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Nachtwelt

Nachtwelt

Titel: Nachtwelt
Autoren: Theres Buechner
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ihrer Bank
im Garten. Auf den kalten Stein legt sie eine Wolldecke. Niemand möchte im Frühling
eine Blasenentzündung.
     
    Zurück in der Küche macht sie ein leckeres Frühstück.
Toastbrote mit selbst gemachter Marmelade und Nutella. Dazu ein Frühstücksei.
Es gibt einen Obstsalat aus Apfel, Banane, Kiwi und Grapefruit.
     
    Mimi hat alles Essbare, zusammen mit der Thermoskanne
Kaffee, auf ein Tablett gequetscht. Es sieht gut und vor allem gesund aus. Zu
gesund. Sie holt die Schachtel Zigaretten aus der Küchenschublade und schmeißt
diese in den leeren Kaffeebecher. Den Ascherbecher klemmt sie unter den Arm, da
es auf dem kleinen Tablett keinen Platz mehr für ihn gibt. Mimi hat
beschlossen, dass heute der Tag des Rauchens ist.
    Was das Rauchen betrifft ähnelt sie einem
Quartalssäufer. Die meiste Zeit ist alles gut. Doch irgendwann kommt, in
unregelmäßigen Abständen, ein Tag, an dem sie raucht bis ihr schlecht wird.
Heute wird so ein Tag sein.
     
    Der Traum hat Mimi euphorisch gemacht und so sitzt sie
bestens gelaunt in ihrem Garten und frühstückt.
    Es ist noch nicht einmal 7:00 Uhr und man merkt bereits,
dass es heute warm werden wird. Endlich barfuss in die Schuhe schlüpfen und
T-Shirts tragen. Sie schenkt sich noch einen Kaffee ein und zündet sich dann eine
Zigarette an. Während sie raucht verschwindet urplötzlich ihre gute Laune. Sie
hat das Gefühl, als würde etwas Kaltes ihr Herz umfassen und auf einmal bekommt
sie Angst. Heiß laufen ihr die Tränen über die Wangen und plumpsen auf die
Erde. Sie versteht nicht, was mit ihr los ist. Eben war die Welt doch noch so
bunt und schön.
     
    Es hat mit dem Traum der letzten Nacht zu tun. Ihn
geträumt zu haben, war, wie in einen Spiegel zu schauen und zu sehen, was sie
seit langer Zeit vermisst: Vertrautheit und Sicherheit innerhalb einer
Gemeinschaft.
    Mimi war noch ein Kind, dreizehn Jahre alt, als sie
das letzte Mal so empfunden hat. Es waren Osterferien und ihre Clique bestand
aus zehn Leuten, vier Mädchen und sechs Jungen. Hormonell waren sie alle ein
wenig durcheinander, aber es passierte nichts, was nicht absolut unschuldig
gewesen wäre. Das Wichtigste war, dass sie alle zusammen waren. Nichts konnte
zwischen sie kommen. Sie waren wie ein einziger Herzschlag. Wenn sie sich
trafen, hörte die Welt auf groß zu sein. Sie waren Helden und überzeugt davon
alles erreichen zu können
     
    Genau dieses Gefühl der Unverwundbarkeit hatte Mimi in
ihrem Traum wiedergefunden. Die Erinnerung an die letzte Nacht und das Wissen,
dass alles nicht real war, macht Mimi endlos traurig und sie fühlt sich einsam
und leer.
    Es braucht noch zwei Zigaretten und einen weiteren
Pott Kaffee bis sie sich beruhigt hat und nicht wieder anfängt zu weinen.
     
    Das Frühstücksgeschirr ist weggeräumt, das Bett
gemacht und alle Fenster im Haus stehen weit offen.
    Mittlerweile ist Mimi im Bad angekommen. Duschen, mit
Haare. Beine und Achseln sind rasiert. Sie überlegt, ob sie NDR2 anrufen soll,
um ihnen mitzuteilen, dass sie am ersten Frühlingstag des Jahres ihre
Intimfrisur in Ordnung bringt. Na ja, vielleicht zuviel Info für
Schleswig-Holstein.
     
    Während sie ihren Einkaufszettel schreibt, geht ihr wieder
und wieder der Traum durch den Kopf. Sie sieht den Mann und seine schwarzen,
durchdringenden Augen. Ihr Herz schlägt wie verrückt und ihr ist ziemlich warm.
Gedankenverloren hat sie zwischen die Worte Eier und Milch etwas
gekritzelt. Als sie es entziffern kann steht dort Wenn du glaubst, wirst du
den Weg finden .
     
    Auch heute, als Mimi durch den Park fährt, bewegt sich
keiner der Drachen. Wundern würde es sie nicht. Wer im Traum singende Bäume
hört……..
    An ihrem Wagen angekommen, verstaut Mimi die zwei
Einkaufskörbe im Kofferraum. Nach dem Einkauf wird sie das Fahrrad mit den
vollen Körben nach Hause schieben müssen. Im letzten Jahr hatte sie die Körbe
an den Lenker gehängt. Bei guter Geschwindigkeit und leichter Linkskurve hatte
sich einer der Körbe zwischen ihrem Knie und dem Lenker verkeilt. Erst war Mimi
in der Kurve gerade aus über den Rasen, in Richtung See, gefahren. Dann hatte
sie, aus Angst, sie könnte ins Wasser fahren, wie wild am Lenker gerissen und
war schwer gestürzt. Es hatte Wochen gedauert, bis die Abschürfungen am Arm und
ihrem Bein verheilt waren. Außerdem war die Hälfte der Einkäufe im Wasser
gelandet. Seitdem schiebt sie nach dem Einkauf ihr Fahrrad. Dauert länger, tut
aber weniger weh.
     
    Wieder ist das
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