guten Sache nicht mehr erleben. Nero, der in Vindex nur den pflichtgetreuen Soldaten, nicht den zornglühenden Patrioten vermutete, hatte den fürstlichen Aquitanier zum Proprätor des nördlichen Galliens gemacht – und dort am Gestade der Sequana reifte der Plan, der dem rasenden Treiben des Imperators ein Ende machte. Nicht für sich selbst begehrte Julius Vindex die Herrschaft. Ein Charakter wie Cincinnatus, wollte er nur dem Vaterland dienen, das unter den Griffen des cäsarischen Löwen langsam verblutete. Der alte, würdige Galba, der mit strengster Gerechtigkeit Nordhispanien und andre Provinzen verwaltet hatte, und stets, soweit es in seiner Macht stand, die wilden Eingriffe des kaiserlichen Gewalthabers abzumildern und auszugleichen bestrebt war, schien dem begeisterten Vindex als der geeignete Mann, den zerrütteten Staat wieder aufzurichten, des Prinzipat zu erneutem Ansehen zu bringen und dem Volke die Segnungen des inneren Friedens zu sichern. So rief er denn Galba zum Kaiser aus. Die streitlustigen Gallier scharten sich in hellen Haufen um Vindex' Fahne. Ehe ein Mond verstrich, hatte er eine wohlbewaffnete, kampfesfrohe Armee beisammen. Inzwischen war auch der Statthalter von Römisch-Germanien, Virginius Rufus, für Galba gewonnen worden. Das Heer des Vindex sollte sich mit den Truppen des Rufus vereinigen. Da geschah, was dem Schöpfer der großartigen Revolution das Leben kostete. Als die beiden Armeen just aufeinander stießen, gab es ein Mißverständnis. Die Soldaten des Rufus glaubten, Julius Vindex wolle sie angreifen. In den vordersten Reihen
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