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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire
Autoren: Raymond Giles
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belohnte ihn. Eine zweite Fledermaus landete auf seinem Rücken. Er riß sie los und stampfte sie in den Boden. Er hätte nie gedacht, daß er noch über solche Kräfte verfügte. Es war wohl die Kraft, die Wahnsinnige beflügelt. Er duckte sich zum Feuer, riß einen brennenden Klotz an sich und schleuderte ihn einer angreifenden Fledermaus in die Fratze.
    Aber immer neue Vampire stürzten sich auf ihn. Er mochte den einen oder anderen verletzen, aber für jeden ausfallenden Vampir tauchten dreizehn neue auf. Überraschung und Angst spornten sie zu immer grimmigeren Angriffen an. Langsam verglommen die Feuer, und die Dunkelheit senkte sich auf die Lichtung. Duffy fühlte seine Kräfte erlahmen. In wenigen Minuten oder auch nur Sekunden würde er dasselbe Schicksal erleiden wie Ward und Jeanne Douglas.
    Doch dann trat der Mond hinter einer Wolke hervor.
    Vielleicht träumte sie.
    Sie hatte auf dem Boden gelegen, sämtliche uralten Beschwörungsformeln verzweifelt herausgebrüllt und angestrengt versucht, sich an weitere Zaubersprüche zu erinnern. Im Mantel der Nacht hatte sie ihre geistigen Kräfte aufs äußerste angespannt, um die richtigen Worte zu finden und die Willenskraft aufzubringen, die ihre Wunschträume verwirklichen sollte. Zum erstenmal seit ihrer Kindheit wünschte sie sich ehrlich, zum Wolf zu werden, statt sich davor zu fürchten. In ihrem ganzen Leben hatte sie nichts inbrünstiger herbeigesehnt.
    Aber nichts hatte geholfen.
    Jetzt aber ergoß sich das Mondlicht wie Wasser in ihre Augen. Ihre Sehnsucht verwandelte sich in ekstatische Freude, in wildes Frohlocken. Falls sie nicht träumte, war sie jetzt vielleicht wirklich wahnsinnig geworden.
    Sie überließ sich ganz ihren Empfindungen. Ihr war, als schwebte sie. Sie reckte und dehnte sich, wälzte sich auf der Erde und schlug um sich. Ihre Arme und Beine, der ganze Körper spannte sich sehnig und kraftvoll, und sie betrachtete die Nacht mit neuen Augen. Das heißt, ganz neu war dieser Eindruck nicht — schon früher hatte sie die Welt auf diese Art gesehen.
    Das Gefühl des Schwebens legte sich. Sie fühlte wieder festen Boden unter sich. Ihr Körper dehnte sich, spannte die Muskeln und dehnte sich erneut —
    Und dann lief sie.
    Sie lief aus reiner Freude an der Bewegung. Trotz des Mondscheins war es im Wald finster. Ihren Augen aber genügte schon der leiseste Lichtschimmer, und sie lief dahin wie ein grauer Blitz. Wie ein Geist, eine Spukgestalt, ein körperloser Schatten huschte sie durch den Wald.
    Der Werwolf von Sanscoeur hatte heimgefunden.
    Endlich verringerte sie ihr Tempo. Ihre Seligkeit war unbeschreiblich. Ihr fiel ein, daß es in der Nähe einen Bach gab. Dorthin trottete sie. Ein Backenhörnchen brachte sich mit einem Satz in Sicherheit. Sie beachtete das kleine Tier nicht. Vorläufig war sie noch nicht jagdhungrig. Außerdem sparte sie sich für eine größere Beute auf.
    Schlürfend trank sie aus dem klaren Wasser. Dann trabte sie zu einer Bodenerhebung, zu der jeder Lufthauch oft verlockende Gerüche getragen hatte. Hier hob sie witternd die Nase. Ja, die Luft roch nach warmem Blut. Heute nacht würde etwas sterben. Sie schnupperte nochmals und —
    Ihr Nackenhaar sträubte sich.
    Das Blut stockte in ihren Adern.
    Jetzt erinnerte sie sich wieder. Die leise Witterung hatte ihrem Gedächtnis nachgeholfen. Sie erinnerte sich an die verhaßten fliegenden Wesen, an die drei Feuer, an die Hexe im Purpurmantel.
    Sie erinnerte sich an die drei Menschen, die sterben sollten.  Duffy . . .
    Erneut fiel sie in Trab. Sie folgte dem Verwesungsgestank. Mit jedem Atemzug wuchs ihre Wut. Die blanke Mordlust durchflutete sie. Wenn es nur noch nicht zu spät war . . .
    Zwischen den Bäumen schimmerte es rötlich wie Feuer. Der Gestank wurde übermächtig, und ein tiefes Knurren löste sich aus ihrer Kehle.
    Näher, immer näher. In wenigen Sekunden mußte sie ihr Ziel erreicht haben, aber schon würgte sie die Angst, sie könnte zu spät kommen. Trotzdem war sie bereit, diesen Kampf auszutragen, und wenn es der letzte ihres Lebens sein sollte.
    Vor ihr breitete sich die Lichtung aus. Sie war da.
    Die letzte Glut der Feuerstellen verbreitete kaum noch Licht. Trotzdem sah sie ausgezeichnet. Die Luft war voll von den riesigen Vampiren, die kreisten, angriffen, sich zurückzogen und vor Wut schrien und schnatterten. Etliche von ihnen lagen tot oder verwundet auf dem Boden. Und in ihrer Mitte, zerschunden, blutverschmiert und kaum noch fähig, sich
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