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Nacktes Land

Titel: Nacktes Land
Autoren: West Morris L.
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wieder weg.
    »Du hast die Männer mit den Federstiefeln ausgeschickt«, sagte Adams nun grob. »Das ist verboten. Du weißt es.«
    »Würde der weiße Mann noch leben, wenn die Geisterschlange Mundaru nicht getötet hätte?«
    Ein schwaches Lächeln erschien in Neil Adams' Mundwinkeln. »Würden nicht alle noch leben, wenn eure Burschen den Bullen nicht getötet hätten?«
    Willinja schaute ihn prüfend an.
    »Du sagst, wir müssen das Gesetz des weißen Mannes befolgen. Ist der weiße Mann denn hier, um meine Männer in Schach zu halten? Ist er hier, um mein Weib zu schützen? Er kommt und geht, und wenn er nicht hier ist, wer sollte ihn dann fürchten? Aber vor den Kadaitjastiefeln haben sie stets alle Angst.«
    Diese Logik leuchtete Adams ebenso ein, wie sie dem Manne selbstverständlich war, der sie äußerte. Ob farbig oder weiß, niemand würde ein Gesetz beachten, wenn es keine Strafandrohungen gäbe. Wenn du nicht hier bist, um deine Maßnahmen durchzuführen, dann müssen wir eben auf unsere eigenen zurückgreifen! Adams nickte ernst und dachte über Willinjas Ausführungen nach.
    Eine Weile später sagte er: »Du bist der Mann, der mit den Geistern spricht, Willinja. Du wirst mir diese Frage beantworten: Wer hat Mundaru getötet? Die Kadaitjamänner oder die Geisterschlange?«
    »Die Geisterschlange.«
    »Hätten es die Kadaitjamänner getan, würdest du dann verstehen, daß ich sie mit nach Ochre Bluffs nehmen und bestrafen müßte?«
    »Das würde ich verstehen.«
    »Doch mit einer Geisterschlange ist es etwas anderes; eine Geisterschlange darf ich nicht anrühren. Ich glaube, was du mir erzählst …«
    Ein schwacher Schimmer der Anerkennung leuchtete in den alten Augen des Magiers auf. Hier hatte er einen Mann vor sich, der etwas von den Feinheiten der Umgangsformen verstand, der nachgab, wenn es sein mußte, dessen Speer jedoch stets scharf und mit Widerhaken versehen war. Ernst erwiderte er: »Heute wird Mundaru von der Geisterschlange gefressen. Heute abend singen wir die ›Wingmalung‹ aus … aus diesem Mädchen. Morgen wird das Vieh des weißen Mannes sicher sein.«
    »Das freut mich«, erklärte Neil Adams.
    Aber Willinja hatte ihn bereits entlassen und zeichnete neue Muster in den warmen Sand.
    Als sie wieder auf ihre Pferde stiegen und zur Farm ritten, fühlte Adams eine stille Zufriedenheit in sich aufkeimen. Er war mit Willinja gut zurechtgekommen. Er hatte in einem Punkt nachgegeben, doch am Prinzip festgehalten. Er war respektiert worden, doch der andere hatte dabei nichts von seinem Ansehen eingebüßt. Er hatte die rostige Verbindung zwischen einem Mann des zwanzigsten Jahrhunderts und seinem steinalten Bruder etwas geglättet. Und obgleich ihm das niemand je danken würde, verhalf es ihm doch zu einer gewissen Selbstzufriedenheit. Solange ein Mann seinen Job beherrschte und jede Situation unter Kontrolle behielt, konnte er nachts ruhig schlafen. Doch passierte die kleinste Kleinigkeit, gab es schon Scherereien. Die Verfehlungen eines Polizisten waren öffentliches Eigentum. Er lebte in einem Glashaus, und den Steuerzahlern war es recht so; sie bezahlten sein Gehalt, und als Gegenwert für ihr Geld verlangten sie Sicherheit für ihre Familien und keine krummen Geschäfte unter dem Schreibtisch.
    In den Ausdrücken des Rinderlandes gesprochen, war Neil Adams bis jetzt eine reine Haut gewesen, ohne Zeichnung auf seinem Fell. Doch wenn er morgen nach Ochre Bluffs zurückkam, würde er sich dann selber gezeichnet haben? Als Liebhaber der Witwe von Lance Dillon oder als Mitbeklagter bei dessen Scheidung? Bei Mondschein und unter Sternen ließ es sich leicht von Liebe sprechen; aber bei Tageslicht gab es ein Dutzend schmutzigere Bezeichnungen dafür, und die derben Männer des Territoriums kannten sie alle.
    Während sie ritten, drehte er sich zu Billy-Jo um und fragte sich, wieviel der dunkle Späher wohl am Flußufer mitbekommen hatte und wie er diesen ungewohnten Umgang von Boss Adams beurteilen mochte.
    Sein eigener Zynismus widerte ihn plötzlich an. Er liebte diese Frau, und er hätte fast gemordet, um sie behalten zu können. Liebe bedeutete Aufrichtigkeit und Mut, Stolz und Selbstbewußtsein sowie eine Herausforderung an alle Welt, sich heranzuwagen und zu versuchen, diese Liebe zu zerstören.
    Warum schlich er dann davon – vor Mary, vor sich selbst? Warum drückte er sich dann vor dem Tuscheln in einer Landkneipe?
    Mit einem Schlag war ihm die Wahrheit bewußt. Nicht die Liebe
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