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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch
Autoren: Edgar Wallace
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verflucht seien alle Kameen!«
    Es war das erste Mal, daß er in ihrer Gegenwart fluchte, aber unter diesen Umständen hielt sie ihn für berechtigt dazu. Was wollte er aber mit seinen Kameen?
    Plötzlich ergriff er ihre Hand und zog sie hoch.
    »Du mußt laufen«, sagte er. »Du wirst durch und durch frieren, wenn du in diesen nassen Kleidern da sitzen bleibst. Irgendwo finden wir schon ein Haus.«
    Sie zwängten sich durch das Dickicht und kamen auf der anderen Seite an einem breiten Kanal heraus. An diesem gingen sie entlang, bis sie zu einer verlassenen Schleuse kamen, die eine Brücke bildete. Vor sich, am Fuß eines Hügels, sahen sie die Lichter einer ziemlich großen Stadt. Schließlich, nachdem sie ein Feld durchquert hatten, fanden sie eine Landstraße.
    »Schon wieder auf der Landstraße«, sagte Oktober heiter, »aber wenn diese Stadt Littleberg ist, dann trifft mich der Schlag.«
    »Es ist alles andere auf der Welt, nur nicht Littleberg«, meinte er, »aber mir war, als erkenne ich … Nein, das ist doch nicht möglich! Mir ist aber, als sei ich schon in dieser Stadt gewesen.« Er streckte die Hand in die Tasche und berührte das aufgeweichte Paket Banknoten, das er Lenny abgenommen hatte.
    »Wir gehen schnurstracks in das beste Hotel und bestellen uns ein heißes Abendessen und ein heißes Bad.«
    Jemand spazierte vor ihnen - fremd wie sie selber, denn, als er Schritte hinter sich hörte, blieb er stehen und drehte sich um.
    »He, Sir, was ist denn das für ein Ort? Ich bin soeben mit einem Lastkahn gelandet -« fragte er.
    Es war ›Rotbart‹. Robin zog die Hände aus der Jacke.
    »Es ist der Ort, wo du endgültig landest, mein teurer Freund!« sagte er und versetzte ihm einen linken Haken.
    ›Rotbart‹ stürzte zu Boden, aber eine Sekunde später war er wieder auf den Füßen und hatte seinen Revolver hervorgerissen. Bevor er ihn jedoch heben konnte, packte eine Hand sein Handgelenk und drehte dies so schmerzhaft um, daß der Verbrecher mit einem Schrei die Waffe fallen ließ. Sie fiel zu Oktobers Füßen nieder, die sie rasch zur Seite stieß.
    ›Rotbart‹ war nicht feige, aber er war kein guter Boxer. Das dritte Mal, als er hinschlug, zog er es vor, liegen zu bleiben. Robin suchte nach dem Revolver, steckte ihn in die Tasche und ging auf seinen Feind zu.
    »Bist du versichert, Byrne?« fragte er. »Wenn ja, so habe ich Anspruch auf eine Provision von der Gesellschaft, die dieses Risiko einging. Neunundneunzig Cent auf einen Dollar steht deine Prämie, wenn du und ich uns jemals Wiedersehen! Kapiert?«
    ›Rotbart‹ antwortete nicht. Er war damit beschäftigt, seine Zähne zu zählen.
    Nach zehn Minuten waren sie auf der Hauptstraße und sahen die Schienen einer Straßenbahn.
    »Wir fangen langsam an, auffällig zu wirken, Oktober. Aber ich kann nicht riskieren, daß du in nassen Sachen herumläufst.«
    Das Städtchen war eigenartig gebaut: Es bestand aus einer Hauptstraße mit vereinzelten Häusern rechts und links. Eine große Anzahl der vorhandenen Gebäude waren anscheinend Pensionen und kleine Hotels, die andeuteten, daß die Gemeinde nur einen saisonbedingten Wohlstand genoß. Diese Ansicht wurde dadurch bekräftigt, daß einige der Hotels schon für diese Saison geschlossen waren.
    Der kalte Wind, der die Landstraße hinunterfegte, war wohl dafür verantwortlich, daß sie so verlassen aussah - sie begegneten nicht einmal einem Landpolizeibeamten, obwohl eine Handvoll Leute vor dem heilerleuchteten Eingang des Kinos stand.
    »Das erstbeste Hotel ist das beste Hotel « , sagte Robin. »Dies hier gefällt mir außerordentlich.«
    Es war ein zwei Stock hohes Holzhaus, das ein wenig von der Straße zurück in einem Hof stand. Die offene Tür, die zu einer hellerleuchteten Diele führte, festigte seinen Entschluß. Als sie in die warme Vorhalle traten, wehte ihnen ein herrlicher Duft aus der Küche entgegen.
    Robin suchte nach einer Klingel, fand sie auch, und nach einer Weile erschien eine kleine Frau mit einer riesengroßen, goldgeränderten Brille und dem stereotypen Lächeln eines Menschen, der durch seine Begegnung mit allerlei Leuten viel gelernt hat. Das Lächeln erlosch, als sie die beiden kohlebeschmutzten und zerlumpten Vogelscheuchen vor sich sah. Robin beeilte sich, den schlechten Eindruck, den sie machten, zu verwischen.
    »Wir haben eben ein Picknick auf einem Lastkahn gemacht«, sagte er, »aber unglücklicherweise gelang es uns nicht, einen sauberen zu erwischen, und unsere
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