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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille
Autoren: Das Vermächtnis
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oder selbst hätte aufschreiben können. Aber so wurde es eben seit jeher gemacht, warum also neue Technologien einführen?
    Ich erwähnte bei meiner Aussage nicht, dass ich mich auf die Brust des Täters gekniet und seine Wunde wieder geöffnet hatte, damit er starb, bevor die Rettungssanitäter eintrafen. Detective Jones fragte nicht danach, warum also sollte ich von mir aus damit rausrücken?
    Das Ganze dauerte über eine Stunde, und nachdem ich meine Aussage gelesen hatte, unterzeichnete ich sie, ebenso Detective Jones und ein anderer Kriminalpolizist, der meine Unterschrift bezeugte.
    Ich sah einen Polizeiwagen vorfahren, und ein Polizist in Uniform brachte Susan zur Haustür. Detective Jones empfing sie im Flur und geleitete sie ins Büro.
    Wir umarmten uns, und sie sagte: »Mir fehlt nichts. Sie haben mir ein Beruhigungs- und Schmerzmittel gegeben und mich gebeten, morgen zu einer Nachuntersuchung vorbeizukommen, aber ich glaube, ich gehe lieber zu meinem Arzt.«
    Detective Jones' Vorgesetzter, Lieutenant Kennedy, und eine stellvertretende Bezirksstaatsanwältin, eine junge Dame namens Christine Donnelly, die mich an Carolyn erinnerte, gesellten sich zu uns ins Büro.
    »Unsere Tochter Carolyn ist stellvertretende Bezirksstaatsanwältin in Brooklyn«, sagte ich, um an diesem kritischen Punkt der Ermittlungen alle in die richtige Gemütsverfassung zu versetzen.
    Ms Donnelley lächelte daraufhin und meinte: »Mit Joe Hynes zu arbeiten ist nicht leicht, aber sie wird eine Menge lernen.«
    Unter Strafverfolgern herrscht, wie ich weiß, ein erstaunlicher Korpsgeist, daher sollte man sich keine Gelegenheit entgehen lassen, einem Polizisten oder Staatsanwalt mitzuteilen, dass man einen Lieblingsonkel hat, der Cop in der Bronx ist, oder dass die eigene Tochter, die Nichte oder der Neffe irgendwo für einen Generalstaatsanwalt tätig ist - selbst wenn man das erfinden muss. Dies war Detective Jones' Fall - ihn hatte der Ruf ereilt, wie es so schön heißt -, und er fragte Susan zunächst, ob es ihr gutginge und so weiter und so fort. Dann las er ihr ihre Rechte vor und bat sie, eine Aussage hinsichtlich der Geschehnisse dieses Abends zu machen. Als sie begann, schrieb er wieder auf seinem linierten Papier mit.
    Mir war klar, dass ich am besten gar nichts sagte, obwohl ich meine Mandantin natürlich hätte beraten können, wenn ich glaubte, sie belaste sich mit einer Aussage selbst, wie zum Beispiel: »Ich habe John gesagt, er soll noch mal hinaufgehen und
    sich um ihn kümmern.« Daraufhin könnte Detective Jones fragen: »Was meinen Sie mit >um ihn kümmern    Natürlich waren wir offiziell keine Verdächtigen, aber es gab eine Leiche, daher mussten Susan und ich bei unseren Aussagen vorsichtig sein.
    Ich hatte ihr bereits vor dem Eintreffen des ersten Kriminalpolizisten erklärt, sie müsse unmissverständlich klarmachen, dass sie davon überzeugt gewesen sei, in Lebensgefahr zu schweben, und dass sie deshalb auf einen Mann geschossen habe, der ihr in diesem Moment waffenlos gegenüberstand. Darüber hinaus hatte ich ihr als ihr Anwalt geraten, darauf zu verweisen, dass der Täter ihre Aufforderung, stehen zu bleiben und die Hände zu heben, ignoriert hatte und sich auf sie stürzen wollte.
    Das war leider alles andere als eine reine Formsache, und ich wollte nicht, dass den Geschworenen irgendwelche Zweifel kamen. In Wirklichkeit hatte Susan auf Anthonys Herz gezielt, und anschließend wollte sie ihn mit einer Schrotladung ins Gesicht erledigen. Mir war natürlich klar, warum sie das tun wollte, aber ich war mir nicht sicher, ob die Polizei oder die Bezirksstaatsanwaltschaft dafür Verständnis zeigten - vor allem, wenn man ihren unentschuldbaren Mord am Vater des mutmaßlichen Täters in Betracht zog.
    Während sie ihre Geschichte erzählte, machte sich Ms Donnelly ein paar Notizen, desgleichen Lieutenant Kennedy, aber das Reden überließen sie Susan.
    Sie war an dem Punkt angelangt, als Anthony Bellarosa und Tony Rosini sie buchstäblich die Treppe hinauf und ins Schlafzimmer geschleift, ihr Morgenmantel und Höschen ausgezogen und sie an die Bettpfosten gefesselt hatten.
    Ich bemerkte, dass Ms Donnelly, die zu jung war, um von derartigen Geschichten über menschliche Verderbtheit bereits abgehärtet zu sein, sichtlich bestürzt war. Ich dachte an Carolyn und fragte mich, was noch ein paar Jahre bei der Bezirksstaatsanwaltschaft Brooklyn mit ihr machen würden.
    Auch Susan verlor an dieser Stelle ihrer
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