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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire
Autoren: Raymond Giles
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bin. Aber keine Überraschung hätte mir köstlicher oder willkommener sein können —«
    »Laß sie aus dem Spiel! Sie hat dir nichts getan —«
    »Aber wir  können  nicht auf sie verzichten! Schon jetzt glauben die Leute, daß sie Bonnie und Zachary getötet hat, und in wenigen Stunden werden sie überzeugt sein, daß sie auch Ward, Jeanne und dich ermordet hat! Alle werden annehmen, daß sie über ihren eigenen Mann hergefallen ist!« Lily neigte sich über ihn. Ihre grünen Augen funkelten. Ihre Brüste wippten erregt. »Du sollst wissen, was mit ihr geschieht, Duffy! Ich verspreche dir, daß du von einem besonders guten Platz in der Hölle alles mit ansehen wirst!
    Seit einer Woche haben meine Getreuen und ich die ganze Bevölkerung systematisch zur Massenhysterie aufgeputscht. Morgen, wenn man eure Leichen findet, werden die Leute zur Selbstjustiz greifen, Duffy! Stückweise werden sie sie zerreißen! Sie werden ihr silberne Nadeln in den Leib bohren! Sie werden sie unter tausend Qualen sterben lassen —«
    Wie Duffy es schaffte, wußte er nicht, aber plötzlich hatte er sich aufgesetzt, und die Hexe glitt zu Boden. Dann war er auf den Beinen. Zwei vermummte Gestalten, Talbot Grennis und ein anderer, warfen sich auf ihn. Er schüttelte sie ab. Er hörte Lily Bains’ grölendes Gelächter, sah sie auf der Erde liegen und wollte zu ihr laufen; aber der Klotz an seinen Beinen brachte ihn zu Fall.
    Lily Bains sprang auf. Ihr Mantel blähte sich, und das Licht der Flamme zuckte über ihren Körper. »Auf die Lichtung mit ihnen!« schrie sie. »Ihre Stunde ist gekommen!«
     
    Wie lange Roxanne von Angst gelähmt auf dem Fußboden gelegen hatte, wußte sie nicht. Der gräßliche Geruch verflüchtigte sich plötzlich. Sie hob den Kopf. Waren Stunden verstrichen? Oder nur wenige Minuten? Sie konnte es nicht sagen.
    »Duffy!« weinte sie leise vor sich hin. Sie brachte es nicht über sich, seinen Namen laut zu rufen. Aber die Antwort blieb aus.
    Endlich erhob sie sich. Der beklemmende Gestank hing immer noch in der Luft, aber sie spürte, daß der Spuk vor dem Haus gewichen war. Vielleicht hatte Duffy ihn vertrieben. Jetzt kam er bestimmt bald wieder.
    Sie drückte das Ohr an die Hintertür und horchte. Nichts. Sie lauschte beim Vordereingang. Dann ging sie von Fenster zu Fenster und lauschte angestrengt nach einem Geräusch, das ihr verriet, ob Duffy draußen war und ob ihm nichts fehlte. Aber die Stille blieb ungebrochen.
    Vielleicht war Duffy verletzt und brauchte sie.
    Sie zwang sich, an nichts zu denken, sondern zu handeln. Als erstes löschte sie alle Laternen bis auf eine aus. Diese eine Laterne trug sie zur Hintertür, stellte sie dort auf den Boden und löschte sie ebenfalls aus. Nun herrschte im Haus absolute Finsternis.
    Dann sperrte sie die Tür auf. Sie brauchte mehrere Minuten, um die Tür Zentimeter um Zentimeter zu öffnen. Ihr Herz klopfte so laut, daß sie glaubte, man müßte es hören. Unendlich vorsichtig drückte sie sich durch den Türspalt hinaus in die Nacht. Dann schloß sie die Tür hinter sich.
    Duffy war nirgends zu sehen. Sie spähte in den unbeleuchteten Wagen, dann ging sie rund um das Haus. Bei jedem Schritt hatte sie das Gefühl, im nächsten Augenblick könnte sich irgend etwas auf sie stürzen, nach ihr fassen und sie an sich reißen. Der Gedanke schoß ihr durch den Kopf, daß sie vielleicht genau dieses Gefühl haben sollte. Vielleicht wollte jemand, daß sie sich ängstlich im Haus verkroch, während Duffy ...
    Ihr einziger Anhaltspunkt war der Geruch. In der pechschwarzen Nacht hätte sie nichts sehen können, selbst wenn es etwas zu sehen gegeben hätte. Aber ihre ausnehmend feine Nase war ihr geblieben. Sie hob den Kopf. Ihre Nüstern blähten sich, als sie den beklemmenden Hauch einatmete. Sie folgte ihm über den Rasen nach. Er führte sie zum See und von dort nach Westen. Manchmal wurde er schwächer, dann wieder stärker. Entschlossen folgte sie ihm. Ihr blieb keine andere Wahl.
    Sie beschleunigte ihre Schritte und steuerte den Wald am westlichen Seeufer an. Kaum hatte sie den Wald betreten, begann sie zu laufen, ohne sich dessen bewußt zu sein. Ungeachtet der Dunkelheit hetzte sie mit halbgeschlossenen Augen dahin. Sie spürte nicht, wie die Zweige nach ihr schlugen, sondern konzentrierte sich fest auf die Spur, der sie folgte.
    Bald bemerkte sie, daß sie nicht nur eine Fährte verfolgte, sondern mehrere. Manche davon waren frisch, andere alt. Jedenfalls waren die
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