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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord
Autoren: Oliver Buslau
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hinunter ins Tal, das außerdem auch noch dicht bewaldet war.
    Das Neandertal, durch das die Düssel floss, war nicht nur die berühmte Fundstelle des noch berühmteren Vormenschen. Neben dem Museum zur Entwicklungsgeschichte der Krone der Schöpfung hatte es noch ein großes Naturschutzgebiet zu bieten.
    Mich hätten sie heute mal im Quiztaxi haben sollen, dachte ich. Ich hätte alles gewusst und nicht mit der Antwort »Ötzi« gleich mein erstes Leben vermasselt.
    Mein Wagen erreichte den Talgrund, und ich folgte der Beschilderung »Zentralparkplatz«. Hier unten war es fast schon dämmrig, und auch hier war nichts mehr los. Das Museum, das einen Steinwurf entfernt auf der anderen Seite der Straße liegen musste, hatte längst geschlossen.
    Und dann erkannte ich, dass der Hauptkommissar tatsächlich hier war. Als einziges Auto stand ein dunkler Escort mit Wuppertaler Kennzeichen auf dem Parkplatz. Das war ganz sicher Krügers Wagen.
    Ich stieg aus und sah mich um. Auf einem der Wege, die in Richtung Wald führten, gab es eine Bewegung. Ein helles Hemd. Graue Haare. Ein Mann, der sich schnell entfernte - auf dem Weg, der über die Düssel und dann am Fluss entlang in den Wald führte. Das musste Krüger sein.
    Ob es was nützte, ihm hinterherzurufen? Vielleicht konnten wir uns den Weg in den Wald sparen? Quatsch, dachte ich. Krüger hat sich schon was dabei gedacht, als er dich dorthin bestellt hat. Auch wenn es rätselhaft aussieht. Vielleicht will er dir etwas zeigen.
    Ich folgte ihm also. Es hätte ein romantischer Spaziergang werden können, wenn Krüger es nicht so eilig gehabt hätte. Zuerst kam ich an einem großen Spielplatz vorbei. Der helle Sand leuchtete in der Dämmerung. Große Holzfiguren starrten mir entgegen. Als es dann endgültig in den Wald und zum Pfad entlang der Düssel ging, bekam ich Krüger noch einmal kurz zu sehen. Er schien genau zu wissen, wo die Steinzeitwerkstatt war. Ich wusste es nämlich nicht. Ich hatte auch höchstens eine Ahnung, was sich dahinter verbarg. Wahrscheinlich ein Ort, an dem Kinder lernen konnten, nach Steinzeitmethoden Waffen und Werkzeug zu basteln. Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir!
    Es wurde noch dunkler, als ich in den Wald eintrat. Krüger musste schon weit voraus sein. Ich sah ihn jedenfalls nicht mehr.
    Angenehme Kühle umfing mich. Rechts neben mir rauschte leise die flache Düssel, deren Tal seltsamerweise nur in Düsseldorf Düsseltal hieß. Hier nannte man es Neandertal. Warum eigentlich? Mist, dachte ich, während mir die ungewohnte Menge an Bewegung zu schaffen machte und Seitenstechen aufkeimte. Keine Ahnung. Hoffentlich geriet ich nicht irgendwann mal in ein Quiz, in dem ich das wissen musste. Ich würde nicht nur Passanten- und Telefonjoker, sondern gleich alle Leben verlieren. Es sei denn, ich rief Jutta an. Die wusste das bestimmt.
    Ich lief weiter den Waldweg entlang. Bis auf meine eigenen Schritte, mein Keuchen und das gedämpfte Gemurmel des Wassers auf seinem langen Weg in Richtung Landeshauptstadt war es still.
    Plötzlich schrak ich zusammen. Was war das?
    Der Weg schmiegte sich in einer Kurve an einer Lichtung vorbei, und mitten auf der Wiese wuchs ein Baum, der wie ein großes Fragezeichen geformt war. Du irrst dich, dachte ich. Das ist ein Zufall, muss ein Zufall sein. Eine Laune der Natur. Oder ist das hier neuerdings ein Märchenwald?
    Ich hetzte weiter Krüger hinterher, der hoffentlich irgendwo auf mich warten würde. Dann wieder etwas Seltsames: Eine Figur wie ein stilisierter Bär stand starr auf einem Podest und glänzte matt metallisch.
    Mir ging ein Licht auf.
    Kunst, dachte ich. Hier steht Kunst im Wald herum. Als eine helle Spirale aus Metall auf dem Waldboden auftauchte wie ein wundersames magisches Zeichen, wunderte ich mich nicht mehr.
    Rechts wurde zwischen den Bäumen ein langgestrecktes Gebäude sichtbar. Ein modern wirkender Kasten, der weiß schimmerte. Eine Treppe führte zum Eingang. Daneben erhob sich eine viereckige beschriftete Säule. Man musste den Kopf schief halten, um lesen zu können, was draufstand: »STEINZEITWERKSTATT«.
    Ich blieb stehen und sah mich um. Kein Krüger.
    Was sollte ich tun? Rufen?
    Nein. Irgendetwas sagte mir, dass es nicht der Sinn der Sache war, hier im Wald herumzuschreien. Als ich noch überlegte, meckerte irgendwo weiter hinten am Fluss ein Vogel und nahm hektisch Reißaus. Das Schlagen seiner Flügel vermischte sich mit Blättergeraschel irgendwo im Unterholz. Dahinten
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