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Nachts, wenn der Feuerteufel kommt

Nachts, wenn der Feuerteufel kommt

Titel: Nachts, wenn der Feuerteufel kommt
Autoren: Stefan Wolf
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die unbewußten Muskelzuckungen
in seinen Armen. Daß es sich keineswegs um Spinnerei handelt, ist übrigens
wissenschaftlich bewiesen. Allerdings nur auf einem Gebiet: dem Aufspüren
unterirdischer Wasserläufe. Was das Aufspüren von Öl und Erz betrifft, hauen
Rutengänger so oft vorbei, daß man mit einfachem Raten dieselbe Trefferquote
erzielen könnte. Wieso, fragt man sich, können Rutengänger unterirdische
Wasserläufe aufspüren? Nun: Wo in der Tiefe der Erde eine Wasserader verläuft,
ist sie logischerweise von vier Seiten begrenzt: oben, unten, rechts und links.
Festgestellt wurde, daß über solchen Wasserläufen Pflanzen nicht gedeihen,
regelrecht verkrüppeln. Man spricht von sogenannten Reizstreifen oder
geopathischen Zonen. Auch Menschen können davon in Mitleidenschaft gezogen
werden. Nachweisbar ist, daß auf alten Familiensitzen Generationen vom
Großvater bis zum Enkel in ein und demselben Bett früh erkrankten — sogar
starben. Und immer hatte das Bett an derselben Stelle gestanden. Erst wenn es
in eine andere Ecke des Raumes gerückt wurde, konnte man diesen unheimlichen
Spuk bannen. Spuk? Keineswegs. Die Erklärung ist einfach, ließ sich allerdings
erst in unserer Zeit nachweisen. Wie wir alle wissen, ist die Luft, die wir
atmen, elektrisch aufgeladen. Das kann man messen. In den Reizstreifen — also
über unterirdischen Wasserläufen — ist die luftelektrische Ladung besonders
stark. Und das bekommt nicht gut. Kreuzen sich in der Tiefe des Bodens gar zwei
Wasserläufe, dann wird es besonders schlimm. An solchen Stellen schlagen zum
Beispiel auch Blitze besonders häufig ein, denn die Luft über so einer
Wasserlaufkreuzung wirkt wie eine riesige Antenne. Rutengänger haben nun
einfach die Fähigkeit, diese luftelektrischen Felder aufzuspüren. Stehen sie
dort — also auf einer unterirdischen Wasserader oder gar einer Kreuzung — dann
beginnen ihre Arm- und Handmuskeln zu zucken. Und die Wünschelrute schlägt aus.“
    Klößchen ließ seine Gabel
fallen.
    „Ich glaube“, sagte er matt,
„ich sitze auf einer Kreuzung. Ich fühle mich schon ganz mies. Macht’s dir was
aus, Tarzan, wenn wir die Plätze tauschen?“
    Gaby konnte gerade noch ihre
Teetasse absetzen. Dann hielt sie beide Hände vor den Mund, um nicht zu laut zu
kichern. Tarzan grinste so breit, daß seine Zähne im Lampenlicht blitzten. Karl
lachte Tränen und mußte rasch seine Brille abnehmen. Selbst Klößchen hielt
seinen Spaß für gelungen und stimmte glucksend in die allgemeine Fröhlichkeit
ein.
    Amüsiert blickten andere Gäste
zu ihnen her.
    Nur die finstere Miene des
Feuerteufels veränderte sich nicht.
    In diesem Moment wurde die Tür
aufgerissen. Ein junger Bursche stolperte herein. Er trug schmutzige
Arbeitskleidung und staubige Stiefel. Schweiß perlte ihm auf der Stirn.
    „Es brennt!“ rief er.
„Fanhausers Feldscheune brennt. Ein Flammenmeer, lichterloh!“

    Sekundenlang herrschte betroffene
Stille. Dann schnellte Fanhauser in die Höhe. Dabei stieß er sein Bierglas um.
    „Was?“ schrie er. „Meine
Scheune brennt? Das ist doch unmöglich!“
    Im nächsten Moment sprang alles
auf. Man rückte Stühle beiseite, rief durcheinander und drängte zum Ausgang.
Fanhauser war einer der ersten.
    Die TKKG-Freunde blieben
sitzen, reglos, wie erstarrt.
    Das KANN nicht sein! dachte
Tarzan. Wieso brennt die Scheune? Ich habe die Kerze ausgeblasen. Verdammt noch
mal, sie war so erloschen wie ein Vulkan auf dem Mond!

3. Fanhauser wird festgenommen
     
    „Das verstehe ich nicht“, sagte
Gaby und machte große Augen. „Hat’s denn gewittert? Und der Blitz ist in die
Scheune geschlagen?“
    Es ging ihr wie Tarzan. Aber
auch Karl und Klößchen wunderten sich.
    Die Gaststube hatte sich
geleert. Aber nur für Augenblicke. Dann erlahmte das Interesse an Fanhausers
Scheune bei den Gästen — denn schließlich war’s seine Scheune und nicht die
eigene; ändern ließ sich ohnehin nichts, und das Hemd ist bei den meisten allemal
näher als die Jacke, was in diesem Fall hieß: das Abendessen war wichtiger als
das Begaffen einer brennenden Scheune.
    Also fluteten die Gäste zurück.
Jeder nahm wieder seinen Platz ein, kaute weiter, obschon kopfschüttelnd, und
die qualmreiche Luft war voll von lautstarken Vermutungen.
    „So ein Mist!“ schimpfte
Tarzan. „Man glaubt, man könnte ein Unglück verhindern, und dann geschieht’s
doch.“
    Klößchen schlang den Rest
seiner Bratwurst hinunter. Ein Stück Pelle klemmte ihm
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