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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna
Autoren: Martin Cruz Smith
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Album beiseite und trat vor die Karte von Havanna. »Wo sind wir?«
    »Hier.« Sie zeigte auf einen Punkt, wo der Malecon sich ostwärts zum Castillo de San Salvador de la Punta hin wandte, die Mole endete und Havana Vieja und die Bucht begannen. Im Westen lagen Viertel, die Vedado und Miramar hießen, hier hatte Pribluda notiert: Russische Botschaft. »Warum fragen Sie?«
    »Ich weiß gern, wo ich bin.«
    »Sie reisen heute nacht ab. Es spielt keine Rolle, ob Sie wissen, wo Sie sind.«
    »Das stimmt.« Er registrierte, daß auf dem Netzschalter des Computers ein Fingerabdruck sichtbar gemacht und sichergestellt worden war. Saubere Arbeit. »Sind Sie hier fertig?«
    »Ja.«
    Er schaltete die Maschine und den Monitor an, und der Bildschirm pulsierte in erwartungsvollem, elektrischem Blau. Arkadi hielt sich nicht für einen Computerspezialisten, aber in Moskau gingen die Mörder mit der Zeit, so daß man als Ermittler in der Lage sein mußte, die elektronischen Dateien von Verdächtigen und Opfern zu öffnen. Russen liebten E-Mails, Windows und Spredsheets; Papierdokumente verbrannten sie auf der Stelle, doch belastende elektronische Informationen ließen sie intakt, mit einem kapriziösen Zugangscode verschlüsselt: der Name der ersten Freundin, einer Lieblingsschauspielerin oder eines Schoßhundes. Als Arkadi auf das Symbol für die Programme klickte, verlangte der Bildschirm ein Paßwort.
    »Kennen Sie es?« fragte Osorio.
    »Nein. Ein anständiger Spion sollte eine wahllose Zahlenfolge wählen. Da könnten wir ewig raten.«
    Arkadi durchkramte die Schreibtischschubladen. Sie enthielten ein Sortiment von Stiften, Briefmarken, Landkarten, Lupen, Brieföffnern, Bleistiften und versiegelbaren braunen Umschlägen für die Diplomatenpost. Kein in einer Streichholzschachtel verborgenes Paßwort.
    »Ein Telefon, aber kein Faxgerät?«
    »Die Leitungen dieses Amtes stammen noch von vor der Revolution. Zum Empfang oder Versenden von Faxen sind sie nicht störungsfrei genug.«
    »Die Telefonleitungen sind fünfzig Jahre alt?«
    »Dank des amerikanischen Embargos und der speziellen Periode -«
    »Für die die Russen verantwortlich sind, ich weiß.«
     
    »Ja.« Kommissarin Osorio schaltete den Computer ab und knallte die Schubladen zu. »Hören Sie auf. Sie sind nicht hier, um zu ermitteln. Sie sind nur hier, um zu bestätigen, daß die Wohnung gründlich auf Fingerabdrücke untersucht wurde.« Arkadi registrierte die Spur von Abdrücken auf Türpfosten und Schreibtischoberflächen, Aschenbecher und Telefon. Osorio bedeutete ihm, ihr weiter den Flur entlang zu einem Schlafzimmer zu folgen, in dem sich ein schmales Bett, ein Nachttisch mit Lampe, eine Kommode mit Kofferradio, ein Bücherschrank und an der Wand ein vergilbtes Porträt der verstorbenen Frau Pribluda befand. Daneben hing ein Foto des Sohnes in einer Schürze, der zu einer schwebenden Scheibe aus Pizzateig aufblickte. In der obersten Schublade lag ein leerer Bilderrahmen in Schnappschußgröße.
    »War da auch ein Bild drin?« fragte Arkadi.
    Die Kommissarin zuckte die Schultern. Der Lesestoff im Schlafzimmer bestand aus Spanisch-Russisch-Wörterbüchern, Reiseführern, Ausgaben von Roter Stern, Prawda und einer russischen Sportzeitung, was das Interessenspektrum eines gesunden, ungewendeten Kommunisten recht gut widerspiegelte. Auf der Kommode stand nichts, doch auch sie war auf Fingerabdrücke untersucht worden. Im Kleiderschrank befanden sich Kleider, ein Bügelbrett und ein Bügeleisen, das ebenfalls auf Fingerabdrücke geprüft worden war. Auf dem Boden des Schranks standen ordentlich aufgereiht ein Paar Gummisandalen, ein Paar Arbeitsschuhe und ein schmaler leerer Koffer. Arkadi blieb einen Moment stehen, als er das Getrommel aus der Wohnung unter ihnen hörte, tektonische Resonanz mit einem Latinobeat.
    Osorio öffnete die Tür am Ende des Flurs, die in ein Bad mit rissigen, aber makellos sauberen Fliesen führte. An der Duschstange hingen ein Stück Seife und eine Bürste an einer Kordel. An der Ecke des Medizinschränkchens prangte ein Fingerabdruck, ein weiterer lugte unter dem Spülungshebel der Toilette hervor.
    »Sie haben wirklich nichts vergessen«, erklärte er ihr. »Aber ich frage mich, wozu Sie sich die Mühe gemacht haben.«
    »Erkennen Sie an, daß das Pribludas Wohnung ist?«
    »Es scheint so zu sein.«
    »Und daß die Fingerabdrücke, die wir gefunden haben, Pribludas sind?«
    »Wir haben sie noch nicht wirklich überprüft, aber nehmen wir
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