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Nashira

Nashira

Titel: Nashira
Autoren: L Troisi
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habe wirklich nichts gestohlen, ich schwöre es ... Das würde ich nie tun ... Niemals würde ich mich an Eurem Eigentum vergehen!«
    Die Gefährten um ihn herum hielten den Blick beharrlich gesenkt, der ein oder andere hatte den Kopf auch abgewendet. Der Aufseher sah den Grafen an, doch dessen Miene blieb versteinert. Kurz nickte er.
    »Nein, ich flehe Euch an, nein!«, schrie der Junge.
    Doch der Aufseher hob den Strafstock und ließ ihn zum ersten Mal niederfahren. Kaum hatte der Kristall den Rücken des Sklaven berührt, blitzte ein helles violettes Licht auf, während sich das Gesicht des Femtiten zu einem Ausdruck puren Entsetzens verzog: Es war nicht nur die Angst vor dem Schmerz, sondern eine tiefere Furcht, die ihn innerlich zerriss. Wieder hob sich der Stock und sauste herab, wieder und wieder, und bei jedem Schlag verzerrte der Schmerz die Gesichtszüge
des Jungen derart, als würden sie von einem Strudel erfasst und mitgerissen. Immer lauter wurden seine Schmerzensschreie, doch Megassa blieb unbeeindruckt und verfolgte mit ausdrucksloser Miene bis zum bitteren Ende jede Phase der Bestrafung.
    Viele Hiebe dauerte es, bis die Schreie des Jungen schwächer und sein Körper schlaffer wurde und sich weniger heftig wand. Er sank zu Boden und wehrte sich kaum noch, nur seine Muskeln zuckten bei jedem weiteren Schlag. Beim vierzigsten Hieb erlosch sein Klagen ganz, und eine eisige Stille senkte sich über den Hof und die Sklaven, die dort versammelt waren.
    Der Graf ließ den Blick über sie hinwegwandern.
    »Das soll euch eine Lehre sein. Jeder, der mich bestiehlt, wird auf die gleiche Weise bestraft«, sagte er ohne irgendeine Gemütsbewegung. Dann wandte er sich an den Aufseher. »Schafft ihn fort und verscharrt ihn meinetwegen vor den Toren.«
    Er wandte sich ab zum Gehen, verharrte dann aber einen Moment, weil er Talitha und Saiph am anderen Ende des Hofes erkannt hatte. Entschlossen trat er auf sie zu, während die Sklaven eilig davonhuschten und der Aufseher sich daranmachte, den Befehl ausführen zu lassen.
    Die junge Gräfin war kreidebleich und schien fassungslos. Saiph bemühte sich nach Kräften, nicht auf den leblosen Körper in der Mitte des Hofes zu schauen.
    »Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst sie so schnell wie möglich herbeibringen?«, wandte sich Megassa gereizt an ihn. Der Sklave hob stammelnd zu einer Entschuldigung an, doch der Graf unterbrach ihn, indem er eine Hand hob. »Wer hat dir das Wort erteilt?«

    »Es ist meine Schuld. In der Arena habe ich die Zeit vergessen«, mischte sich Talitha ein und hielt dem Blick ihres Vaters stand.
    Der trat noch näher an sie heran. »Es steht dir nicht zu, die Zeit zu vergessen, wenn dein Vater dich rufen lässt«, zischte er, während ihm vor Zorn die Adern an den Schläfen anschwollen. »Wir wollen in Kürze aufbrechen, und du steckst noch in dieser Aufmachung.«
    Sie sah an sich hinunter, betrachtete ihre Kampfmontur, und das schweißnasse Haar, das ihr in Strähnen auf die Brust fiel – und war stolz auf sich. Es wäre ihr niemals in den Sinn gekommen, sich wegen eines nachlässigen Äußeren zu schämen, das der Anstrengung, im Schwertkampf ihr Bestes zu geben, geschuldet war. Dennoch schlug sie die Augen nieder. Immer noch lief ihr, wenn ihr Vater so mit ihr sprach, ein langer Schauer den Rücken hinunter. Sie hasste sich dafür, doch sein böser Blick aus schmalen Augen versetzte sie in Angst und Schrecken.
    »Ich möchte so schnell wie möglich im Reich des Frühlings eintreffen. Am Vorabend der Hochzeit deiner Cousine Kalyma wird ein wichtiger Empfang im kleinen Kreis gegeben, zu dem unsere Familie geladen ist.«
    Talithas Gesichtszüge erhellten sich: eine Reise, endlich einmal fort aus diesen verfluchten engen Mauern. Die wenigen Reisen, die sie in ihren siebzehn Lebensjahren unternommen hatte, waren alle nur kurz gewesen und hatten sie nie über die Grenzen des Reichs des Sommers hinausgeführt. Und außerdem bebte ihr das Herz vor Freude bei dem Gedanken an die Person, die sie bei diesem Empfang ganz sicher wiedersehen würde.
    »Dann mache ich mich fertig und bin gleich bei Euch«,
sagte sie ruhig und versuchte, ihre Aufregung zu verbergen.
    »Ich gebe dir eine halbe Stunde«, antwortete der Graf knapp. »Und gib dir ein wenig Mühe. Wenn ich dich vorstelle, möchte ich, dass du der Tochter eines Grafen zumindest ähnlich siehst.«
    Er bedachte sie noch einmal mit einem letzten tadelnden Blick und betrat dann den Palast. Talitha
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