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Nachts, wenn der Feuerteufel kommt

Nachts, wenn der Feuerteufel kommt

Titel: Nachts, wenn der Feuerteufel kommt
Autoren: Stefan Wolf
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zahlreiche
Geräte, darunter ein großer Heuwagen mit hochgestellter Deichsel, ein rostiger
Pflug, ein paar leere Kisten, halb gefüllte Kartoffelsäcke, aus denen es
ekelhaft modrig roch, und eine Egge.
    „Huch!“ Klößchen sprang trotz
wunder Füße einen guten Meter zurück. „Ein Vieh!“ Er deutete in den Schatten
zwischen zwei Kisten.
    Ein phosphoreszierendes
Augenpaar schimmerte dort.
    „Eine Katze!“ rief Gaby, die ja
für ihre Tierliebe bekannt war. Schon kniete sie vor den Kisten.
    „Nicht anfassen!“ rief Tarzan.
„Sie kann tollwütig sein.“
    Tollwut ist eine für den
Menschen gefährliche Krankheit, die von Wildtieren — auch von Hunden —
übertragen wird. Eine Berührung mit dem tollwutkranken Tier hat schlimme
Folgen.
    „Hast recht!“ sagte Gaby. „Aber
seht euch das an. Sie hat Junge. Hinter den Kisten ist ein richtiges Nest — mit
drei winzigen Kätzchen. Besser ist, wir stören sie nicht.“
    „Ich hau mich ins Heu!“
verkündete Karl.
    Er sprang hinein wie in ein
Schwimmbecken, strampelte, robbte so weit hinauf, wie es ging, sackte ein,
nieste, weil ihn der Heustaub in der Nase kitzelte, und verschwand hinter dem
Gipfel.
    Klößchen folgte ihm. Das Heu
raschelte. Schließlich saßen beide hoch oben und zogen Schuh und Strümpfe aus.
    „Ist weicher als unsere
Matratzen im Internat“, rief Klößchen. „Ich vermute, die sind mit Stroh
gefüllt. Heu wäre die bessere Lösung.“
    Auch Gaby und Tarzan kletterten
in den gewaltigen Heuhaufen. Gaby, die einen blauen Jeansrock trug, schimpfte,
das Heu pieke ihr in die Beine.
    Sie ist ganz schön quengelig
heute, dachte Tarzan. Wahrscheinlich, weil sie müde ist. Die Anstrengung war zu
groß.
    Alle vier lagen jetzt
nebeneinander. Tarzan hatte seinen Rucksack abgenommen. Er schob ihn Gaby als
Kopfkissen hin, aber sie verschmähte ihn und meinte, sie hätte noch nie auf
leeren Flaschen gerastet. Dann redete keiner mehr. Schläfrige Stille sank über
die Scheune.
    Die Katzenmutter, lohfarben und
mit einem weißen Latz an der Brust, war hervorgekommen. Sie sprang auf den
Heuwagen, von dort auf einen Querbalken. Lautlos und gewandt kletterte sie
höher — bis in den Dachstuhl der Scheune. Dort setzte sie sich auf ein Brett,
leckte sich die linke und die rechte Pfote und spähte dann zu den Kindern
hinunter.
    Tarzan lag auf dem Rücken und
hatte die Arme unter dem Kopf verschränkt. Tarzan war natürlich nur sein
Spitzname. Er hieß Peter Carsten — aber so wurde er höchstens mal von einem
wütenden Lehrer genannt. Tarzan war durchtrainiert und erstaunlich groß für
seine dreizehneinhalb Jahre. Er hatte braune Locken, blaue Augen und gebräunte
Haut. Als glänzender Sportler bot er besonders in Volleyball und Judo
herausragende Leistungen. Charakterlich war er mit den Fähigkeiten des
Anführers und Draufgängers ausgerüstet. Ungerechtigkeit empörte ihn. Daß er
sich für andere einsetzte — ohne Rücksicht auf die eigene Person, war ihm
selbstverständlich. Neben Sport war Mathe sein Glanzfach.
    „Wenn die Katze das
Gleichgewicht verliert“, murmelte Klößchen schläfrig, „fällt sie mir genau auf
den Bauch.“
    „Da fällt sie weich“, meinte
Gaby.
    Das stimmte. Denn Klößchen trug
seinen Spitznamen nicht umsonst. In Wirklichkeit hieß er Willi Sauerlich.
Klößchen wurde er genannt, weil er so aussah. Er war eher klein und rund, hatte
ein freundliches Mopsgesicht und Segelohren. Von Sport hielt er nichts,
verständlicherweise. Auch in den wissenschaftlichen Fächern sah es bedenklich
aus. An Grips mangelte es ihm zwar nicht, aber was Bequemlichkeit betraf,
überbot er jedes Faultier. Zu allem Unglück war Schokolade seine Leidenschaft.
Bergeweise vertilgte er sie - vielleicht, weil er sozusagen mit Schokolade
aufgewachsen war. Sein Vater nämlich war einer der bedeutendsten
Schokoladenfabrikanten.
    Beide, Tarzan und Klößchen,
waren Internatsschüler. Zusammen bewohnten sie eine winzige Bude in ihrer
Schule, das ADLERNEST.
    Die Internatsschule, die im
ganzen Land für ihre hohen Anforderungen bekannt war, lag vor den Toren der
Großstadt — in Luftlinie noch etwa sechs bis sieben Kilometer von der Scheune
entfernt.
    Karl und Gaby besuchten
dieselbe Schule und dieselbe Klasse, wie Tarzan und Klößchen, die 9b, wohnten
jedoch nicht im Internat, sondern bei ihren Eltern in der Stadt. Als sogenannte
EXTERNE Schüler kamen sie jeden Morgen mit Rad oder Bus zur Schule.
    Alle vier waren etwa
gleichaltrig und als Mitglieder der
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