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Nachtgespenster

Nachtgespenster

Titel: Nachtgespenster
Autoren: Jason Dark
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Helder?«
    Schweigen - Pause. Dann ein leiser, überrascht klingender Laut. »Besuchen, Mr. Sinclair? Sie wollen mich hier besuchen?«
    »Sie haben richtig gehört«, bestätigte ich. »Nur wenn es Ihnen paßt, natürlich.«
    »Paßt? Und ob es mir paßt. Natürlich paßt es mir. Ich freue mich darauf. Sie können auch bei mir übernachten. Mein Haus ist groß genug. Ich lebe allein. Jemand wie ich, der ist für jede Abwechslung sehr dankbar, Mr. Sinclair.«
    »Das freut mich.«
    »Wann darf ich Sie denn bei mir erwarten?«
    »So schnell wie möglich komme ich zu Ihnen.«
    »Morgen schon? Oder übermorgen?«
    »Morgen früh fahre ich los. Sehr früh. Ich denke, daß ich dann gegen Abend bei Ihnen sein werde.«
    »Das ist gut, Mr. Sinclair. Ich kann Sie verstehen. Sie möchten sich bestimmt mit mir über Ihren Vater unterhalten. Das ist oft so bei Söhnen, denke ich mir. Sie werden auch nicht enttäuscht sein, denn mir stehen noch die alten Fotos zur Verfügung, die damals geschossen worden sind.«
    »Das ist mehr, als ich zu hoffen wagte.«
    »Eine genaue Adresse brauche ich Ihnen nicht zu geben. Mich kennt in Claughton praktisch jeder.«
    »Gut, bis morgen, Mrs. Helder.«
    »Ich freue mich. Gute Reise.«
    Der Hörer sank nur langsam wieder nach unten. Die Bewegung stand im glatten Gegenteil zu meinem inneren, aufgewühlten Zustand. Das Gespräch hatte mich zwar nicht aus der Bahn geworfen, aber nervös gemacht. Zum erstenmal glaubte ich daran, so etwas wie das Ende eines Fadens in der Hand zu halten, was Zeitabschnitte aus den jungen Jahren meines verstorbenen Vaters anging.
    Auch eine Spur zu Lalibela?
    Das war meine große und intensive Hoffnung. Mir war klar, daß es da noch große Geheimnisse gab. Diese Zeit war wie eine Schatztruhe für mich. Ich mußte nur den Deckel abheben, um ihre Geheimnisse entdecken zu können. Zu welcher Seite sie sich allerdings neigten, das stand in den Sternen. Ich konnte positive, aber auch negative Überraschungen erleben. Auf beide stellte ich mich ein.
    Allmählich drängten sich die Erinnerungen wieder aus meinem Kopf weg, und ich fand wieder zurück in die Wirklichkeit. Die sehr gerade Straße mit dem wenigen Verkehr, die Umgebung, die einen grauen Schleier erhalten hatte und jetzt sichtbar vor mir lag, denn die waldreichen Gebiete hatten sich zurückgezogen.
    An der rechten Seite stieg das Gelände in mehreren Stufen an, auch wenn es dabei flach blieb und keine Terrassenform aufwies. Es baute sich zu mehreren grünen Hügeln auf, wobei einer von ihnen - der höchste - schon einen bergigen Charakter angenommen hatte. Kurz vor der Spitze ging es ziemlich steil hoch, was nicht grundlos geschah. Die Umrisse einer alten Burg oder eines Schlosses fielen mir auf. Im Hintergrund zur Landschaft und zu dem dunkler werdenden Himmel wirkte die Burg wie gemalt. Einfach von einem Künstler sehr realistisch in die Luft hineingezeichnet, als wollte sie wie ein Wächter über die verstreut liegenden, kleinen Ortschaften wachen.
    Weshalb mir beim Anblick der Burg ein kühler Schauer über den Rücken rieselte, wußte ich nicht. Es war einfach so, und ich nahm es hin, auch wenn es unnatürlich war.
    Ich ging mit dem Tempo etwas herunter und griff nach der Karte. Zwischen Schoß und Lenkrad stellte ich sie hin. Das Ziel hatte ich rot markiert. Meiner Schätzung nach befand ich mich nur noch wenige Kilometer entfernt. Um nach Claughton zu gelangen, mußte ich zuvor noch ein Waldstück durchqueren. Es lag wie ein dunkler Tunnel vor mir und rahmte die Fahrbahn ein.
    In diesem Zwielicht wirkte das Licht der Scheinwerfer sehr bleich und irgendwie verloren. Totenlichter, die durch eine schattige Welt wanderten. Es war keine Gegend, die meine Stimmung anhob. Ich fühlte mich immer bedrückter und grübelte dabei über den Grund nach. Offiziell gab es keinen. Es war alles so normal, wie auch die Zeit zwischen Tag und Nacht.
    Nicht meine Unruhe. Es machte mich nervös, nicht zu wissen, woher sie stammte. Gründe gab es immer. Gerade bei mir, denn ich beschäftigte mich nicht mit normalen Fällen.
    Schatten, verzerrt und manchmal bösartig aussehend, huschten schwach über die Scheiben hinweg. Es waren die Abbildungen der Sträucher am Straßenrand, die immer höher wuchsen, als wollten sie mich irgendwann verschlingen.
    Nur eine Einbildung, denn sie hatten den ersten Bäumen Platz schaffen müssen.
    Äste und Zweige noch voller Laub, denn der Herbst würde noch auf sich warten lassen. Die Blätter hatten
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