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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten
Autoren: Gisa Klönne
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öffnet den letzten Breezer, gibt Jana einen Schluck, trinkt dann selbst. Lars heißt der Mann, von dem niemand weiß. Einmal hatte Janaihn Bat von weitem gezeigt. Musiker sei er, Produzent, hatte sie geschwärmt und Bat schwören lassen, vorerst niemandem von ihm zu erzählen. Und plötzlich war Jana tot, und Bat konnte diesen Lars nicht mehr finden, sosehr sie auch suchte. Sie hatte sogar in Musikstudios rumgefragt, doch niemand schien einen Lars zu kennen, fast hatte sie schon zu glauben begonnen, dass es ihn gar nicht gab. Und dann stand er vor ein paar Tagen einfach an der Bar im Lunaclub und trank ein Bier. Es war voll und verraucht im Club und Bat war schon ziemlich betrunken, es dauerte ewig, bis sie die Bar erreichte, und als sie dort ankam, war Lars verschwunden. Aber sie hatte ihn gesehen, ganz ohne Zweifel, und jetzt wird sie erst recht nicht aufgeben. Sie wird ihn wieder finden, im Lunaclub oder woanders, bald, sehr bald. Sie wird ihn finden und dafür sorgen, dass Jana endlich Gerechtigkeit widerfährt. Bat hebt die Flasche und sieht dem Engel in die steinernen Augen.
    Â»Ich finde ihn. Ich finde ihn ganz bestimmt«, schwört sie. »Verlass dich auf mich.«
    * * *
    Das Blaulicht der Einsatzfahrzeuge zuckt über die Kirchenfassade, rechts leuchtet ein Scheinwerfer der Spurensicherung auf. Emsig wie Ameisen bewegen sich die Kriminaltechniker hinter der Polizeiabsperrung hin und her, einer stummen Choreographie gehorchend, die sich als bruchstückhaftes Schattenspiel auf der Fassade der Kirche wiederholt. Jenseits der Scheinwerfer liegt der Kirchenpark im Dunkeln und ist noch dazu durch eine übermannshohe Steinmauer vor Blicken von der Straße geschützt. Ein Ort der Ruhe, trotz seiner Innenstadtlage. Wie geschaffen für einen Mord.
    Â»Es gibt einen Zeugen!« Der frisch zum Oberkommissar beförderte Ralf Meuser hastet auf Manni zu.
    Â»Wo?« Manni sieht sich um.
    Â»Im Rettungswagen.«
    Â»Ist er verletzt?«
    Â»Wohl nicht lebensgefährlich.«
    Â»Kann er was sagen?«
    Â»Schon, aber …«
    Sie erreichen das Sanitäterfahrzeug und wedeln mit ihren Dienstausweisen. Der Zeuge, Erwin Bloch, ist ein rotnasiger Rentner mit Schnapsfahne und Matrosenmütze. Auf seine rechte Wange hat jemand einen Anker gemalt.
    Â»Ich bin Kriminaloberkommissar Korzilius.« Manni beugt sich zu ihm herunter. »Sie haben etwas gesehen?«
    Bloch glotzt ihn an, hat ganz offenbar Mühe, die Frage zu verstehen.
    Â»Der war plötzlich da«, brabbelt er.
    Â»Wer?«
    Â»Der Ritter.«
    Â»Der Ritter?«
    Â»Der hatte ein Schwert!«
    Â»Ein Ritter mit Schwert. Okay. Was ist dann passiert?«
    Â»Weiß nicht.« Bloch stöhnt. »Ich bin gefallen. Alles war schwarz. Mein Bein tut weh.«
    Â»Klär du die Details«, sagt Manni zu Meuser und sprintet los, auf die Kirche zu, den Protest des Kollegen ignorierend.
    Â»Ein Priester!« Die Kriminaltechnikerin Karin Munzinger bremst seinen Lauf und versorgt ihn mit Handschuhen und Schuhüberziehern. Manni streift sie über, das Latex spannt über seinen Knöcheln. Matrose, Ritter und nunauch noch ein Priester. Wahrscheinlich ist auch der nur ein Karnevalist. Manni folgt der Spurensicherin zum Seitenportal der Kirche, sieht aus den Augenwinkeln, wie sein eigener Schatten auf die Sandsteinfassade springt. Sankt Pantaleon ist eine der vielen romanischen Kirchen Kölns und wird von denen, die so etwas interessiert, bestimmt auch für irgendetwas gerühmt. Heiligenbilder, Schätze oder morsche Gebeine in goldenen Schreinen. Manni schickt einen schnellen Blick zu den Kirchtürmen hinauf. Vor ein paar Jahren wurde im angrenzenden öffentlichen Park eine junge Frau so brutal vergewaltigt, dass sie fast gestorben wäre. Den Täter haben sie nie gekriegt.
    Schattenkampf – Kata. Auf einmal muss er an diese Karatedisziplin denken, in der man gegen einen unsichtbaren Gegner kämpft. Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird es mit seinem Training in nächster Zeit wohl wieder einmal nichts werden. Er duckt sich unter dem Absperrband durch, konzentriert sich auf das Szenario vor ihm. Ein weiterer Scheinwerfer strahlt auf und taucht den Toten in gleißendes Licht. Er trägt eine schwarze Soutane und liegt auf dem Pflaster, direkt vor den Stufen des Seitenportals. Ein Mann um die fünfzig, grauhaarig, gepflegt. Seine weitaufgerissenen Augen blicken starr in den
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