Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
Augen starrten gebannt auf die in der Bewegung verschwommenen Hände über den Trommeln und die goldenen Röcke der sinnlichen Yemayas, alle Augen bis auf die des alten Mannes, der in einer zu großen Uniform in der ersten Reihe saß. Er ließ seinen Kopf ein wenig sinken, bis Arkadi erkannte, daß der Führer der Nation unter dem Schirm seiner Mütze auf die Uhr sah.
    »Er wußte es«, sagte Arkadi. »Er wußte von der Verschwörung.«
    »Viel besser«, erwiderte O’Brien. »Er hat sie selbst mitinitiiert. Das tut er alle paar Jahre, um die Unzufriedenen auszusortieren. Genau wie damals bei Isabels Vater. Der Commandante hat nicht deshalb so lange überlebt, weil er Verschwörungen gegen sich abwartet.«
    »Erasmo hat auch geholfen?«
    »Im Grunde seines Herzens ist Erasmo ein guter kubanischer Patriot.«
    »Sie haben sich um die Einzelheiten gekümmert?«
    »Mehr als nur die bloßen Einzelheiten.«
    »Und das ganze Gerede über den Havana Yacht Club?«

»Ist alles bis zu einem gewissen Punkt wahr. Tatsache ist, Arkadi, Revolutionen sind eine riskante Angelegenheit, man weiß nie, wie sie ausgehen. Ich persönlich wette lieber mit der Bank, wer immer die Bank ist. Das Fernglas, bitte.« Er nahm Arkadi den Feldstecher aus der Hand und ließ ihn in einen Plastikbeutel mit Reißverschluß fallen, den er in den Seesack packte, der angeblich Pribluda gehört hatte. »Es gibt nichts Komplizierteres als ein Attentat, vor allem ein Attentat, das scheitern soll. Man muß das Instrument der Zerstörung und den Auslöser in den eigenen Händen halten. Und man muß die Verschwörer in den Augen der Öffentlichkeit diskreditieren. Es sind hochangesehene Männer, militärische Helden. Um sie anzuschwärzen, ist es sehr hilfreich, wenn der Mann, der versucht, die eigentliche Explosion auszulösen, kein Kubaner, sondern, sagen wir, ein allgemein unbeliebter Zeitgenosse wie beispielsweise ein Russe ist. Ein toter Russe, um genau zu sein.«
    Arkadi wußte, daß Walls und O’Brien nicht bloß warteten, um ihm zu erklären, wie brillant sie waren. Es kam noch etwas. Luna klappte eine Bank im Steuerstand auf und nahm eine Harpune heraus. Er stemmte den Griff in die Hüfte, spannte die Bänder und schob einen Pfeil mit Widerhaken in den Lauf. Arkadi begriff, daß kein Patrouillenboot unterwegs war.
    »Warum sollte mich irgend jemand mit der Explosion in Verbindung bringen?«
    Walls hielt einen weiteren Plastikbeutel mit Reißverschluß hoch, in dem Arkadi die Fernbedienung eines Fernsehers erkannte. »Erinnern Sie sich noch an den Monitor, den Sie im Riviera für John eingeschaltet haben? Wir haben die Fernbedienung zu einem Funksender umgebaut, doch sie trägt nach wie vor Ihre Fingerabdrücke. Außerdem gibt es Leute, die die Puppe in Pribludas Wohnung gesehen haben, während Sie dort waren. Wir haben vielleicht Sergej verloren, aber wie John bereits sagte, Sie sind so intelligent, daß Sie noch viel besser passen.« O’Brien beantwortete sein Handy. Arkadi hatte es nicht klingeln hören. O’Brien verlieh seiner Befriedigung Ausdruck und klappte das Telefon zu.
    Luna fischte in Arkadis Manteltasche, bis er den Schnappschuß von Pribluda, Erasmo und Mongo gefunden hatte.
    »Scheiß auf Ihren Havana Yacht Club.« Er riß das Bild in kleine Stücke und warf sie ins Wasser. Mit einem Tritt beförderte er den Reifenschlauch von der Klampe hinterher. »Los, rein mit Ihnen.«
     
    Sie standen vor den geschnitzten Türen der alten Spielhalle. Ofelia bemerkte die Wähltöne der Tasten und das schwache Leuchten von Mostowois Handy. Der Anruf war binnen Sekunden erledigt.
    »Wen haben Sie angerufen?«
    »Freunde. Haben Sie je Modell gestanden?«
    »Was für Freunde?«
    »Bei der Botschaft. Ich habe Ihnen erklärt, daß ich jemandem helfe, was ich nun wirklich versuche. Das mit dem Modellstehen habe ich ernst gemeint.«
    »Modell für was?«
    »Für etwas ganz anderes.«
    Ihre Aufmerksamkeit war halb bei Mostowoi, der in der dunklen Halle auf sie einredete, halb bei dem blassen Streifen Strand. Auf der anderen Seite der Mauer spielte Musik. Eine Rumba für Yemaya.
    »Inwiefern ganz anders?«
    »Na, anders eben.«
    Sie konnte nicht erkennen, was sich in dem Raum befand, aber seine Ausmaße verstärkten alle Geräusche, und sie hörte Mostowoi auf eine unangenehme Art schlucken. Sie sah nur das ölige Auge seiner Kamera und redete vor allem mit ihm, um ihn in der Dunkelheit zu orten.
    »Was war früher in diesem Raum?«
    Er bewegte sich aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher