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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang
Autoren: Brian Lumley
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weltlichen Gefilden ...
    Liz war dem alten Mann zum Fuße des Hügels gefolgt (Bruce? Es gab verdammt viele Australier, die so hießen, dachte sie. Bestimmt so viele wie Johns in London.) und näherte sich der kleineren Hütte, die an dem Felsvorsprung lehnte.
    Es war jetzt ziemlich dunkel und die Taschenlampe, die er ihr gegeben hatte, war bei Weitem nicht ganz aufgeladen. Die Batterien würden in Kürze ihren Geist aufgeben. Natürlich wäre das ihrem Begleiter ziemlich egal, so gut wie er sich hier auskannte, aber es beunruhigte Liz. Obwohl sie langsam und vorsichtig genau in Bruces Fußstapfen trat – hauptsächlich, um Jake genug Zeit zu geben, den Ort gründlich zu durchsuchen –, stolperte sie ein- oder zweimal über größere Gesteinsbrocken oder das eine oder andere Schlagloch. In Wirklichkeit war ihr Gestolper auch zum größten Teil gespielt, weshalb es vielleicht ganz gut war, dass die Lampe fast erloschen war. Das dachte sie zumindest anfangs.
    »Da sind wir«, sagte der alte Mann, drehte einen Schlüssel in einem quietschenden Schloss und öffnete die Eingangstür. Dahinter stand eine zweite Tür weit offen; als der alte Bruce, falls das wirklich sein Name war, seinen unglaublich langen Arm an Liz vorbeistreckte, um sie ganz zu öffnen – und sie zur selben Zeit packte und mit hineinzog –, spürte sie, dass sie die Höhle eines Tieres betreten hatte.
    Es war ein Urinstinkt, einer, der tief im Bewusstsein jedes Menschen vorhanden ist: die Präsenz von einem oder mehreren gefährlichen Tieren zu spüren. Der modrige, tierische Geruch einer Höhle, in der etwas haust – oder ein Dachboden, in dem Fledermäuse unzählige Jahre überwintert haben oder vielleicht ein Reptilium in einem Zoo.
    Aber es gibt solche und solche Gerüche und dieser war keiner, der Liz je untergekommen war; oder vielleicht war es einfach der verdorbene, gemischte Geruch von verschiedenen Tieren zusammen. Plötzlich wurde ihr klar, dass es nicht nur ein Geruch – nicht einfach ein Geruch war – und ihr Talent verriet ihr, dass der Gestank nicht nur in ihre Nasenlöcher drang, sondern auch in ihr Gehirn!
    Sie fragte sich, wo er herkam, wo der Ursprung oder die Quelle dieses fremdartigen Geruchs lag. War es die Hütte – oder die Zelle mit den stählernen Stäben, die von einer Wand zur anderen reichten – oder vielleicht der pechschwarze Tunnel hinter dem Gitter, mit seiner versteckten, unbekannten »Krehatur« ... oder konnte es womöglich der alte »Bruce« selbst sein?
    Aus den Tiefen des Stollens kam ein Geräusch. Und genau wie es solche und solche Gerüche gibt, gibt es auch solche und solche Geräusche. Liz keuchte und richtete den Strahl ihrer Taschenlampe auf die Dunkelheit dort hinten. Da bewegte sich etwas. Eine schwebende, suchende, sich nähernde Dunkelheit, die noch schwärzer war als ihre dunkle Umgebung; der Umriss einer Gestalt, der an Form gewann, als sie zusammen mit einem giftigen Lufthauch von wo auch immer näher kam. Mit ihren leuchtend gelben Augen – schräg wie die eines Tiers – hielt sie Liz’ Blick gefangen wie Scheinwerferlicht einen Hasen.
    Aber nur für einen Moment. Dann ...
    »Sie!« Liz verlagerte die Taschenlampe in ihre linke Hand, griff mit der rechten in ihre Tasche und zog eine umgebaute »Baby Browning«-Pistole heraus. Sie entsicherte sie mit dem Daumen und zielte auf den alten Mann ... oder auf die leere Stelle, an der er bis eben gestanden hatte. Von draußen hörte sie seine Stiefel durch die Nacht und über den Boden knirschen, während er obszön kicherte. Dann hörte sie das Quietschen des Schlüssels, der in der Eingangstür gedreht wurde und sie einschloss.
    Zur Hölle! Aber das konnte wortwörtlich die Hölle sein! Neben ihrem Talent – das sie viel zu lange unterdrückt hatte, um den wahren Grund ihrer Anwesenheit zu verschleiern – waren nun auch ihre schlimmsten Ängste aktiviert, freigesetzt worden. Sie wusste, was die Krehatur in dem Stollen war und wusste, zu was sie fähig sein würde. Aber selbst jetzt war Liz nicht bereit, die Hoffnung aufzugeben.
    Sie klemmte sich die Taschenlampe unter die Achsel, fand ihren Piepser und drückte den Alarmknopf ... genau in dem Moment, in dem das Gerät Jakes Hilfeschrei übertrug!
    Liz erschrak so sehr über das schnelle Piep! Piep! Piep! , das aus ihrer Tasche kam, dass sie beinahe die Taschenlampe hätte fallen lassen. Irgendwie schaffte sie es, sie weiterhin festzuklemmen, hielt ihre Hände zusammen und richtete sowohl die
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