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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang
Autoren: Brian Lumley
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die Achseln und ließ es bleiben. »Und warum ist sie dann da? Die Tankstelle, meine ich.«
    »Sie ist ein Überbleibsel des Goldrauschs«, antwortete er. »Die australische Regierung unterstützt solche Orte durch finanzielle Zuschüsse, sonst könnten sie einfach nicht überleben. Es gibt Kneipen mitten im Nichts, Wegstationen für einsame Wanderer. Du solltest allerdings nicht zu viel erwarten. Vielleicht eine Flasche warmes Bier – und sieh bloß zu, dass du sie selbst öffnest ... Ja, ich weiß, dass du das weißt. Kein Essen, und wenn du aufs Klo musst, solltest du besser gehen, bevor wir dort ankommen.« Das waren für diese Gegend sehr nützliche Ratschläge.
    Nach etwa zwei Kilometern verschwand die Straße: eine optische Täuschung, genau wie der Hitzeschleier. Mit den Hügeln stieg auch die Straße an, sodass der Anschein erweckt wurde, als gäbe es gar keine Steigung. Nur das Stottern des Motors verriet die Wahrheit, nämlich, dass der Landrover wirklich zu kämpfen hatte, wenn auch nur ein ganz klein wenig. Eine Minute später hatten sie den höchsten Punkt erreicht.
    Jake brachte das Fahrzeug zum Stillstand und sie gingen beide 50 Meter in unterschiedliche Richtungen. Er kam zuerst zurück und lehnte an der offenen Wagentür. Er spähte durch ein Fernglas geradeaus, als Liz zurückkam.
    »Gibt es was zu sehen?«, fragte sie und bewunderte Jake insgeheim, wie er so unbefangen dastand, einen Stiefel auf der Türschwelle, mit seiner Jeans, die seinen knackigen Po und seine enge Taille betonte. Am restlichen Körper war er auch sehr gut ausgestattet. Er war groß, vielleicht 1,90 Meter, hatte lange Beine und dazu passend ebenfalls lange Arme. Sein Haar war so dunkelbraun wie seine Augen und sein Gesicht schmal und hohlwangig. Er sah aus, als könnte ihm eine ordentliche Mahlzeit nicht schaden ... aber auf der anderen Seite würde ihn zusätzliches Gewicht sicherlich langsamer machen. Er hatte dünne, fast grausam wirkende Lippen. Wenn er lächelte, konnte man sich nie sicher sein, ob wirklich Humor dahintersteckte. Jakes Haar erinnerte an eine Löwenmähne. Er trug es zurückgekämmt und zu einem Zopf zusammengebunden. Sein Kinn war kantig und auf der linken Seite von Narben durchzogen. Seine Nase war einmal oben am Nasenrücken gebrochen worden, weshalb sie jetzt wie eine Klippe abfiel ( wie die Nase eines Indianers, dachte Liz) und nicht gerade nach vorne stand. Trotz seiner schlanken Gestalt hatte Jake breite Schultern und die sonnengebräunte Haut auf seinen Oberarmen war von Muskeln durchzogen. Seine Oberschenkel auch, stellte sie sich vor ...
    »Die Tankstelle«, antwortete er. »Auf dem Schild an der Straße steht ›Tankstelle an der Alten Mine‹. Hier führt ein Weg von der Straße runter zu den Zapfsäulen ... oder besser der Zapfsäule. Was für eine Bruchbude! Auf einem anderen Schild auf dieser Seite der Bude steht ... was?« Er runzelte die Stirn.
    »Was denn?«, fragte Liz.
    »... Steht ›Besuchen Sie die Krehatur!‹«, berichtete Jake. »Aber es schreibt sich K-r-e-h-a-t-u-r. Hmpf! Krehatur ...« Er schüttelte den Kopf.
    »Gibt hier wahrscheinlich nicht so viel Schulbildung«, sagte Liz. Sie beschattete mit einer Hand von links ihr Gesicht, um die letzten stechenden Sonnenstrahlen aus dem Westen abzuhalten, »Du hast ganz schöne Adleraugen. Selbst mit dem Fernglas müssen die Buchstaben auf diesen Schildern winzig sein.«
    »Die erste Anforderung an Scharfschützen ist«, grummelte er, »dass ihre Sehkraft 100 Prozent beträgt.«
    »Aber du bist kein Scharfschütze oder irgendeine Art Killer mehr«, erinnerte sie ihn und hielt dann den Atem an, als ihr klar wurde, dass sie da vielleicht völlig falsch lag. Aber sicher war jetzt alles anders.
    Jake übergab ihr das Fernglas, schaute sie an, sagte aber nichts. Sie sah durch die Gläser und stellte sie scharf, erblickte die einzelne Zapfsäule an der Tankstelle und die Hütte, die dahinter stand – oder lehnte. Sie war offensichtlich mitten ins Felsmassiv des Hügels gebaut worden. Der wiederum hatte selbst eine massive, vorstehende Felsnase und eine Spitzkuppe. Die Straße bog dahinter ab und verschwand dann weiter nördlich.
    Während sie den Ort inspizierte, betrachtete Jake sie. Das ging jetzt gut. Sie merkte es nicht.
    Sie war ein Mädchen – nein, eine Frau – und sicherlich ein Blickfang. Aber Jake Cutter sah sie nicht auf diese Weise. Es hatte einmal eine Frau in seinem Leben gegeben und nach ihr konnte es keine andere mehr
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