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Nebelsphäre - haltlos (German Edition)

Nebelsphäre - haltlos (German Edition)

Titel: Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
Autoren: Johanna Benden
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jemand mit der Faust in den Magen geschlagen. Sie hatte die SMS von Mark am Mittwoch bewusst nicht beantwortet und er war bestimmt verärgert gewesen, aber das war jetzt ja wohl maßlos übertrieben!
    Max antwortete traurig: „Vici, ich habe keine Ahnung, was in Mark vorgeht, aber ich würde sagen, der hat echt nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich wollte dir das nur selbst erzählen. Mama macht da ja immer so ein Riesenbohei draus und ich dachte, du hast die Info lieber kurz und knapp. Tut mir wirklich leid, Victoria!“
    Fast tonlos flüsterte sie: „Danke Max. Du hast recht. Mamas übertriebenes Mitgefühl würde mich jetzt nur fertigmachen. Wir sehen uns dann heute Abend.“
    „Ja, bis dann, Vici.“
    Als Victoria aufgelegt hatte, machte sie ihr Telefon aus, ging wie betäubt zum Übungsraum und setzte sich neben Falk.
    Der sah sie besorgt an. „Hey Vici, was ist denn los? Du siehst aus, als wäre jemand gestorben!“
    Sie starrte einfach nur gerade aus und flüsterte fassungslos: „Mark hat meine Sachen in schwarzen Säcken vor dem Haus meiner Eltern abgestellt.“
    Falks Stimme überschlug sich fast. „Was? Mark hat WAS getan?“
    „Du hast mich schon richtig verstanden, Falk!“
    Victoria war wütend. Wütend und tief verletzt. In den letzten sechs Monaten war sie mehr oder weniger bei Mark eingezogen. Sie hatte nach und nach ihre Sachen mitgebracht und die waren dann einfach dort geblieben. Und jetzt hatte dieser Mistkerl einfach alles von ihr achtlos wie Müll entsorgt. Sie konnte wohl noch von Glück reden, dass er die Sachen vor ihrem Elternhaus abgestellt hatte und nicht bei sich an die Straße!
    In diesem Moment betrat Professor Custos Portae schwungvoll den Raum und erklärte: „So wie es aussieht, ist Herr Walter bis auf Weiteres erkrankt. Also werde ich Ihre Übung selbst leiten. Bitte überlegen Sie, wer die erste Aufgabe an der Tafel vorstellen möchte!“
    Einige Studenten stöhnten und Gemurmel wurde laut. Walter war für seine Nachsicht den Studenten gegenüber bekannt. Außerdem stellte er die meisten Aufgaben selbst vor, was vielen sehr gelegen kam.
    Victoria bekam von alledem nichts mit. Sie stellte sich gerade vor, wie Mark das Album mit ihren Kindheitsfotos gleichgültig in einen der schwarzen Säcke fallen ließ.
    Er hatte ihr vor ein paar Wochen erzählt, dass er sich gar nicht vorstellen könne, wie «seine Schönheit» als Kind ausgesehen habe. Daraufhin hatte sie das Album überhaupt erst mitgebracht.
    Es gab nicht gerade viele Bilder von ihr und ihrer Familie und die wenigen, die es gab, die hütete sie wie einen Schatz.
    Ihr traten die Tränen in die Augen. „Wenn auch nur eine Seite zerknickt ist oder auch nur eine Ecke angestoßen, dann bringe ich ihn um!“
    Sie sah vor ihrem geistigen Auge, wie Mark die schwarzen Säcke mit ihren Sachen aus seinem schicken dreier BMW lud und mit einem arroganten Lächeln vor die Haustür stellte und dachte mutlos: „Das habe ich nicht verdient.“
    „Nein Victoria, das hast du wirklich nicht verdient! Aber er kann dir jetzt nichts weiter antun. Die Sache wird bald durchgestanden sein.“
    Das war eindeutig die Stimme von Custos Portae.
    Verwirrt schaute sie hoch in die freundlichen Augen des Professors, der sie anlächelte. Das bekannte Glückgefühl durchströmte sie.
    Sie sah sich um, aber keiner der Studenten ließ auch nur das geringste Anzeichen dafür erkennen, dass der Professor etwas zu ihr gesagt hatte.
    „Na prima! Jetzt höre ich auch schon Stimmen in meinem Kopf. Ich verliere den Verstand. So kann das nicht weitergehen.“
    Für einen ganz kurzen Moment konnte sie außer Freundlichkeit noch Neugier, Erstaunen ja fast so etwas wie Fassungslosigkeit im Blick von Herrn Custos Portae sehen.
    Dann schien es ihr, als würde irgendwo leise ein Fenster geschlossen. Aber das Glücksgefühl blieb und ermöglichte es ihr, konzentriert an der Übung teilzunehmen.
    Sie hatte den Eindruck, dass der Professor sie heute immer wieder prüfend ansah – insbesondere, wenn sie es anscheinend nicht bemerkte. Merkwürdigerweise störte sie das aber nicht.
    Sie musste feststellen, dass sie nicht nur seine Art, Mathematik zu treiben mochte, sondern auch die Art, wie er sie ansah.
    Leicht verärgert dachte sie: „Na, das kann ja heiter werden!“
    Genau in diesem Moment konnte sich Custos Portae ein Lächeln kaum verkneifen.
     

3. Schmetterlinge
    Am Wochenende versuchte sie ihrer Mutter klarzumachen, dass sie ok war und nicht kurz davor stand,
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