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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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nach dem anderen Häftling trat.
    Es war Carl höchste Genugtuung gewesen, das Krankenhaus heil und auf eigenen Füßen verlassen zu können, während der Nigger sich immer noch mit seinen geschwollenen Eiern quälte. Sie waren zu so grotesker Größe aufgegangen, daß das ganze Krankenhaus darüber witzelte; genauso wie über den Katheter, den man ihm in den Schwanz gesteckt hatte. Und bei der kleinsten Bewegung flennte er wie ein Säugling.
    Letztendlich war also doch noch alles gutgegangen. Der Arzt hatte ihn gesund geschrieben – das hieß, daß er auch für den Straßenbau einsatzfähig war. Einmal mit knapper Not am Scheitern seiner Pläne vorbeigeschrammt, wollte er nun auf keinen Fall mehr ein Risiko eingehen.
    Seit er aus dem Krankenhaus entlassen war, hatte er von den anderen Häftlingen außer Myron Abstand gehalten. Er redete mit niemandem, sah keinen schief an, schon gar nicht die Schwarzen. Mit Genuß hätte er vor seinem Verschwinden aus dem Bau noch einen von ihnen umgelegt, zum Dank für alles, was sie ihm im Lauf der Jahre angetan hatten; aber man mußte in größeren Zusammenhängen denken, und da
war es die Sache einfach nicht wert. Die Kerle bluten zu sehen würde ihm vielleicht ein paar flüchtige Momente schadenfroher Befriedigung bringen, aber hinterher wär’s aus und vorbei. Er würde nie mehr rauskommen. Und er hatte eine Riesensehnsucht, die Sonne Mexikos zu sehen und die exotischen Genüsse zu kosten, die dieses Land bot.
    Aber zuerst mußte er hier raus.
    Heute hatten sein und Myrons Name auf der Liste gestanden. Morgen war der große Tag. Nur auf ihn hatte er gewartet, auf ihn hin alles geplant. In wenigen Stunden würde er ein freier Mann sein. Wenn alles glattging. Es konnte immer noch alles mögliche schieflaufen. Deswegen hatte er auch solches Magenflattern, daß er kaum die Wurst und das Sauerkraut auf seinem Teller runterbrachte.
    Aber er aß das Zeug, um nicht aufzufallen, um keinen Verdacht zu erregen.
    »Myron, bevor du heut abend einschläfst, versuch, den Plan noch mal genau durchzugehen.«
    Ein Löffel voll Sauerkraut verschwand in Myrons Mund. »Welchen Plan, Carl?«
    »Ach, Scheiße«, knurrte Carl. Das war ja hoffnungslos. Wie oft hatten sie die Sache durchgesprochen? Wenn dieser Idiot ihm alles kaputtmachte, würde er ihn mit bloßen Händen erwürgen. Mit einem tiefen Seufzer der Resignation sagte er: »Schon gut, Myron. Laß mal. Bleib morgen einfach wie ’ne Klette an mir dran.«
    »Okay, Carl.«
    »Wenn ich dir sag, was du tun sollst, dann tust du’s, okay?«
    »Okay.«
    »Keine Widerreden und keine Diskussion, du tust es einfach, okay?«
    »Okay.«
    Los, schieb deinen Schwanz in den Fleischwolf, Myron, okay? Okay, Carl.
    Carl, der vor Frust am liebsten laut gebrüllt hätte, rief sich ins Gedächtnis, daß dies genau die blinde Ergebenheit war, die er wollte und brauchte. Er war der Boß, er hatte das Sagen. Er war der verwegene, gutaussehende, mit allen Wassern gewaschene Ladykiller und Stratege. Bei so einem Unternehmen konnte nur einer die Befehle geben. Die anderen mußten spuren.
    Also eine ideale Voraussetzung, daß Myron nichts im Kopf hatte und ihm sklavisch ergeben war! Mal angenommen nämlich, er würde zu Myron sagen, schneid dem Scheißwärter die Kehle durch, dann würde Myron das brav erledigen.
    Er hatte Carl ohne Scham und Reue Geschichten aus seiner Kindheit erzählt, denen man nur entnehmen konnte, daß der kleine Myron Hutts ein total kranker Typ gewesen war: ein Junge, der nach Art eines Ein-Mann-Vernichtungskommandos sämtliche kleinen Haustiere in seiner Heimatgemeinde und den umliegenden Gebieten abgemurkst hatte, ehe die Polizei ihn schnappte und in die Psychiatrie verfrachtete. Familienangehörige hatten die Behörden mit Anträgen und Gesuchen bombardiert, bis er schließlich aus der Klapsmühle entlassen wurde. Ihre Freude darüber währte nicht lange.
    Myron hatte ganz sachlich von dem Massaker berichtet. »Plop hat’s gemacht, und Oma ist die Perücke vom Kopf geflogen. Direkt in die Suppenschüssel.«
    Diesen Teil erzählte Myron besonders gern, weil Oma mit Vorliebe Myrons Kopf als Perückenkopf benutzt hatte, wenn sie ihr Kunsthaar frisch ondulieren wollte. Die anderen hatten sich kaputtgelacht über den Anblick des langen, schlaksigen Myron in Großmutters grauer, mit rosaroten Schaumgummiwicklern gespickter Perücke.
    Sein Kopf hatte außerdem als Punchingball herhalten müssen, wenn sein Vater im Suff ausgeflippt war. Von
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