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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall
Autoren: Felicitas Mayall
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Situation schildern und Sie um Ihren Rat fragen. D’accordo?»
    «Meinetwegen.»
    Die Frau zog ihren Mantel aus, schaute sich zögernd um und legte ihn dann ebenfalls auf den Stuhl. Ihr schwarzer Pullover und die Jeans lagen sehr eng an ihrem Körper. Sie war zierlich, wirkte ohne Mantel plötzlich jünger, warf mit einer ungeduldigen Kopfbewegung die Welle zurück, die in ihre Stirn fiel. Noch immer setzte sie sich nicht, blieb stattdessen vor Lauras Schreibtisch stehen und stützte sich mit beiden Händen ab.
    «Ich befinde mich in einer sehr unangenehmen Situation, die Sie als Frau und immerhin halbe Italienerin», sie lachte bitter auf, «sicher verstehen werden. Ich bin verheiratet, habe zwei beinahe erwachsene Kinder, einen erfolgreichen und sehr beschäftigten Mann, bin selbst nicht mittellos. Also, um es kurz zu machen: Wir leben in komfortablen Verhältnissen.» Jetzt klopfte sie mit beiden Händen leicht auf Lauras Schreibtisch, dabei blieb die Handfläche liegen, sie hob nur die Finger an und ließ sie wieder fallen. Plötzlich erschien sie ganz abwesend.
    «Ja?» Laura beugte sich ein wenig vor.
    «Sie müssen Geduld mit mir haben, Commissaria. Es fällt mir unendlich schwer, darüber zu sprechen.» Wieder wandte sie sich zum Fenster und starrte hinaus. Verstohlen schaute Laura auf ihre Armbanduhr. Gleich halb elf. Mit einem kurzen Blick streifte sie den Aktenberg auf der linken Seite des Schreibtisches und war nun doch ganz froh über diese ungewöhnliche Unterbrechung ihres Bereitschaftsdienstes.
    «Ich habe einen Fehler gemacht, den ich nicht als solchen empfinde und der doch einer war.» Die helle Stimme der Frau klang bei diesem Satz rau, fast brüchig.
    Sie hat eine Affäre, dachte Laura und hörte jetzt aufmerksam zu. Gleich wird sie mir gestehen, dass sie eine Affäre hat.
    «Vor einem halben Jahr habe ich einen Mann kennengelernt. Wir haben uns ineinander verliebt. Er ist ebenfalls verheiratet, Engländer. Wir treffen uns nicht sehr oft. Er ist ja in einer ganz ähnlichen Situation wie ich. Deshalb haben wir München als Treffpunkt ausgesucht. Nicht England, nicht Italien, sondern München. Außerdem haben wir beide hier auch geschäftliche Verbindungen. Und es liegt weit genug weg von unserem täglichen Leben. Können Sie mir folgen?»
    «Ich kann Ihnen folgen.» Laura dachte an ihren Geliebten in Siena, Commissario Angelo Guerrini. Auch ihn traf sie am liebsten weit weg von ihrem Alltag, obwohl sie nicht wirklich etwas verbergen musste.
    «Wir haben wunderbare Tage miteinander verbracht. Manchmal auch nur ein paar Stunden, ehe er nach London zurückflog und ich nach Mailand. Ich fühlte mich ganz sicher. Aber ich war es nicht, wir waren es nicht.» Sie verstummte, wandte sich wieder zu Laura um und sah sie geradezu flehend an. «Irgendwer muss uns gefolgt sein, uns beschattet haben oder einen von uns erkannt haben. Vielleicht sogar ein Privatdetektiv oder einer von diesen verfluchten Paparazzi. Ich weiß es nicht!» Sie sprach jetzt schneller und schärfer. «Es fing vor zwei Monaten an. Jemand hat mir Fotos geschickt und Geld verlangt.» Sie presste die Handflächen gegeneinander und begann auf und ab zu gehen.
    «Kompromittierende Fotos?»
    «Ja.»
    «Haben Sie bezahlt?»
    «Ich habe bezahlt.»
    «Wie viel?»
    «Hunderttausend Euro.»
    «Und dann?»
    «Dann kamen neue Bilder, und sie verlangten noch mehr.»
    «Das läuft meistens so.»
    «Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wie diese Bilder entstehen konnten! Wir haben uns nie im selben Hotel getroffen. Diese Bilder müssen im Zimmer entstanden sein, im Hotelzimmer! Es macht mich völlig verrückt, wenn ich mir vorstelle, dass jemand bei uns im Zimmer war oder irgendwo eine geheime Kamera eingebaut hatte. Es ist so würdelos, so gemein!» Sie schlug mit der Faust auf Lauras Schreibtisch.
    «Weiß Ihr Freund von der Erpressung?»
    «Beim ersten Brief habe ich ihm nichts gesagt. Ich wollte nicht, dass er sich Sorgen macht … und ich hoffte, dass die Angelegenheit aus der Welt wäre.»
    «Und dann?»
    «Beim zweiten Brief habe ich es ihm erzählt. Ich musste ihn doch warnen. Er war entsetzt und verzweifelt. Für ihn bedeutete es, dass wir uns nicht mehr sehen durften.»
    «Und? Haben Sie sich nicht mehr getroffen?»
    Die Frau hob ihren Schal auf, legte ihn sich um die Schultern und ließ sich endlich auf einen der Stühle sinken.
    «Wir haben es nicht ausgehalten.» Sie starrte auf den Boden.
    «Wann haben Sie sich
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