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Nacht der Zaubertiere

Nacht der Zaubertiere

Titel: Nacht der Zaubertiere
Autoren: Dean R. Koontz
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war selbst Rex unheimlich, und deshalb schaute er rasch fort. »Du kommst auch mit uns.« Er deutete auf den Schratz in der Kiste. Diese Kiste war rot und besaß Räder, die mit blanken, rasiermesserscharfen Rändern ausgestattet waren. Sein Körper glich einer Ziehharmonika, die durch eine Sprungfeder aus der Kiste schoß und einen schrill bemalten Clownskopf trug, vor dem man sich zu Tode erschrecken konnte: der Mund war groß und rot, und die Zähne schimmerten gelb. Die Pupille des rechten Auges war klein und grün und die des linken groß und blutrot. Er trug die weiße Halskrause eines Clowns und eine schwarze Melone, die viel zu klein für ihn war, aber beides wirkte an ihm nicht im geringsten komisch. Er konnte sich mit zwei höchst gelenkigen Armen vorwärtsstoßen, die in vierfingrigen Händen in weißen Handschuhen endeten.
    Der Schratz in der Kiste rollte mit rasselnden Rädern über die Pflastersteine und schaute bewundernd zu Rex empor. Er kicherte und stieß mit flüsternder Stimme hervor: »Ich werd’ mir eins von diesen süßen kleinen Kuscheltieren schnappen, und dann zieh’ ich es in meine Kiste und klapp’ den Deckel zu, und dann kannst du’s von der Liste streichen.«
    Der Schratz wirkte vollkommen wahnsinnig. Er kicherte abermals.
    Rex’ letzte Wahl fiel auf die Stecherin, die Hornisse. Dieses Geschöpf bestand aus Holz mit eingehängten Metallflügeln und vier mit Gelenken versehenen hölzernen Beinen. Um den gelben Insektenleib liefen schwarze Streifen. Der Kopf war ebenfalls gelb mit großen roten Augen, und die Gesichtszüge glichen weniger einem Insekt als vielmehr einem Menschen. Wenn sich die Stecherin von einem Kind in der Hand halten und durch die Luft schwenken ließ, begannen die Flügel zu schlagen. Sie konnte auch mit Hilfe eines Loches im Panzer, durch das der Wind pfiff, ein Summen zustande bringen, weil die austretende Luft zwei geräuschvolle Propeller antrieb. Die Stecherin hatte ebenfalls zwei rote Räder, so daß sie über den Boden gerollt werden konnte.
    Rex hatte die Stecherin ausgewählt, weil sie kraft der Macht des Bösen tatsächlich fliegen konnte. Sie würde bei der Suche nach den Zaubertieren den anderen vorausfliegen und dann, wenn sie den Feind erspäht hatte, zu Rex zurückkehren können und Bericht erstatten. Schließlich war die Stecherin ein beachtlicher Kämpfer. Ihr Hinterleib endete in einer Waffe, die ihr den Namen gegeben hatte: ein gebogener Stachel, der nicht sonderlich beeindruk- kend wirkte, bis er beim Angriff aus dem Hinterleib ausgefahren wurde und dreimal so lang und sehr viel spitzer war, als man gedacht hatte.
    Als die Stecherin hörte, wie Rex ihren Namen nannte, kam sie aus einem dunklen Winkel des Gewölbes angeschwirrt. Sie brummte über die Köpfe der anderen Spielsachen hinweg. Sie grinste. Ihre roten Augen funkelten.
    »Gegen uns haben sie keine Chance«, sagte Rex, und ein dumpfes Murmeln der Zustimmung lief durchs Gewölbe.
     
     
    Nachdem er wieder auf die Werkbank geklettert war, mühte sich Amos mit dem Griff des Kellerfensters ab und zog dann die beiden Scheiben nach innen. Ein kalter Windstoß fuhr in die Spielzeugfabrik.
    Draußen fiel rasch die Nacht ein. Der purpurfarbene Himmel im Westen verdunkelte sich. Die kahlen Zweige tanzten im Sturm, und das vergilbte Gras warf Wellen wie die braune Oberfläche eines Moortümpels.
    Amos’ Begleiter hatten sich hinter ihm auf der Bank versammelt: Einstein, der Elefant, Karamel, das Hundemädchen, der Gestiefelte Kater, der Alte und Hupf, das Karnickel. Sie hatten sich von den anderen Zaubertieren verabschiedet, von den Pinguinen, dem heiseren Frosch, den Katzen und Hunden und Affen, die daheimbleiben und die Werkstatt verteidigen wollten, falls es die bösen Spielsachen wagen würden, aus ihren finsteren Schlupflöchern unter dem alten Gebäude herauszukriechen.
    Der winterwelke Rasen lag nur ein paar Fuß unterhalb des Fensters, und Amos drängte Einstein, rasch hinauszuspringen. Der Elefant blieb jedoch auf dem Fensterbrett stehen und zögerte. Der Wind fuhr ihm unter die großen Ohren und ließ sie emporflattern und wieder fallen und emporflattern und fallen.
    »Wir Elefanten sind dazu gemacht, über die Steppe zu herrschen«, sagte er zu Amos, »zum Springen sind wir nicht geschaffen.«
    »Und wir Bären«, antwortete Amos, »sind dazu geschaffen, Honig zu fressen und Fische mit den Pfoten zu fangen und in Höhlen Winterschlaf zu halten, aber wenn es darum geht, den Auftrag von
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