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Nasenduscher: Roman (German Edition)

Nasenduscher: Roman (German Edition)

Titel: Nasenduscher: Roman (German Edition)
Autoren: Tim Boltz
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Herr Eilhoff scheinen Notiz von den ausschweifenden Beschreibungen zu nehmen. Nun wechselt Frau Eilhoff die Beinseite und widmet sich meinem rechten Schienbein.
    »Und wie mögen Sie es am liebsten?«
    »Wie bitte?«
    »Wie Sie Ihre Juice am liebsten mögen?«
    »Ich?«
    »Ja, Sie, Herr Süßemilch. Ich schätze, Sie mögen sie eher etwas schärfer und würziger, nicht wahr?«
    Frau Eilhoff setzt gezielt ihre Fußnägel ein, die sich nun unter dem Tisch in meine rechte Wade bohren. Es schmerzt, und es treten erste Schweißperlen auf meine Stirn, doch ich halte es aus. Für Jana. Für ihre Karriere. Für unseren Traum einer Hundert-Quadratmeter-Wohnung. Aber weiter sollte sie nicht mehr gehen. Dann garantiere ich für nichts mehr. Das muss Angela Merkels Mann sicher nicht über sich ergehen lassen. Oder doch?
    »I… I… Ich?«, stottere ich einen hilflosen Satzbeginn über die Tischplatte. »Nein, ich mag am liebsten … eine … eine ganz normale Juice. Die von zu Hause. Die schmeckt mir am besten. Ich mache meine Juice immer nur zu Hause.«
    Mit dieser Antwort scheint die Hausherrin jedoch ganz und gar nicht einverstanden. Ihre Nägel bohren sich noch tiefer in meine Wade. Ich kann nicht mehr anders. Ich muss dem Ganzen Einhalt gebieten. Auch wenn Janas Karriere hier an diesem Tisch abrupt ihr Ende findet.
    »Ich bitte Sie, Frau Eilhoff«, bricht es aus mir heraus, und ich rücke meinen Stuhl entschieden zurück. »Unterlassen Sie das. Ich bin für derlei Dinge nicht zu haben.«
    Jana fällt vor Schreck der Löffel aus der Hand und landet mit einem lauten Scheppern auf dem silbernen Unterteller. Und auch der Hausherr scheint nichts von dem perfiden Doppelleben seiner Frau zu ahnen. Ganz im Gegenteil. Er scheint ernsthaft überrascht und wechselt einen Blick mit seiner Frau. Diese schaut zunächst ihn, dann mich an.
    »Jetzt tun Sie nicht so, Sie haben mich die ganze Zeit unter dem Tisch mit Ihrem Fuß befummelt. Ich bin doch kein Callboy, ich bin …«
    Der restliche Bauteil des Satzes wird für alle Zeit auf seine Vollendung warten müssen, denn mit einem einzigen Sprung landet eine anthrazitfarbene Katze auf meinem Schoß und krallt sich sogleich in meinem Schritt fest.
    »Romeo! Runter da«, herrscht Gustav Eilhoffs Stimme durch den Salon.
    Romeo gehorcht wie ein abgerichteter Jagdhund aufs Wort und zieht sich wieder unter den Tisch zurück. Mein Blick wandert zu Jana, die ihre Augen schließt und ein kaum wahrnehmbares Kopfschütteln folgen lässt. Ich kenne jedoch die Bedeutung dieses Kopfschüttelns, und es hat bis zum heutigen Tage noch nie etwas Gutes bedeutet. Es folgt eine bedrückende Pause, in der mir Janas Hinweis in den Ohren klingt, dass im Hause Eilhoff eine konservative Hand regiert. Ich halte die Luft an und bin bereit für das Jüngste Gericht. Doch stattdessen passiert das Unglaubliche. Frau Eilhoff beginnt zu fiepen, dann zu piepsen.
    »Hihihi …«
    Ihr Lachen steigert sich und klingt bald wie das Glucksen einer brütenden Henne.
    »Und Sie dachten, dass ich …«
    Ich traue dem Braten noch nicht ganz. Nur zögerlich wage ich, etwas zu sagen.
    »Ja. Sie müssen entschuldigen …«
    »Unter dem Tisch?«
    »Es tut mir leid. Ich dachte … und dann die Katze … es war ein Missverständnis.«
    Auch Herr Eilhoff scheint nun Gnade vor Recht ergehen zu lassen und steigt mit in das Gelächter seiner Frau ein. Schließlich lache auch ich peinlich berührt mit. Halb aus Scham, halb aus Erleichterung.
    Nur eine Person am Tisch scheint das Ganze nicht witzig zu finden: Jana. Sie lächelt hölzern und mit geschlossenen Lippen, tut so, als ob sie mich küsste, und haucht mir ins Ohr: »Ich bringe dich um.« Dann wendet sie sich wieder der Tischgesellschaft zu. »Robert liebt es zu scherzen. Sie müssen entschuldigen.«
    Doch Herr Eilhoff winkt beschwichtigend ab, als er sich vor lauter Lachen eine Träne aus dem Auge wischt. »Aber nein, meine Liebe. Das wird noch lange Zeit für Erheiterung im Golfklub sorgen, wenn wir das unseren Freunden erzählen. Ich danke Ihnen, Robert, das war das amüsanteste Abendessen seit langer Zeit.«
    Jana greift nach meiner Hand, die auf meinem Schenkel ruht. Gott sei Dank, sie hat mir wohl verziehen. Warum auch nicht? Ihr Chef ist bester Laune, und der Beförderung steht somit nichts mehr im Wege. Doch schon im nächsten Moment spüre ich erneut einen stechenden Schmerz. Diesmal sind weder Frau Eilhoffs Fußnägel noch Romeos Krallen Grund für den Schmerz. Und plötzlich
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