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Nemti

Nemti

Titel: Nemti
Autoren: Manfred Wloch
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krank geworden ist. Aber manchmal ist eine ungewöhnliche Arbeitszeit ganz gut. Man kann Dinge erledigen, die sonst nicht zu schaffen wären.«
    »Da hast du recht. Und was treibst du in der freien Zeit?«
    »Im Gästebungalow ist ein Ruheraum für die Mitarbeiter reserviert. Dahin kann ich mich zurückziehen und eine Mütze voll Schlaf nehmen. Dann bin ich am Abend topfit.«
    In der nächsten halben Stunde drehte sich das Gespräch um ihre gemeinsamen Erinnerungen an die Schulzeit.
    »Du studierst an der Uni Bonn?«, fragte Lukas schließlich.
    »Ja, Fachgruppe Physik/Astronomie. Ich werde mich auf Astrophysik spezialisieren.«
    »Und was machst du hier am Observatorium? Geld fürs Studium verdienen?«
    »Das auch. Ich arbeite unter el Hadary an Projekten mit. Er koordiniert die theoretische Ausbildung in Bonn und die praktische Anwendung hier.«
    »Das heißt konkret?«
    »Wir erforschen zum Beispiel Stern-Populationen und versuchen anhand von Modellen Himmelserscheinungen vorauszusagen oder nachzubilden. Wir beobachten Galaxien und Galaxienhaufen, kümmern uns um die Dunkle Materie, um Braune Zwerge …«
    »Okay. Schon gut.« Lukas winkte ab. »Das reicht mir als Erklärung.«
    »Es gibt noch weitere spannende Projekte. Interessiert?« Jan schmunzelte.
    »Danke, das Wissen um die Braunen Zwerge reicht mir fürs Erste. Was anderes. Wie sieht es in puncto Liebe aus? Bist du in festen Händen?«
    »Nein, noch nicht. Wenn es nach meinem Opa ging, wäre ich längst verheiratet und hätte einen Stall voll Kinder.«
    »Du wohnst immer noch mit deiner Mutter beim Großvater?«
    »Da bin ich gemeldet. Ich habe im Studentenwohnheim in Bonn ein Zimmer, aber wenn ich im Observatorium arbeite, wohne ich zu Hause. Wie steht’s bei dir?«
    »Ich habe keine Zeit, eine feste Beziehung einzugehen. Das Studium geht vor.« Lukas zupfte sich am Ohrläppchen.
    »Verstehe. Soweit ich mich erinnere, solltest du Zahnarzt werden, in die Praxis deines Vaters einsteigen und sie später übernehmen.«
    »Das waren die Vorstellungen von Vater, nicht meine.«
    »Ich weiß. Es war schon während der Schulzeit dein Traum, Polizist zu werden. Du hast dich ihm gegenüber durchgesetzt.«
    »Klar. Es war ein hartes Stück Arbeit. Übrigens, mein Wagen steht unten am Zufahrtsweg. Ist das in Ordnung?«
    »Keine gute Idee. Der Bauer hat sich schon oft bei der Verwaltung beschwert, dass ihn parkende Autos an der Durchfahrt hinderten.«
    »Welcher Bauer?«
    »Der, dem die Weiden und Felder unten am Berghang gehören.«
    »Okay. Wo soll ich meinen Wagen hinfahren?«
    »Den Weg hoch bis vor die große Kuppel, dann links um die Kurve. Da kannst du deinen Wagen abstellen und störst niemanden.«
    Lukas kramte den Autoschlüssel aus der Tasche. »Und wie komme ich hierher zurück?«
    »Du wartest am Auto. Ich muss in der feinmechanischen Werkstatt ein Ersatzteil für unseren Astrografen abholen. Die ist neben dem Kuppelgebäude.«
     
    Lukas lehnte entspannt an seinem Wagen und wartete auf Jan. Bei dem oberhalb des breiten Wegs am Hang gelegenen Flachbau musste es sich um die Werkstatt handeln. Rechts daneben und über einen gemeinsamen Zugang verbunden, erhob sich ein zweistöckiger Rundbau mit einer Kuppel. Hinter dem Gebäudekomplex wuchsen Fichten, links des Werkstattgebäudes Besenginster, der seine Blütezeit allerdings hinter sich hatte.
    Jan kam die Freitreppe vor dem Eingang herunter, einen Karton in der Hand.
    »Was befindet sich in der Kuppel?«, fragte Lukas.
    »Der große Doppelrefraktor.«
    »Klar, kennt doch jeder.« Lukas zog die Augenbrauen hoch.
    »Stell dir ein Fernglas vor, nur sehr viel größer«, erläuterte Jan.
    »Werden wir mit dem heute Abend den Himmel beobachten?«
    »Nein, das ist ein anderes Instrument. Noch weitere Fragen?« Jan sah ihn gespannt an.
    »Ja, was ist ein Astrograf?«
    »Eine spezielle Kamera für wissenschaftliche Astrofotografie. Ist das dein Auto?«
    Lukas drückte sich vom Kotflügel des Wagens ab. »Voilà, mein Mercedes-Benz 250 GD Wolf .«
    »Von dem Typ hab ich noch nie gehört.«
    »Das ist ein ausgemustertes Fahrzeug der Bundeswehr. Er schafft fast jede Steigung und jedes Gelände. Schotterpisten, tief ausgefahrene Feldwege. Genau das, was ich brauche.«
    Im Gegensatz zu den in hochglänzendem Metallic-Lack gestylten Marken war die Lackierung matt und stumpf. Es überwog eine unansehnliche, olivgrüne bis dunkelgraue Farbgestaltung.
    »Wofür brauchst du ein solch hässliches Auto?« Auf Jans Stirn
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