Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
Partner Lenny gesagt, und Lenny hatte unabänderlich geantwortet: ›Stimmt!‹
    Einige Minuten später grinste er über das ganze Gesicht, denn er war ein langsamer Denker, wenngleich ein Künstler im Schätzen von Entfernungen.
    ›Rotbart‹ kauerte neben dem farbigen Steuermann, eine Zigarre zwischen den Zähnen, seine Arme um die Knie verschränkt, und versuchte sich vorzustellen, wie sie aussehen würden - fünfhundert Banknoten zu je hundert Dollar nebeneinander auf einem großen Tisch ausgebreitet. Es müßte schon ein unwahrscheinlich großer Tisch sein.
    Er betrachtete die dunkle Landschaft, die zu beiden Seiten vorbeiglitt, und starrte dazwischen den keuchenden Schlepper an. Der Kahn hatte den Kanal verlassen und hielt seinen Kurs jetzt in der Mitte eines kleinen Flusses, der abwechselnd breiter und schmäler wurde. ›Rotbart‹ erwartete nichts als eine angenehme Reise und ein paar ruhige Stunden, um nachzudenken. Der angenehmste seiner Gedanken war, daß fünfzigtausend Dollar eine Menge Geld seien.
    Die schlechtesten Menschen haben Träume, die sich meistens um Geld drehen.
    Man nehme an, er hätte diesen strolchenden Kerl in Schenectady erwischt oder als er, gegen das Gittertor gelehnt, Luft schnappte… Dieser Gedanke berauschte ihn. Angenommen, er befände sich zur Zeit auf diesem Kahn! ›Rotbart‹ trug, obwohl er kein Katholik war, in seiner Tasche ein winziges, silbernes Amulett des heiligen Antonius, der bekanntlich denen hilft, die Gegenstände verlegt haben. Er besaß den ganzen Aberglauben seiner Ungebildetheit, und in seinem Reisekoffer, der sich jetzt in New York in der Grand Central Station in Sicherheit befand, bewahrte er zahllose Talismane auf, die von ihm erhoben und wieder verworfen wurden, je nachdem sie ihre Kraft bewährten. Aber der heilige Antonius war ein ständiger Faktor seines Glaubens.
    Den holte er jetzt hervor, rieb ihn auf den Flächen beider Hände und steckte ihn wieder fromm in die Tiefe seiner Taschen zurück. Der Neger hatte von einer Luke über der Vorderkoje gesprochen, aber das brauchte nicht zu stimmen. Auf jeden Fall hatte ›Rotbart‹ es nicht für nötig befunden, seine Nachforschungen weiter zu betreiben. Ein Gedanke kam ihm in den Sinn.
    »Bud - schau nach, was in der Koje da vorn drin ist. Ich halte solange die Ruderstange.«
    »Ich, Sir? Nein, Sir!« Bud schüttelte heftig den Kopf. »Da spukt’s bestimmt. ’n alter Neger ist da unten gestorben. ’s letzte Mal, wo wir am Welland waren.«
    ,Rotbart« versuchte, ihn anzutreiben, aber der Neger rührte sich nicht. Er sagte, nach dem Tod des Alten sei die Luke mit einem Vorlegeschloß verschlossen worden. Am nächsten Morgen war das Vorlegeschloß aufgebrochen. Ein neues Schloß wurde angebracht und wurde wieder aufgebrochen. Laut Bud setzte sich dies sechs Nächte hintereinander fort. Er erklärte nicht, daß es sich das einzige Mal, wo es geschehen war, um einen Dieb gehandelt hatte, der in Buds Abwesenheit vom Land an Bord gekommen war, _ um zu sehen, ob es etwas zu erbeuten gäbe. Aber diese Erzählung wirkte auf ›Rotbart‹. Er glaubte an Geister und Vorahnungen - Bilder, die von der Wand herabfielen, und Klopfzeichen als Vorboten des Todes … Besorgt starrte er in die Dunkelheit hinein, aber nach einer Weile nahm er sich zusammen und ging nach vorn; dann blieb er unentschlossen über der Luke stehen. In diesem Augenblick hörte er das Lachen, und sein Herz schlug heftig. Rasch kniete er nieder und untersuchte den Lukendeckel. Ein zerbrochener Verschluß unterstützte das Märchen des Negers, aber in diesem. Augenblick gab Mr. Byrne seiner abergläubischen Angst nicht nach. Seine Finger bewegten sich vorsichtig zu dem Schieber hin. Der Lukendeckel mußte in der Richtung des Buges geschoben werden. Wenn der Riegel dagewesen wäre, wäre es ein leichtes gewesen, ihn zu befestigen. Wie ließe sich aber jetzt die Luke wieder verschließen? Sein praktisches Gehirn ersann einen Weg, und er ging vorsichtig zu dem Neger, dem dies alles nicht behaglich war, zurück.
    »Hast du eine Eisenstange oder so was?«
    Bud, erschrocken und verstört, ging unwillig hinunter zu seiner Schlafstelle. In einer Kiste unter der Schlafbank wurde das Schiffswerkzeug aufbewahrt, eine Ansammlung von verrosteten Äxten, Hämmern und Beilen. Aus dieser Kiste fischte ›Rotbart‹ zwei verschieden lange Brechstangen hervor. Mit diesen bewaffnet, ging er wieder nach vorn. Wäre die längere der beiden Stangen eigens zu diesem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher