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Nacht ist der Tag: Roman (German Edition)

Nacht ist der Tag: Roman (German Edition)

Titel: Nacht ist der Tag: Roman (German Edition)
Autoren: Peter Stamm
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seinen Körper gelblich leuchten, nur die Teile, die über Wasser waren, sahen grau aus. Das Wasser wirkte dickflüssig, ölig, es schwappte über ihren Bauch. Sie hoffte, dass es wieder dunkel würde, es war ihr, als entfernte Edo sich im Licht von ihr. Sie wollte ihn an sich ziehen, aber er machte sich los und stieg aus dem Wasser. Er zischte die beiden Kämpfenden an und löschte das Licht, aber er kam nicht zurück ins Becken.
    Eine Viertelstunde später verabschiedeten sie sich vor dem Personalhaus. Der Lehrling mit den langen Haaren knutschte mit dem dicken Mädchen. Die anderen würden bestimmt weitertrinken bis in die Morgenstunden.
    Ich muss nach Hause, sagte Gillian. Edo fragte nicht einmal, ob sie mit auf sein Zimmer kommen wolle. Er küsste sie, aber es war jetzt anders als vorher.
    Barfuß und mit nassen Haaren lief sie zurück. Am nächsten Tag war sie erkältet.

    Das ist schön, sagte Jill und bewegte sich weiter. Als sie gekommen war und die Augen öffnete, spürte sie, wie ihr eine Träne über die Wange lief. Hubert fragte, was mit ihr los sei. Nichts, sagte sie und lachte, ich bin glücklich.
    Sie lagen nebeneinander, als sie die Tür zur Garderobe hörten.
    Wer hat denn hier die Kostüme einfach auf den Boden geworfen, sagte eine Männerstimme.
    Jill zog die Bettdecke über ihre Köpfe und atemlos warteten sie, bis die Stimmen verstummten. Dann standen sie auf, schlichen in die Garderobe und zogen sich hastig an.
    Dass sie miteinander schliefen, änderte weniger an ihrem Zusammenleben, als Jill gedacht hatte, so als wären die Nächte eine andere Welt, in die sie sich gemeinsam begaben. Am nächsten Morgen hatte Jill nur eine traumhafte Erinnerung an die Nacht. Hubert wollte, wenn sie sich liebten, das Licht anlassen. Er ließ sie nicht aus den Augen, während sie sich auszog. Er strich mit den Händen über ihren Körper und ließ keine Stelle aus. Manchmal stand er noch einmal auf und betrachtete sie aus der Distanz oder bog ihr Knie und spreizte ihre Beine wie ein Arzt, der die Beweglichkeit eines Gelenks überprüft, bis sie ihn halb lachend, halb ärgerlich an den Haaren packte, ihn an sich zog und küsste. Seine Küsse waren spröde wie die eines Kindes, so als wäre er weit weg und unerreichbar. Er rückte sie zurecht oder drehte sie um wie einen Gegenstand. Manchmal musste sie ihn ermahnen, nicht so grob mit ihr umzugehen. Die schönsten Momente waren, wenn sie danach nebeneinander lagen und sich gedankenverloren berührten. Einmal fragte sie ihn, ob er sie denn damals, als er sie gemalt habe, nicht begehrenswert gefunden habe.
    Natürlich habe ich das, sagte er, vielleicht habe ich es deshalb nicht geschafft, dich zu malen.
    Und jetzt?, fragte sie.
    Weshalb sollte ich dich malen, sagte er, du bist ja hier.
    Einige Tage später fragte er sie, ob es sie stören würde, wenn Lukas in den Ferien heraufkommen würde. Jill wusste nicht, was sie sagen sollte, die Vorstellung machte sie nervös.
    Astrid bringt ihn her, sagte er.
    Weiß sie, dass es mich gibt?, fragte Jill.
    Ja, sagte er, aber nicht, dass wir uns von früher kennen.

    Hubert und Jill fuhren mit dem Auto zum Bahnhof, um den Jungen abzuholen.
    Du hast nicht gesagt, dass sie ihren Freund mitbringt, sagte Jill.
    Ich habe nichts davon gewusst, sagte Hubert ärgerlich und ging auf Astrid, Lukas und Rolf zu, um sie zu begrüßen.
    Während der Fahrt zurück schwiegen sie. Nur Astrid bemühte sich, Konversation zu machen. Sie sprach mit Hubert wie mit einem Kranken, lobte die Schönheit der Landschaft und das Wetter, als wären sie sein Verdienst. Ihren letzten Aufenthalt erwähnte sie nicht. Während Astrid sprach, neigte sie sich nach vorn. Rolf und Lukas alberten hinter Astrids Rücken herum. Jill parkte vor dem Haus.
    Komm, sagte Hubert zu Lukas, ich zeige dir dein Zimmer.
    Die beiden verschwanden in den oberen Stock. Astrid und Rolf folgten Jill.
    Wir können uns vor das Haus setzen.
    Astrid fragte, was Jill arbeite.
    Ich bin verantwortlich für die Gästeunterhaltung im Ferienclub neben dem Kulturzentrum, sagte Jill.
    Astrid fragte, was sie da genau zu tun habe, aber ihr Interesse schien nicht echt. Ich bin nie in so einem Club gewesen, sagte sie, was für Leute machen denn da Ferien?
    Rolf sagte, er habe mal als junger Mann Clubferien gemacht. Lauter Singles und jeden Abend Party. Eigentlich war das ziemlich witzig.
    Leute, die nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen, sagte Astrid.
    Für einen Moment hatte Jill Mitleid mit
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