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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies
Autoren: Bennett Ben
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auf einen fantastischen, nicht zu übertreffenden Hauptgang: ihr gemeinsames Leben. Elli war ein Gedicht von einem Gericht, das ihm in zweiundzwanzig Jahren nie schal werden und allzeit munden sollte, ein Leckerbissen, zubereitet mit Liebe und Glückseligkeit – ein Festmahl, in das sich nie ein bitterer Beigeschmack gemischt hatte.
    Und nun war das Menü beendet. Der Tisch war abgeräumt. Und zwar mitten während des Essens – eine Unverschämtheit, angeordnet von der Restaurantleitung. Der Nachtisch war Jacques ohne jede Begründung verweigert worden. Schließlich hatte man ihn gebeten, das Restaurant zu verlassen, in dem er sich unversehens einsam und allein wiedergefunden hatte. Diesen wunderbaren Ort, an dem er gerne auf immer verweilt hätte. Stattdessen hatte man ihn nach draußen auf die Straße geworfen, wo er hart gelandet war wie eine Sternschnuppe auf einer Mülldeponie. Es erschien ihm nur folgerichtig, dass ihm außer Hausmannskost nichts mehr gelingen wollte. Elli war das Menü seines Lebens gewesen – und nun war die Küche kalt.
    »Du musst dein Haus bis Ende des Monats räumen«, hatte ihm Gérard, der Gerichtsvollzieher, der oft bei ihm und Elli im Paradies zu Gast gewesen war, gestern mitgeteilt.
    Jacques besaß ohnehin nichts von Wert, von wahrem Wert. Außer den Dingen, die auf dem Dachboden lagerten. Ihnen galten seine einzige Sorge und seine ganze Hingabe.
    Zu allem Überfluss plagten ihn seit einiger Zeit auch noch gesundheitliche Probleme. Das Herz. Er war nicht mehr der Jüngste und er trank zu viel. Doch daran lag es nicht, wenn er Patrice Glauben schenken durfte. Patrice, seinem alten Freund, der zugleich sein Hausarzt war.
    »Du leidest am Broken-Heart-Syndrom«, hatte dieser ihm vor einem Jahr mitgeteilt, nachdem Jacques sich endlich aufgerafft hatte, seinen Freund zu einer Konsultation aufzusuchen. Die schmerzhaften Vorgänge in seinem Brustkorb, die ihn seit Monaten vor allem nachts und in den frühen Morgenstunden quälten, hatten ihm keine andere Wahl gelassen.
    Zum ersten Mal seit langem lachte Jacques einem Reflex folgend laut auf. Patrice hingegen starrte nur auf den modernen Computer auf seinem Schreibtisch wie einer dieser Großstadt-Yuppies, die im Sommer mit ihren Laptops auf die Terrasse des Paris pilgerten, weil sie allen Ernstes annahmen, sie könnten beides bei ihm haben: WiFi und einen atemberaubenden Meerblick.
    »Nein, wirklich«, fügte Patrice mit ernster Miene hinzu und blickte schließlich besorgt vom Bildschirm auf. »Das ist in der Physiokardiologie ein fester Begriff – wenn auch erst seit kurzem. Ein von Studien wissenschaftlich untermauertes Krankheitsbild. Das Blut versickert im Herz. Auslöser sind Stresshormone, die das Herz überfluten.«
    »Aber ich stehe nicht mehr unter Stress als sonst.«
    »Doch, das tust du. Seit sieben Jahren.«
    »Komm schon, Patrice …«
    »Deshalb heißt es ja auch Broken-Heart-Syndrom: weil die Ursache ein gebrochenes Herz sein kann – erwiesenermaßen. Auf jeden Fall spielt die Seele die Hauptrolle dabei. Sie verursacht den Stress.«
    »Und was genau hat das alles mit mir zu tun?«, fragte Jacques Patrice kopfschüttelnd – so als hätte ihn sein bis dahin bester Freund und Hausarzt versehentlich mit einem anderen Patienten verwechselt. Ein Fauxpas, der einem Mann seines Alters eigentlich noch nicht unterlaufen sollte, schließlich war er genau wie Jacques erst Ende vierzig.
    »Was das mit dir zu tun hat? Nun: Ich finde, es wird Zeit, dass du dich mal wieder nach einer Frau umsiehst. Dass du dich mal wieder verliebst.«
    Da wurde es Jacques zu abenteuerlich. Sich nach einer neuen Frau umsehen! Sich verlieben! Er stand auf und verließ den Raum, ohne Patrice noch eines weiteren Blickes zu würdigen.
    In all den Jahren, die Elli nun nicht mehr bei ihm war, hatte er nicht eine Frau getroffen, die ihr auch nur annähernd das Wasser hätte reichen können. Frauen wie Elli wuchsen nicht auf Bäumen, nicht einmal in der von der Natur begünstigten Normandie, es waren schließlich keine Äpfel oder Birnen – auf was für einem Planeten ewigen Sonnenscheins lebte Patrice eigentlich? Warum fuhr er selbst denn alle Nase lang nach Paris – in die Stadt, versteht sich –, um sich dort mit zweifelhaften Mädchen herumzutreiben, nachdem er nie geheiratet oder je auch nur eine feste Freundin gehabt hatte? Gerade er musste doch wissen, wie der Hase lief. Drei Wochen lang redeten sie kein Wort miteinander, und einmal musste Jacques
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