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Nebelsphäre - haltlos (German Edition)

Nebelsphäre - haltlos (German Edition)

Titel: Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
Autoren: Johanna Benden
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normal und auch der Tag verlief völlig unspektakulär.
    Am Mittwochmorgen war Victoria überzeugt, dass sie am Montag nur wegen all der Gespräche über Mark überreizt gewesen war.
    Heute hatte sie gleich zuerst Geometrie. Sie hatte den Übungszettel an den Abenden zuvor gelöst und festgestellt, dass Geometrie voll ihr Ding war.
    Sie war schon immer der Ansicht gewesen, dass Mathematik und Kreativität sowie das Gespür für Schönheit und Kunst unmittelbar zusammengehörten. Falk würde jetzt verständnislos die Augen verdrehen und sie mitleidig ansehen, aber sie war fest davon überzeugt, dass man überhaupt nur mit Kreativität auf kniffelige Beweise kommen konnte. Wenn man ausschließlich nach Schema F dachte, wie sollte man dann jemals etwas Neues entdecken? Zu einem tollen Beweis gehörten oft auch ungewöhnliche oder sogar scheinbar abwegige Ideen. Und einen elegant geführten Beweis konnte man doch nur als schön bezeichnen.
    Victoria seufzte.
    Ihre Kommilitonen verstanden das einfach nicht. Aber gerade in der Geometrie war es doch offensichtlich, da die Mathematik hier sehr bildhaft daher kam.
    Sie dachte an ihre Schulzeit zurück. Die Zeichnungen von gleichseitigen Dreiecken mit konzentrischen Kreisen fand sie schon damals schön. Zu dieser Zeit hatte sie zu Hause mehrere Blätter Papier mit geometrischen Zeichnungen gefüllt und dann mit Buntstiften koloriert. Sie wollte die Bilder in ihrem Zimmer aufhängen, aber ihr Bruder Max hatte sie für verrückt erklärt und ihr stattdessen sein Supermannposter geschenkt. Das hatte sie dann auch aufgehängt; so musste sie ihren Freundinnen wenigstens nicht erklären, was diese ohnehin nicht verstanden.
    Aber heute versteckte sie ihre Liebe zur Mathematik nicht mehr. Sie hatte gemerkt, dass sie eben anders war – ob sie sich nun anpasste oder nicht. Und sie war einfach viel glücklicher, wenn sie offen zugab, dass Mathematik sie begeisterte. Sie konnte darin versinken und war dann zufrieden. Mathematik war für sie ein Stück zu Hause, egal wo auf der Welt sie sich befand.
    Zum Glück akzeptierten ihre Kommilitonen sie so, wie sie war. Gerade die Jungs stichelten manchmal zwar etwas, aber sie wusste, dass das nett gemeint war.
    „Meine Freunde sind schon alle schwer in Ordnung!“ , dachte Victoria dankbar.
    Sie packte ihre Sachen für den Tag in ihren Rucksack und verließ nach einem kurzen Frühstück die Wohnung.
    Der Tag war schön, also fuhr sie mit dem Fahrrad zur Uni.
    Nachdem sie das Rad abgeschlossen hatte, piepste ihr Handy. Mark hatte ihr eine SMS geschrieben.
    Erst wollte sie sie gar nicht lesen, tat es dann aber doch. „Hi Süße, wann holst du endlich deine Sachen bei mir ab?“
    „Was sollte das denn jetzt?“ , dachte Victoria verärgert.
    Sie schrieb zurück: „Hallo Mark, sicher erinnerst du dich noch, dass ich studiere. Ich komme also frühestens am Samstag dazu!“
    Sie war noch gar nicht ganz im Gebäude angekommen, da piepste es erneut. „Vici, ich brauche den Platz aber schon am Freitag.“
    „Das kann ja wohl nicht angehen!“, schimpfte Victoria laut. „Was bildet sich der Idiot eigentlich ein?!“
    Kerstin kam von der Seite. „Na, immer noch Ärger mit Mark?“
    Victoria ballte die Fäuste. „Das kannst du wohl laut sagen! Hier, guck dir das an!“
    Sie gab Kerstin ihr Telefon und gemeinsam gingen sie zum Hörsaal und suchten sich einen Platz.
    Bevor sie sich richtig aufregen konnten, betrat Professor Custos Portae schon den Hörsaal.
    Victoria wurde gerade richtig wütend und sagte zu Kerstin: „So ein Arschloch! Erst steigt er mit einer anderen ins Bett und jetzt kann es ihm nicht schnell genug gehen, dass ich meine Sachen aus seiner Wohnung abhole! Der hat sie ja wohl nicht mehr alle!“
    Kerstin grinste und erwiderte: „Der hat echt ‘nen Knall, aber ich muss zugeben, mutig ist er. So was muss man sich erst mal trauen.“
    Der Professor hatte seine Unterlagen ausgebreitet und rief die Studenten zur Ruhe.
    Aber Victoria konnte sich kaum wieder einkriegen. „Am liebsten wäre ich jetzt allein im Projensdorfer Gehölz und würde einfach nur laut schreien!“ Das war hier im Hörsaal wohl kaum möglich – jedenfalls nicht, ohne danach in ein Irrenhaus eingewiesen zu werden.
    Sie entschied, dass sie am Montag schon mehr als genug die Aufmerksamkeit des Professors auf sich gezogen hatte und versuchte runterzukommen.
    Sie schlug ihre Unterlagen auf und konzentrierte sich auf den letzten Satz mit dem dazugehörigen Beweis.
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