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Nacktes Land

Titel: Nacktes Land
Autoren: West Morris L.
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möglich. Bei sorgfältiger Diät könnte er uns beide überleben.«
    »Kann er auf Minardoo weitermachen?«
    Bellamy schüttelte den Kopf.
    »Nicht so wie bisher. Mit einem guten Verwalter und einem tüchtigen Aufseher vielleicht. Aber wie ich hörte, haben Sie es in der letzten Zeit ziemlich schwer gehabt?«
    »Ja, das Geld ist uns ausgegangen.«
    »Und jetzt haben Sie den Bullen verloren?«
    »Ja.«
    »Das macht die Sache wirklich schlimm. Ich sähe es nicht gern, wenn Lance davon erführe.«
    Ihre Augen wurden kalt wie Eis.
    »Haben Sie sonst noch irgendwelche Ratschläge, Doktor?«
    Er warf den Kopf zur Seite und breitete seine Hände in einer komischen Geste der Abwehr aus.
    »Schreiben Sie Ihre Verluste ab. Steigen Sie aus. Besorgen Sie Lance einen Schreibtischjob bei der Genossenschaft, wo er sich mit den Schulden anderer Leute abplagen kann.«
    »Das würde ihn eher umbringen als alles andere.«
    »Damit könnten Sie vielleicht recht haben.«
    »Haben Sie Lance schon etwas gesagt?«
    »Noch nicht. Ich möchte warten, bis er kräftiger ist. Dadurch haben Sie auch mehr Zeit, sich etwas auszudenken.«
    »Das hab' ich längst getan. Wir behalten Minardoo. Ich schaffe das allein, bis Lance gesund ist. Dann können wir uns die Arbeit teilen.«
    Er zog überrascht die buschigen Augenbrauen hoch, und sie lächelte ihn ein wenig ironisch an.
    »Sie glauben wohl nicht, daß ich das fertigbringe?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich hab' zu viele Frauen entbunden, um nicht zu wissen, wie zäh sie sein können.« Er kicherte und vergrub seine Nase in seinem Glas; dann spöttelte er herausfordernd: »Nur eine Kleinigkeit – mit was für Geld wollen Sie arbeiten?«
    »Ich habe die Genossenschaft angerufen und um ein neues Darlehen gebeten.«
    »Und was hat man Ihnen gesagt?«
    »Zuerst haben sie abgelehnt. Dann hab' ich ihnen gesagt, sie könnten uns jederzeit rausschmeißen, vorausgesetzt, sie fänden jemanden, der den Betrieb übernimmt. Und ich würde überall herumerzählen, wie sie einen ehemaligen Soldaten von seinem Land vertrieben hätten, weil die Eingeborenen seinen Bullen getötet und ihn beinahe selbst umgebracht hätten.«
    »Und das haben die geschluckt?«
    »Und ob, Doktor. Sie geben uns noch einmal drei Jahre und genug Kapital, daß wir durchkommen.«
    Er starrte sie eine Sekunde lang ungläubig an, dann warf er seinen schwarzen Wuschelkopf zurück und lachte: »Du liebe Zeit! Das ist verdammt die beste Geschichte, die ich seit langem gehört habe. Aber Sie … ausgerechnet Sie! Das Großstadtküken mischt sich unter die Krähen und die Buschfalken. Weiß Gott, Mädchen, das hätte ich Ihnen nie zugetraut! Wenn ich noch an den ersten Abend denke, als Sie mit Lance zu einem Ball nach Ochre Bluffs gekommen waren! Ich hab's gespürt, und ich hab's auch gesagt: ›Wartet höchstens eineinhalb Jahre, und die läuft heim zu ihrer Mutter!‹«
    »Seit dem Abend damals ist eine Menge geschehen, Doktor.« Der Tonfall ihrer Stimme und ihr kühl abschätzender Blick ließen sein Lachen verstummen, und beschämt schaute er zu Boden. Er murmelte eine Entschuldigung, trank sein Bier hastig aus und ging kopfschüttelnd nach draußen.
    Merkwürdige Dinge geschahen mit den Menschen, die in dem nackten Land lebten! Was war in Mary Dillon während der fünf Tage vorgegangen, als sie ihren Mann gesucht und dann an seinem Bett Nachtwache gehalten hatte? Und was würde in ihrem Mann vorgehen, wenn er merkte, daß die Zügel der Macht plötzlich in den zarten Händen des Großstadtkindes lagen?
    Wieder allein in dem traurigen Raum, goß Mary den Rest aus der Bierflasche in ihr Glas und trank es langsam aus. Sie wußte, sie hatte sich boshaft und albern benommen, und sie bereute es; denn sie hatte Robert Bellamy immer gern gemocht. Der Buschdoktor, der sich so gut im Territorium auskannte, war die gutmütigste Seele von der Welt. Doch sie hatte sich einfach nicht anders zu helfen gewußt. Es war, als hätte sie ihre letzten Reserven an Mitleid, Güte und Mut für ihre Entscheidung aufgeboten, bei Lance zu bleiben. Jetzt lag nur noch der harte Stein der Entschlossenheit anstelle des Herzens in ihr, und sie hatte weder Liebe noch Lächeln, noch Zärtlichkeit mehr an irgend jemanden zu vergeben.
    Diese Stimmung erschreckte sie. Sie kam sich vor, als hätte sie ihr eigenes Todesurteil unterschrieben – oder sich einem strengen Orden geweiht, während der süße Lebenssaft der Jugend noch in ihr floß. Sie sah ihre Zukunft vor
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