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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord
Autoren: Oliver Buslau
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passiert?
    Als sich irgendwann ein paar Gestalten, begleitet von hellen Taschenlampenkegeln, auf dem Waldweg näherten, spürte ich instinktiv Bedrohung. War das die Polizei? Oder kamen noch mehr Mörder?
    »Hallo?«, rief einer von ihnen.
    Ich riss mich zusammen. Die Schritte waren jetzt ganz dicht bei mir.
    »Herr Rott?«
    Der Beamte am Telefon hatte sich meinen Namen offenbar aufgeschrieben.
    »Ja, hier drüben.« Da traf mich auch schon das Licht.
    Der Taschenlampenstrahl des zweiten Uniformierten fiel auf Krüger, der wie eine Puppe auf dem Felsen hing. Das Bild war grotesk. Man hätte glauben können, der Hauptkommissar sei selbst Teil des Kunstwerkes geworden.
    Das Licht schwenkte umher und riss den silbern glänzenden Pfeil aus der Dunkelheit, dann kam der Kegel wieder zu mir.
    »Sie haben den Toten entdeckt?«
    »Ja. Ich weiß, wer er ist. Ein Kollege von Ihnen.«
    Ich erklärte, dass ich mit Krüger hier verabredet gewesen war, und berichtete von den beiden Schüssen.        
    »Ich glaube, der Täter hielt sich oben im Hang auf.«
    Die Lichter tasteten die Ränder des Steinbruchs ab. Dann senkte der eine Polizist die Lampe und gab etwas über sein Funkgerät durch. »Moment noch«, sagte er und wandte sich dann an mich. »Herr Rott, wie lange ist das her?«
    »Es passierte unmittelbar bevor ich die Notrufnummer gewählt habe.«
    Der Polizist wandte sich wieder seinem Funkkollegen zu. Ich verstand, dass er den Standort erklärte und Mutmaßungen darüber abgab, welche Fluchtmöglichkeiten es oberhalb des Hangs gab. Ich hörte Vokabeln wie »Hochdahl«, »Hauptstraße« und »Thekhaus«.
    Wahrscheinlich errichten sie jetzt Straßensperren, dachte ich. Wohl vergeblich. Wie lange brauchte man von hier zur Autobahn? Keine zehn Minuten. Wer auch immer das getan hatte, war längst in Düsseldorf und trank vielleicht an der angeblich längsten Theke der Welt ein Alt.
    »Hier liegt was!« Der andere Uniformierte hatte sich mit seiner Lampe an die hintere Steilwand herangetastet und beleuchtete den Untergrund.
    »Als der Täter geflohen ist, ist irgendwas runtergefallen«, rief ich. »Wahrscheinlich Steine. Oder Holz.«
    Der Polizist schien mir nicht zuzuhören, sondern leuchtete bedächtig weiter. Ich ging ein paar Schritte an Krüger und dem Gehirn vorbei. Der Beamte bemerkte mich.
    »Halt. Es reicht, wenn ich hier herumtrample. Wir sollten Sie ohnehin vom Tatort entfernen. Kurt, übernimm du das mal.«
    Mir sollte es recht sein. Ich riss mich nicht darum, weiter hier im Wald herumzustehen. Der Abend würde eh noch lang genug werden. Die ganze Macht der Bürokratie würde auf mich einstürmen.
    »Kommen Sie bitte mit«, sagte der Polizist, der offenbar Kurt hieß. »Am besten, Sie warten im Einsatzwagen. Die leitende Kommissarin wird gleich hier sein. Vorher können Sie mir schon mal alles ausführlich erzählen.«
    Er beleuchtete den Weg zum Parkplatz. Dort stand immer noch Krügers Escort, ein Stück weiter mein Golf. »Das hier ist wohl Herrn Krügers Wagen«, informierte ich den Polizisten.
    Wir hatten den ganzen Weg über geschwiegen. Mir waren allerlei Fragen im Kopf herumgegangen, aber ich hatte keine Lust gehabt, sie dem Uniformierten zu stellen. Wahrscheinlich kamen die Jungs gar nicht aus Wuppertal, kannten Krüger also nicht. Sicher würde ich mich mit der gerade anrückenden Chefin gleich besser unterhalten können. Von Ermittler zu Ermittlerin sozusagen. Auf Augenhöhe.
    Der Polizist öffnete einen grün-silbernen Kombi, bat mich, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen, und quetschte sich auf die andere Seite. Die Nähe brachte mit sich, dass ich mitten in seiner Schweißausdünstung saß. Die Tage waren heiß, die Schichten lang, die Uniformen zu warm - trotz kurzärmeliger Hemden.
    Er zückte ein Klemmbrett, und es ging los.
    Ich verschwieg meinen kleinen Auftrag von Kleiber. Man hat Klienten gegenüber ja diskret zu sein. So berichtete ich nur, wie mich Krügers erste SMS im Schwimmbad erreichte, wie ich dann zu Hause seine Nachricht auf dem AB vorfand. Wieder hatte ich innerlich seine Worte im Ohr: »Wir sollten uns heute Abend treffen.«
    Ich schilderte nach und nach die Ereignisse bis zur letzten SMS, die ich auf dem Park-and-ride-Platz in Hochdahl erhielt.
    Der Polizist sah auf. »Können Sie mir diese Nachrichten bitte mal zeigen?«
    Ich zog mein Handy heraus, tippte ein bisschen darauf herum und führte sie ihm vor. Die Absendernummer war deutlich zu sehen. Der Beamte machte ein
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