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Neobooks - Transalp 10

Neobooks - Transalp 10

Titel: Neobooks - Transalp 10
Autoren: Marc Ritter , CUS
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2012
Ospedale Belluno, 8.35 Uhr
    »Wir müssen abbrechen, Stephanie.« Plank hatte die Morgenvisite um acht Uhr abwarten müssen, um Gärtner besuchen zu dürfen. Jetzt hatte er es eilig.
    »Wegen meines Kratzers? Ich komme heute Nachmittag raus. Sie haben mir eine Tetanus-Spritze gegeben und fertig.«
    »Nein, nicht wegen deines Kratzers. Oder auch deswegen. Auf uns ist geschossen worden. In einem fremden Land. Wir sind unbewaffnet und werden es auch bleiben. Das ist mir alles zu blöd hier.«
    »Der große Anselm Plank streckt die nicht vorhandenen Waffen? Was da wohl die Vonneguts und Dragos und auch unser Freund Spindler dazu sagen würden …«
    »Das ist mir scheißegal, Stephanie. In ein paar Tagen werde ich pensioniert. Da lässt man sich nicht mehr so gerne die Birne wegschießen von so ein paar durchgeknallten Nazis, die meinen, dass sie sich ein altes Buch beschaffen müssen.«
    »Und dich interessiert gar nicht, warum sie das versuchen? Und ob sie es schaffen?«
    »Ach, was interessiert mich der Schmarrn von diesen Deppen. Nibelungensage. Deutsches Nationalepos. Erbschrift. Und so weiter. Alles Schwachsinn!«
    »Ach, das ist ja ganz was Neues. Du weißt doch immer noch mehr, als du mir verrätst. Was hast du denn zum Beispiel gestern Abend und die ganze Nacht gemacht, Anselm?«
    »Ich würde ja jetzt am liebsten sagen, ich war im  Belluneser Puff, aber es gab keinen. Also habe ich meine Vergnügungssucht durch ein freundliches Gespräch mit dem Carabinieri-Chef des Ortes gestillt. Und dann habe ich einen Teller Pasta gegessen und bin in einer Pension schlafen gegangen.«
    »Siehst du, brauchst dir also keine Sorgen um deine Pension zu machen. Noch hast du eine in Belluno.«
    »Haha. Wahnsinnig komisch. Also, ich miete heute ein Auto, und wir fahren heim. Ich arbeite mit dir noch eine Woche Akten durch, und dann gehe ich in Pension, und damit basta.«
    »Nix basta, Anselm Plank. Dreh dich mal um.«
    »Wieso?«
    »Wirst schon sehen. Beziehungsweise wirst du nichts sehen.«
    Plank drehte sich um. Er hörte ein Rascheln hinter sich.
    »Jetzt darfst du wieder herschauen.« Stephanie Gärtner stand in T-Shirt und Berghose vor ihm. An ihrem linken Oberschenkel, wo die Kugel vorbeigepfiffen war, war die Hose aufgerissen. Durch das Loch schien der weiße Verband. »Auf gehts, alter Mann.«
    »Du spinnst.«
    »Vielleicht. Aber ich will Leiterin der Zielfahndung der Münchner Kriminalpolizei werden. Da gebe ich nicht auf so kurz vor dem Ziel. Der Spindler will irgendwo hier nach Norditalien. Nach Venedig, wenn du mich fragst. Weil sonst kommt ja hier nichts mehr. Du musst doch nur eins und eins zusammenzählen. Er hat ein altes Buch, das du als Erbschrift bezeichnest. Nazis sind hinter diesem Buch her. Hier im Norden Italiens gibt es viele, die am liebsten ein Teil des Großdeutschen Reiches wären. Also muss er hier irgendwo seine Beute, dieses verkackte Buch, abliefern. Logo, oder?«
    Plank setzte sich auf den Krankenhausstuhl, der neben dem Bett stand, und sah zu, wie Gärtner die Bergschuhe aus dem Schrank holte und anzog. Er seufzte. »Wenn das alles so einfach wäre, Stephanie. Also, jetzt sage ich dir mal, worum es hier geht.«
    Und dann berichtete er ihr, was er aus den Telefonaten mit Dr. Keil und Theo Koralis herausgefunden hatte: »Die Nibelungenhandschrift ist nur der Schlüssel zu dem, was die Nazis als ›das Vermächtnis‹ bezeichnen. Dieses  Vermächtnis – wenn es existiert – ist vermutlich das Hitlers. Und zwar das dritte seiner Art. Er hat zwei überlieferte Testamente, ein politisches und ein persönliches, im Bunker der Reichskanzlei aufsetzen lassen. Die Zettel gibt es. Dass es ein drittes, ein sehr persönliches gibt, davon sprechen selbst Historiker nur hinter vorgehaltener Hand. Und darüber, was in diesem Vermächtnis stehen könnte, gibt es sehr unterschiedliche Theorien. Die einen vermuten, dass Hitler das übliche Gewäsch zu Protokoll gegeben hat. Also den Quantenschmarrn von der überlegenen arischen Herrenrasse, die niemals untergeht – ich frag mich übrigens immer, ob der keinen Spiegel daheim gehabt hat, der amtliche blonde und blauäugige Hühne, aber wurscht – auf alle Fälle sein typisches Gesums halt: jüdische Weltverschwörung, Bolschewisten an die Wand, Rhabarber, Rhabarber, Potzblitz, Sieg Heil, Bussi, Ciao, Euer Adi. Dann fragt man sich allerdings, warum er das noch mal hingeschrieben und so gut versteckt hat. Gut, der Mann stand unter Drogen. Das ist bekannt.
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