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Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum
Autoren: Frank Schätzing
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saturnartiger Ring aus Schutt um den Planeten. Dann stürzen die meisten der Brocken zurück auf die junge Erde, vereinen sich mit ihr und fügen der neuen Welt Masse hinzu. Andere ballen sich im Schwerefeld zusammen und bilden fortan die Interessengemeinschaft Mond. So sind wir an unseren Trabanten gekommen. Durch Krawall im All.
    Was das Ende hätte werden können, wird zu einem Anfang.
    Nach der Karambolage mit Theia stabilisiert sich unser Planet, größer und mächtiger denn je. Allerdings müssen weitere 500 Millionen Jahre verstreichen, bis der Glutball, den wir heute so komfortabel bewohnen, eine halbwegs stabile Kruste gebildet hat. Ein unablässiges Bombardement kosmischer Projektile verhindert jeden Zusammenschluss organischer Moleküle, beschert der Erde dafür aber ihren inneren Aufbau. Elemente verschiedenen Gewichts gelangen mit Asteroiden und Meteoriten auf die Oberfläche, das schwere Eisen sammelt sich, der Masseanziehung folgend, im Erdkern, leichtere Materie formt sich zu Schichten, die den Kern ummanteln. Gewaltige Mengen Gas bahnen sich ihren Weg aus dem feurigen Brei nach draußen, Kohlendioxid, Stickstoff, Ammoniak, Methan, hauptsächlich aber Wasserdampf.
    Aus den Tiefen des Weltraums kommt neues Wasser.
    Es entstammt den äußeren Schichten, wo eine sphärische Wolke aus Materieteilchen, Körnchen und Brocken das gesamte Sonnensystem wie eine Schale umgibt. Während im inneren Ring der Konkurrenzkampf tobte, haben sich auch dort, fern von der Sonnenwärme, Planeten gebildet. Große Trümmer sind von ihrem Bau übrig geblieben, die zu gleichen Teilen aus Felsen und Eis bestehen: Kometen. Nun rasen sie heran und ersetzen das beim Zusammenprall mit Theia verloren gegangene Wasser. Die Dampfhülle verdichtet sich aufs Neue, bis sie wie eine Decke über dem Planeten liegt. Je dichter die Decke wird, desto weniger kann die Hitze der ständigen Explosionen entweichen. Der Planet kocht in sich selber. Seine Oberfläche beginnt zu schmelzen, bis gleißend rote Lava alles überzieht. 1.260 Grad Celsius herrschen an der Oberfläche, der Luftdruck beträgt einhundert Atmosphären. Zwei Ozeane bedecken den Planeten. Einer aus Wasserdampf und darunter einer aus flüssigem Gestein, der den Dampf allmählich absorbiert. Wann immer jetzt Felsbrocken einschlagen, fügen sie der Hülle keinen neuen Wasserdampf hinzu, weil die Lava ihn im selben Augenblick verschluckt.
    Dann werden die Geschosse weniger.
    Schon einmal, gleich nach ihrer Entstehung, hatte die Erde eine dünne Atmosphäre besessen, aber damals war der Planet kleiner und leichter gewesen. Seine Gravitation hatte nicht ausgereicht, um die Gashülle gegen die fortgesetzten Sonnenstürme zu verteidigen, die damals auf den Planeten einwirkten. Instabil, wie die junge Atmosphäre war, hatte der Zusammenprall, aus dem der Mond hervorging, sie schließlich ins All geschleudert. Jetzt sah die Sache schon besser aus. Schwer war der Planet geworden, was verhinderte, dass sich der neu gebildete, kochend heiße Mantel aus Dampf in den Weltraum verflüchtigen konnte. Weil zudem der Meteoritenhagel nachließ, bildete sich eine feste Kruste, und es wurde kühler. Was ein neues, bis dahin unbekanntes Phänomen auslöste.
    Es begann zu regnen.
    Beziehungsweise, Regen kann man das nicht nennen.
    Es schüttete!
    Kein Fernsehsender würde sich trauen, diesen Wetterbericht zu bringen. Über 300 Grad Celsius war dieser Regen heiß, die Temperatur, bei der Wasser kondensiert, wenn ein Druck von 100 Atmosphären herrscht. Es regnete weiter, Jahrtausende lang, das ultimative Hundewetter. Alles Wasser aus der Atmosphäre fiel auf die Oberfläche. Anderthalb Milliarden Billionen Tonnen rauschten hernieder. Nach dem ersten großen Niederschlag kühlte sich die Erde ab, Wolken entstanden, neuer Regen setzte ein. Und wieder Wolken. Und Regen. Wolken. Regen. Tag für Tag, Jahr für Jahr.
    Jahrmillionen lang.
    Wasser, muss man sagen, ist ein molekulares Gedränge ohne Beispiel, schlimmer als die ersten hundert Reihen bei einem Robbie-Williams-Konzert. Eigentlich war es nur entstanden, weil dem Sauerstoff zu seinem Glück zwei Elektronen fehlten. Als er in die urzeitlichen Wolken gelangte, suchte er sich darum zwei Wasserstoffatome, und ein janusköpfiges Molekül entstand, die eine Seite negativ, die andere positiv aufgeladen. Ein Wassermolekül, dessen Protonen- und Elektronenpaare dazu neigen, ihre Gegenstücke in anderen Wassermolekülen anzuziehen und Brücken zu bauen.
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