Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtauge

Nachtauge

Titel: Nachtauge
Autoren: Titus Müller
Vom Netzwerk:
Abiturfeier im Dezember 1934 sagte er, es gebe auch anständige Juden. Er wurde degradiert und strafversetzt. Sein Musiklehrer Fiege, der sich geweigert hatte, das Horst-Wessel-Lied am Klavier zu begleiten, wurde entlassen.
    Als Dr. Wilhelm Hülsen, der Leiter des Gymnasiums Petrinum in Recklinghausen, statt einer von oben angeordneten Feier zur nationalsozialistischen Machtergreifung nur den Aufruf von Joseph Goebbels in den Klassen vorlas und beim Pausenklingeln das Lesen abbrach mit »Und so weiter, und so weiter, den Rest können Sie ja zu Hause lesen«, schrieb ein unbekannter Denunziant an die Schulaufsichtsbehörde in Münster: »Für solche stille und schleichende Sabotage ist das Konzentrationslager geschaffen worden.« Hülsen wurde vor einen Untersuchungsausschuss zitiert.

Rotationsbomben und das 617. Geschwader der Royal Air Force
    Bis heute führt das 617. Geschwader der Royal Air Force die zerstörte Möhnetalsperre im Wappen, mit der Umschrift »Nach mir die Sintflut«, und flog unter diesem Wappen in den Golfkrieg und den Irakkrieg.
    Kenneth Fraser ist meine Erfindung. Eigentlich war Flight Lieutenant Harold Martin der Pilot des entsprechenden Flugzeugs. Er überlebte den Krieg und starb 1988 mit 70 Jahren in London.
    Aus Hopgoods brennender Maschine sprangen drei Crewmitglieder hinter der Möhnetalsperre ab, zwei davon überlebten – nur, weil sie entgegen allen Regeln ihre Fallschirme schon im Flugzeug öffneten. Das brennende Flugzeug hatte nicht genug Höhe für einen regulären Absprung erreicht. Anthony Burcher, der Heckschütze, hielt die Seide des Fallschirms in den Händen, als er sprang. Der Bombenschütze, John Fraser, ließ den Fallschirm aus der Sprungluke heraushängen und sprang. Beide gerieten in deutsche Gefangenschaft. John Fraser wurde später Waldhüter in Kanada, Anthony Burcher lebte nach dem Krieg in Tasmanien.
    Guy Gibson starb im September 1944 auf dem Rückflug von einem Nachtangriff auf Rheydt/Mönchengladbach. Nahe Steenbergen in den Niederlanden hielt ein Kamerad seine Mosquito fälschlicherweise für eine deutsche Ju 88 und schoss ihn vom Himmel. Guy Gibson war damals 26 Jahre alt.
    Neue Waffenerfindungen waren in den letzten Kriegsjahren in aller Munde. Die Deutschen hofften auf die angekündigten Vergeltungswaffen, die das Schicksal wenden sollten. Die Briten fürchteten Hitlers Wut. Dabei hatten die Alliierten beim Einsatz neuer Waffen längst die Nase vorn: Der Granatwerfer »Hedgehog« war höchst erfolgreich gegen deutsche U-Boote. Die alliierten Flugzeuge waren schneller als die deutschen, die Neuentwicklung des Düsenjägers kam zu spät für das Großdeutsche Reich, um das Blatt noch zu wenden. Als am 3. März 1943 bei Bethnal Green Station zum ersten Mal das neue Luftabwehr-Raketensystem namens »Unrotated Projector« feuerte, waren die Londoner aber so erschrocken, dass sie es für eine Waffe der Deutschen hielten und in Panik in den Luftschutzbunker hinabdrängten. Im Gedränge kamen 173 Menschen um, viele von ihnen Frauen und Kinder.
    Die Technik der Rotationsbomben blieb lange geheim, obwohl Sowjets und Amerikaner sofort nach dem Erfolg der Talsperrenbombardierung offiziell bei ihrem Verbündeten, England, anfragten, um die neue Waffe ebenfalls zu bauen. Der Sowjetunion wurden die Informationen zwar zugesagt, aber nie geliefert, und den Amerikanern wurden technische Zeichnungen übermittelt, jedoch kein Prototyp.
    Da hatten es die Deutschen leichter. In der Nähe von Haldern war Robert Barlow mit seiner Lancaster gegen die Spitze eines Strommasts geflogen. Er erreichte die Talsperren nicht, die gesamte Crew starb. Da der Zeitzünder aber noch nicht aktiviert worden war, blieb die Rotationsbombe intakt.
    Die Deutschen begannen gleich nach der Zerstörung der Talsperren damit, die Wirkungsweise der Rollbombe zu untersuchen. In Berlin-Gatow, im Ballistischen Institut der Technischen Akademie der Luftwaffe, wurden dazu Experimente vorgenommen. Der deutsche Nachbau gelangte aber nie zur Serienreife.

Neben allgemeiner Sachliteratur waren für mich die folgenden Bücher besonders hilfreich zur Vertiefung in die Themen des Romans:
    Christopher Andrew: MI 5. Die wahre Geschichte des britischen Geheimdienstes, List 2011
    Bernhard Bahnschulte: Neheim, Heimatbund Neheim 1928
    Mechtild Brand: Verschleppt und entwurzelt. Zwangsarbeit zwischen Soest, Werl, Wickede und Möhnetal, Klartext 2010
    Helmuth Euler: Wasserkrieg, Motorbuch Verlag 2007
    Elke Fröhlich (Hrsg.):
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher