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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang
Autoren: Brian Lumley
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geben. Niemals. Aber wenn es möglich gewesen wäre, dann ... wäre es vielleicht jemand wie Liz Merrick gewesen. Sie war ungefähr 1,70 Meter groß, hatte eine schmale Taille und Kurven an den Stellen, wo sie für jemanden, der sich dafür – und für sie – interessierte, wichtig waren. Nun, er interessierte sich schon für sie, aber nicht so. Ihr pechschwarzer Bob-Haarschnitt war nicht Nataschas Haar und ihre langen Beine waren nicht Nataschas Beine. Aber Liz’ Lächeln ... Er musste zugeben, dass ihr Lächeln etwas hatte. Es war wie ein heller Sonnenschein, aber einer, den Jake nie hatte kennenlernen wollen – denn er wusste, wie schnell man Licht ausschalten konnte. Wie Nataschas Licht ...
    »Nicht besonders einladend«, kommentierte Liz und atmete mit einiger Schwierigkeit durch den Mund aus.
    »Wie?« Langsam kam er wieder in der Realität an.
    »Die Bruchbude, wie du sie genannt hast.«
    »Der Name sagt alles.« Jake atmete ebenfalls nicht durch die Nase. »Wahrscheinlich der Eingang zu einer alten Mine, deshalb: ›Tankstelle an der Alten Mine‹«.
    Mein Gott, wie scharfsinnig, wollte sie ihm sagen, ließ es aber bleiben. Wieder hätte der Sarkasmus dazu gedient, etwas anderes zu überspielen.
    »Also, was denkst du?«, fragte sie schließlich, als sie wieder in den Rover stiegen.
    »Es ist besser, nicht zu denken«, antwortete er und Liz konnte ihm nur zustimmen. Zumindest hatte er sich an das wenige erinnert, was ihm erzählt worden war. Also versuchten sie, nicht zu denken und dachten immer noch nicht, als er das Auto startete und es die 500 Meter abwärts zur Tankstelle an der Alten Mine rollen ließ ...
    Ein paar Lichter gingen an, als sie von der Straße auf eine steile Rampe zu dem erhöhten Plateau fuhren, das der Hütte gegenüberlag. Das nun beleuchtete Schild flimmerte und surrte und blieb schließlich von einem schwachen, halbherzig leuchtenden Neonlicht erhellt; die schmutzigen Fenster der Hütte glommen in einem staubigen, unsteten, elektrischen Gelb. In alten Flusstälern wie diesem, seit Urzeiten vertrocknet, wurde es sehr schnell und ganz plötzlich dunkel, sobald die Sonne unterging.
    Es wurde auch kälter; aber nicht wirklich frisch – nicht in diesem seltsamen »El Niño«-Wetter –, aber doch kühler. Nachdem sie an der einsamen Zapfsäule angehalten hatten, half Jake Liz in eine dünne Safari-Jacke, holte seine eigene aus dem Kofferraum und streifte sie über. Im Westen war ein kleiner Fleck am Gipfelpunkt der gewölbten Hügel noch in ein goldenes Licht getaucht. Aber das Licht erlosch schnell und die Amethyst-Farbe, in die der Himmel getaucht war, wurde zusehends vom sich herabsenkenden Schwarz der Nacht ersetzt. Im Osten glitzerten schon die ersten Sterne über den dunklen Silhouetten der Bäume.
    Vielleicht 25 Schritte rechts der Haupthütte grub sich ein kleineres Gebilde in den steilen Hügel. Das »Besuchen Sie die Krehatur«-Schild zeigte in diese Richtung. Liz fragte laut: »Welche Art Kreatur das wohl sein mag?«
    In dem Moment erschien in der plötzlich offen stehenden, von einem Fliegengitter verdeckten Eingangstür eine Gestalt. Und es war die Gestalt, die ihr antwortete: »Nun, es ist eine verdammt seltsame Kreatur, das kann ich Ihnen versprechen, Miss!« Ein Kichern ertönte, als der Besitzer der heiseren, tiefen Stimme heraustrat. »Es is’ schon etwas spät heut, also, wenn Sie sie sehn wolln, dann nehmen Sie am besten eine Taschenlampe mit. Die verflixte Glühbirne is’ schon wieder kaputt gegangen ... oder vielleicht is’ sie auch dran schuld. Macht sich nix aus Licht, die Krehatur. Aber gut, was kann ich für euch tun, Leute? Benzin, stimmts?«
    Jake nickte und warf seinen Kopf zurück. »Benzin. Bitte volltanken.«
    »Ah!« Der andere atmete deutlich hörbar ein. »Hä? Wo kommt ihr denn her? Briten, stimmts? Ein paar jämmerliche Tommys hier draußen? Was kommt wohl als Nächstes!?« Er grinste und schüttelte den Kopf. »Nur Spaß. Nehmt mich nich’ ernst, Leute.«
    Er war scheinbar einfach nur ein alter Mann, der Gesellschaft absolut nicht gewöhnt war. Er hatte einen Stoppelbart, wie ein geschwätziger Postkutschenfahrer im wilden Westen, und betrachtete aus seinen feuchten, kleinen, stechenden Augen, die seit langer Zeit gänzlich in den Falten seines runzligen Gesichts versunken waren, seine Kunden. Während er den Tankdeckel des Landrover aufschraubte, drohten ihm seine wackligen, spindeldürren Beine den Dienst zu versagen. Als ob er sicherstellen
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