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Nacht der gefangenen Träume

Nacht der gefangenen Träume

Titel: Nacht der gefangenen Träume
Autoren: A Michaelis
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noch Schokoladen- noch Erdbeerpudding.
    Und dann rannte ihnen über das braune Gras eine kleine Gestalt mit wehendem Schal entgegen. Es war die alte Dame aus dem zweiten Stock.
    Sie winkte schon von Weitem, und als sie bei ihnen ankam, zitterten ihre Schnurrhaare vor Aufregung. »Er … kommt … bald«, keuchte sie. »Bruhns … ich … bin Lisa und Kahlhorst nachgegangen … war neugierig … das Abrisshaus … sie denken, ihr wärt tot … und da habe ich gehört, wie Bruhns … ich kann das jetzt so schnell nicht erklären … aber ihr müsst euch beeilen.«
    »Moment«, sagte Frederic. »Haben Sie sich entschieden, doch ein guter Traum zu sein?«
    Sie wirkte etwas leichter als sonst.
    »Beeilt euch!«, keuchte sie und kringelte die Enden ihrer Schnurrhaare einwärts vor Nervosität. »Noch ist er … in St. … St. Dingsda … St. Reisesack?«
    »Sie wussten also doch, wie man herkommt?«, fragte Änna. »Lisa hat gesagt, Sie wüssten es nicht.«
    Die alte Dame sah in den Himmel. »Sieht nach Regen aus«, bemerkte sie beiläufig. »Kann man eigentlich die Kerne in der Paprika mitessen?«
    Vermutlich lenkte sie nur vom Thema ab. Alte Damen, die ein schlechtes Gewissen haben, tun das bisweilen. Aber es war nicht notwendig, vom Thema abzulenken. Denn jetzt ging es nicht darum, wer den Weg nach wohin gewusst hatte. Jetzt ging es darum, schnell genug nach St. Isaac zu kommen.
    Diesmal nahmen sie keinen Bus und kein Fahrrad. Und auch nicht Lisas Auto. Sie nahmen einen Traum vom Fliegen. Auf seinen breiten Schwingen war genug Platz für alle.

13. Kapitel
    Ich bin es …
    »He!«, sagt Frederic. »Das war aber doch gar nicht das Ende! Und wieso schreibst du dauernd was übers Küssen? Als wäre das so wichtig. Überhaupt ist es privat.«
    »Okay, okay«, sage ich schnell. »Ich habe gar nicht behauptet, das wäre das Ende! Es kommt natürlich noch was! Von Bruhns und allem!«
    »Na dann«, sagt Frederic und lehnt sich im Sessel zurück. »Wenn du das noch aufschreibst, dann ist es ja gut.«
    »Klar ist es gut«, sage ich. »Es soll doch ein gutes Buch sein, oder? Wir müssen jetzt also noch mal nach St. Isaac.«
    »Moment!« Er beugt sich vor, seine Stimme jetzt ein Flüstern. »Geht es gut aus?«
    »Das fragst du mich? Du hast es doch erlebt!«
    »Ja, aber manchmal bin ich mir nicht sicher … es ist so lange her, weißt du.«
    »Du kannst mir nicht erzählen, dass du das wirklich vergessen hast. Du willst dich bloß nicht erinnern.«
    »Ja, vielleicht …«, sagt er leise.
    Ich lächle. »Dann musst du wohl warten, bis ich zu Ende erzählt habe.«
    Bruhns ließ Kahlhorst und seinen Bauch hinter sich und ging auf die Tür des Rektorats zu. Aber vor dieser Tür stand jetzt jemand.
    Es war eine junge Frau mit zerzaustem rotem Haar – eben hatte sie noch an der Treppe gestanden. Was wollte sie hier? Wieso versperrte sie ihm den Weg? Er wollte sie mit einer Handbewegung beiseitescheuchen, doch da fragte sie etwas, das seine Hand mitten in der Luft innehalten ließ.
    Sie fragte: »War Hendrik Lachmann auch in dem Abrisshaus?«
    »Ich wünschte, er wäre es gewesen«, knurrte Bruhns, kaum hörbar.
    »Wie bitte?«
    »Ich weiß nicht, wo ein Hendrik Sowieso ist«, antwortete er jetzt lauter. »Wer ist das?«
    »Sie wissen es sehr gut«, zischte die Frau mit dem wilden Rothaar. »Er ist Frederics Vater. Und ich wette, Sie können mir sagen, wo er ist.«
    »Ich weiß es nicht. Würden Sie mich jetzt bitte durch diese Tür lassen?«
    »Ich sehe nicht ein, wieso.«
    »Weil es die Tür zu meinem Büro in meiner Schule ist«, erwiderte Bruhns und seufzte. Und weil meine gesammelten Pakete Schwindtex dahinter auf mich warten, damit ich endlich meine Fabrikhalle in die Luft jagen kann, dachte er. Aber das sagte er nicht. Er schob die junge Frau beiseite, trat durch die Tür und schloss sie hinter sich ab. Verdammt, würde sie jetzt davor lauern, bis er herauskäme? Er musste doch noch die Pakete ins Auto packen. Wütend sah er durchs Schlüsselloch. Dort stand sie, mit verschränkten Armen.
    Er zählte bis hundert und sah noch einmal durchs Schlüsselloch. Sie stand unverändert. Neben ihr hatte Kahlhorst Stellung bezogen. War Kahlhorst völlig übergeschnappt?
    Ein zweites Mal: Eins, zwei, drei, vier, fünf … neunundneunzig, hundert. Ein weiterer Blick durchs Schlüsselloch. Puh. Sie waren weg.
    Aber – was kam da die Treppe herauf????
    Was, dachte Lisa, kam da die Treppe herauf?
    Es war dunkel und groß. Es
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