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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten
Autoren: Magdalen Nabb
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(hauptsächlich alkoholischen) Getränken, die auf einem niedrigen Korbtisch neben Sir Christophers Sessel bereitstanden, sagte: »Ich wäre dankbar für ein Glas Wasser, falls es keine Umstände macht. Bei der Hitze…« Und selbst Wasser würde er tunlichst nur in kleinen Mengen trinken, um nicht ins Schwitzen zu geraten, nachdem er sich im Wagen des Capitanos so schön abgekühlt hatte.
    »Aber gern.«
    Der Maresciallo hatte erwartet, daß zum Servieren ein Diener, vielleicht ein Butler herbeischweben würde, aber Sir Christopher bediente ihn persönlich. Er gab reichlich Eis ins Glas, das der Maresciallo nicht wollte, aber auch nicht zurückweisen mochte. Er hätte es lieber halten sollen wie der Capitano, denn nun wußte er nicht, wohin mit seiner Mütze und mußte sie riskant auf einem Knie balancieren, während er an dem eiskalten Wasser nippte.
    »Sie sagten, ›diesmal‹ sei es glimpflich abgegangen. Darf ich daraus schließen, daß früher schon bei Ihnen eingebrochen wurde?« Nichts konnte den Capitano aus der Fassung bringen, und seine gebräunte Hand ruhte leicht und anmutig auf der perfekt ausbalancierten Mütze.
    »Einmal hat es uns leider sehr schlimm getroffen, aber das ist jetzt viele Jahre her. Und das Betrübliche damals war nicht so sehr der beträchtliche Wert der gestohlenen Kunstwerke aus der Sammlung meines Vaters, sondern der Umstand, daß ganz offenkundig ein Angehöriger des Hauses an dem Diebstahl beteiligt war. Jemand, der die Einbrecher hereinließ und ihnen die kostbaren Stücke zeigte. Es fanden sich nämlich keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens, und die beiden Hunde auf dem Gelände haben die Täter nicht verbellt.«
    Während der Capitano seine Fragen stellte, lauschte der Maresciallo dem Zirpen der Grillen und dem schwachen Plätschern der Fontäne in der Mitte des Seerosenteichs. Das eiskalte Glas schmerzte in seiner Hand, aber da der Tisch außerhalb seiner Reichweite stand, wußte er nicht, wie er es hätte loswerden können. Ob es umfallen würde, wenn er es auf die unebenen Steinplatten stellte, zwischen die blühenden Kriechpflanzen, die gleich heimtückischen Fallen aus dem Boden sprossen? Doch da bemerkte Sir Christopher seine Verlegenheit, beugte sich vor und sagte: »Erlauben Sie…«
    Wie der Maresciallo war auch er ein bißchen übergewichtig, und die blasse Hand, die sich nach dem Glas ausstreckte, hatte dicke Finger. »Wir sahen uns gezwungen, einen jungen Mann zu entlassen, den wir gerade erst eingestellt hatten und der beim Katalogisieren der Sammlung helfen sollte, die mein Vater nie auf den neuesten Stand gebracht hatte und die leider bis heute nicht vollständig erfaßt ist. Der junge Mann – sonst eine sehr gewissenhafte Kraft –, war der einzige außer meinem Kurator, der seit fast dreißig Jahren bei uns ist, und meinem besten Freund Renato, einem Kunstexperten, mit dem ich schon mein Leben lang zusammenarbeite, der die Diebe zu den wertvollen Bildern geführt haben kann.«
    »Sie hätten sich nicht auch ohne Hilfe die schönsten Stücke heraussuchen können?«
    »Ach, verehrter Capitano, wenn Sie das Obergeschoß dieses Hauses gesehen hätten, dann wüßten Sie, daß das ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Mein Vater war ein leidenschaftlicher Sammler. Er kaufte seine Kunstwerke nicht für dieses Haus, nein, die Villa diente ihm nur als Depot für seine Sammlung, von der er übrigens nie etwas veräußert hat. Dort oben hat er so etwas wie Aladins Schatzkammer eingerichtet. Bedingt durch die Katalogisierung, aber auch weil einzelne Stücke restauriert werden mußten, kamen manche Bilder an einen anderen Platz, Paare wurden getrennt und so weiter. Trotzdem machten die Diebe keinen Fehler, sondern trafen ihre Auswahl mit, wie ich leider zugestehen muß, bewundernswerter Sicherheit.«
    »Und vermutlich kam keins der gestohlenen Stücke je auf den Markt?«
    »Nein. Das war ein Auftragsraub. Passionierte Sammler kennen keine Skrupel. Sie lassen ihren Händler wissen, daß sie ein bestimmtes Kunstwerk suchen, und stellen keine Fragen, wenn das Gewünschte nach einer gewissen Zeit geliefert wird. Schade, daß wir den Jungen fortschicken mußten. Er hatte Geschmack, und man möchte den Nachwuchs doch fördern, nicht wahr? Jeremy ist auch in dem Alter zu mir gekommen, damals noch völlig ahnungslos. Und heute ist er ein ausgewiesener Experte.«
    »Sir Christopher…«
    Jeremy Porteous, der weiche Schönling, war zurück und schwenkte ein Blatt
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