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Nacht Der Begierde

Nacht Der Begierde

Titel: Nacht Der Begierde
Autoren: Charlene Teglia
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Wohnungstür im zweiten Stock stand. Als ich sie hinter mir zugezogen und abgeschlossen hatte, ging es mir ein bisschen besser. Es konnte einer Frau schon ganz schön an die Nerven gehen, plötzlich auf einem Parkplatz überrumpelt zu werden.
    Ich warf die Post auf den Küchentresen, schlang rasch mein Abendessen in mich hinein, um meinen in letzter Zeit auffälligen Heißhunger zu stillen, und fütterte dann meine Goldfische, Ernie und Bert. Zusammen mit dem Aquarium, in dem sie lebten, hatte ich die beiden in der Woche gekauft, bevor ich meinen jetzigen Job angetreten hatte.
    In einem Feng-Shui-Buch hatte ich gelesen, dass Goldfische in der Wohlstandsecke einer Wohnung vor finanziellen Problemen bewahren können. Jetzt fragte ich mich, ob es wohl auch ein Feng-Shui-Rezept gab, um herauszufinden, ob ein Arbeitsplatz in der umkämpften Zone zweier rivalisierender Banden liegt.
    Ernie und Bert kamen mit geöffneten Mäulern an die Oberfläche und erwarteten ihr Abendessen. Ich streute eine Prise Fischfutter auf die Wasseroberfläche und sah zu, wie sie daran zupften.
    «Ich habe heute ein paar neue Leute kennengelernt», erzählte ich ihnen und dachte dabei an Rhonda, Miguel und Wilson. Und Zach. Nicht zu vergessen Zach. Zach, der so heftig mit mir geflirtet hatte, dass die Haarwurzeln in meinem Nacken begonnen hatten zu prickeln, der drei Angreifer in die Flucht geschlagen hatte, von denen mindestens einer bewaffnet war, und der mir gesagt hatte, ich solle ihn erwarten.
    Ich erwartete ihn quasi jeden Moment. Er hatte ja zugegeben, mich beobachtet zu haben, und angekündigt, dass er, sofern ich nicht binnen drei Tagen bei ihm auftauchen würde, käme, um mich zu holen. Er hatte durchblicken lassen, dass er etwas über mich und meine leibliche Familie wüsste. Er war der Erste, der mir nach einer Reihe von vergeblichen Versuchen dabei helfen konnte, die richtige Spur zu finden, und er hatte mich neugierig genug gemacht, um ihm wiederzubegegnen.
    «Ich glaube, einer von ihnen wollte was von mir», fügte ich hinzu, obwohl Bert gar nicht danach gefragt hatte. «Er war ziemlich aufdringlich.» Wer erzählt schon, dass er einen beobachtet hat, und küsst einem dabei die Hand?
    Ich sah mich in der Wohnung um. Sie war modern und schlicht eingerichtet. Hellgrauer Teppichboden, beigefarbene Wände, weiße Jalousien hingen vor den Fenstern und der gläsernen Schiebetür, die auf einen winzigen Balkon führte. Ich steckte immer einen Keil zwischen die beiden Scheiben, damit man sie nicht von außen öffnen konnte, falls mal jemand in den zweiten Stock geklettert käme. Was nicht sehr wahrscheinlich war. Aber die Begegnung mit meinen neuen Freunden hatte mich zumindest so weit verunsichert, dass ich ausprobierte, ob die Tür wirklich sicher verschlossen war.
    Mit Ausnahme der Goldfische hatte ich nicht viel unternommen, um die neutrale Ausstattung etwas persönlicher wirken zu lassen. Im Wohnzimmer hatte ich eineFutonliege stehen, die mir als Bett und Sofa doppelte Dienste erwies, ein Bücherregal mit meiner DV D-Samm lung und einen kleinen Fernseher.
    Aus irgendeinem Grund nervte es mich heute, wie meine Wohnung aussah. Ich runzelte die Stirn und schaute genauer hin, um festzustellen, ob sich vielleicht irgendwas verändert hatte. Aber wenn das so war, konnte ich es trotzdem nicht entdecken.
    Vielleicht betrachtete ich meine Behausung gerade auch nur mit den Augen eines Fremden, und es gefiel mir nicht, was sie über mich verriet. Farblos und zweckmäßig wirkte sie, unpersönlich, eher wie ein Wartezimmer und nicht wie ein echtes Zuhause.
    Natürlich war es auch so etwas wie ein Wartezimmer. Ich hatte meinen Collegeabschluss ein Jahr früher als üblich machen können, und nun verschickte ich Bewerbungen, um eine richtige Anstellung zu finden. Bislang hatte ich zwei Angebote bekommen, für die ich in beiden Fällen an die Westküste ziehen müsste. Das klang zwar ganz interessant, aber eigentlich wollte ich Virginia nicht verlassen.
    Fairfax County lag nicht nur in unmittelbarer Nähe von Bergen und Strand, sondern war gleichzeitig Sitz von immerhin sechs Fortune-50 0-Unternehmen . Diese Kombination aus Karrierechancen und Freizeitangebot war so leicht nicht zu überbieten. Vor allem aber hoffte ich dadurch, dass ich in meiner Heimat blieb, eines Tages herauszufinden, wer meine leiblichen Eltern waren. Oder zumindest Antworten auf einige meiner Fragen zu bekommen.
    Wenn ich aber so sicher war, hierbleiben zu wollen, warum
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