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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio
Autoren: Vanessa Farquharson
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folgendes Angebot: » BIETE : Couch« – eine neue Couch, das klingt super. Aber wenn man dann weiterliest, erfährt man: »Braune Veloursledercouch, hatte sie 20 Jahre in Gebrauch, kaum Flecken!« Igitt! Oder es gibt Sachen wie » BIETE : Drei Boxen für Floppy Discs« – wer benutzt denn heutzutage noch Floppy Discs? Und wenn ja, hat er dann nicht auch die Boxen, die als Verpackung mit dabei waren? Besonders schätzte ich aber so supergenaue Anzeigen wie » SUCHE : Fünf alte Badewannen mit Klauenfüßen« mit dem kryptischen Zusatz: »Es geht um einen Wettkampf, ich brauche sie schnell!«
    Ich stellte mein eigenes Angebot ein, das lautete: » BIETE : Luxus-Kosmetikartikel« samt der Anmerkung, dass ich etliche Anti-Falten-Cremes und Körperlotions über die Arbeit bekommen hätte, aber nicht mehr bräuchte und gerne fortgäbe; dazu nannte ich die meiner Wohnung am nächsten gelegene größere Straßenkreuzung und schrieb, dass die Sachen selbst abgeholt werden müssten. Binnen dreißig Sekunden meldete sich jemand mit dem Namen Buddy. Er wohnte zufälligerweise nur eine Straße weiter und suchte ein Last-Minute-Geburtstagsgeschenk für seine Frau. Weshalb sich seine Frau über einen Haufen angebrochener Anti-Falten-Cremes zum Geburtstag freuen sollte, war mir ein Rätsel, aber ich verkniff mir Fragen – schließlich wollte ich das Zeug loswerden. Also telefonierten Buddy und ich und vereinbarten, dass er am nächsten Morgen vorbeikommen solle.
    Zur verabredeten Zeit klingelte er an meiner Tür. Ich schlief natürlich noch, es war ja Wochenende und so, aber dann schwang ich mich schnell aus dem Bett und packte das ganze Zeug in eine Geschenktüte, die ich unter dem Küchenschrank hervorzog (so edle Sachen konnte ich ihm ja schlecht in einer ordinären Plastiktüte geben). Dann schleppte ich mich in Jogginghose und Schlafanzugoberteil hinunter und vor zur Haustür. Schon vom Gang aus konnte ich Buddy draußen stehen sehen. Er war mindestens fünfzig, hatte einen struppigen Bart, trug eine Outdoor-Weste und einen Tilley-Allwetterhut. Es nieselte, aber das schien ihn nicht zu stören. Ein bisschen argwöhnisch öffnete ich die Tür.
    »Äh, Buddy?«, sagte ich.
    »Das bin ich, hallo!«, erwiderte er und streckte mir seine Hand entgegen. Ich konnte es nicht glauben, dass ich hier im Schlafanzug vor meiner Tür stand und einem Mann, der so alt war wie mein Vater und einen Tilley-Hut trug, eine Tasche mit einem Sortiment von Anti-Falten-Cremes übergab. Außerdem war ich unsicher hinsichtlich der Freecycle-Etikette. Sollte ich ihn zu einem Kaffee einladen? Ihn fragen, ob ich sonst noch etwas für ihn tun könne? Ihm meine Visitenkarte geben? Zum Glück kam Buddy mir zuvor, er machte eine nette Bemerkung darüber, wie sehr sich seine Frau über die Sachen freuen würde, wünschte mir ein schönes Wochenende und verschwand. Am nächsten Tag schickte er mir sogar eine Dankesmail.
    Als Buddy ging und ich in meine Wohnung zurückkehrte, fühlte ich mich, ehrlich gesagt, einen Moment lang wie eine große Wohltäterin. Natürlich waren Anti-Falten-Cremes für Buddy und seine Frau nicht überlebensnotwendig, und bestimmt wäre ich die Sachen auch auf andere Weise losgeworden, ohne sie in die Mülltonne zu schmeißen, aber es gefiel mir, an dieser kommunalen Graswurzelinitiative mitzuwirken und dabei auch Leute aus meinem Viertel kennenzulernen.
    30. MÄRZ , 30. TAG
    Autofreie Wochenenden
    Erst vor wenigen Wochen habe ich mein grünes Projekt begonnen, und schon entwickle ich Konkurrenzdenken. Ich durchforste die Regale eines Naturkostladens nach fair gehandeltem und gentechnikfreiem biologischem Ich-weiß-nicht-was, da stellt sich eine Frau neben mich und steckt eine Packung Quinoa in ihre schicke, logofreie Einkaufstasche. Mag es das phonetische Mysterium von »Quinoa« sein, das mich einschüchtert (man spricht es Kin-wa aus, wie ich mittlerweile weiß), oder die Tatsache, dass ihre Tasche hübscher ist als meine und wahrscheinlich aus recyceltem Hanfstoff besteht statt aus Nylon – jedenfalls fühle ich mich plötzlich wie in einem unbarmherzigen Öko-Wettstreit und suche verzweifelt nach Mitteln und Wegen, sie zu übertrumpfen. Eine fluoridfreie Zahnpasta auf Basis von Natron und Teebaumöl in recycelbarer Verpackung? Mandeln aus biologischem Anbau, unverpackt zum Selbstabfüllen, geerntet von aberwitzig gut bezahlten Arbeitern, die sich eine bessere Krankenversicherung als ich leisten können?
    Ich werde grün vor Neid
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