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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch
Autoren: Edgar Wallace
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herein und schloß hinter sich die Tür. In seiner Hand hielt er das halbgetrocknete Bündel Banknoten. »Nehmen Sie das, Herr, und hauen Sie ab!«
    »Aber ich habe doch meine Rechnung noch nicht bezahlt«, sagte Robin.
    »Machen Sie sich darum keine Sorgen - schauen Sie nur, daß Sie schnell wegkommen! Einen Kerl um die Ecke gebracht haben Sie!« Er schüttelte erstaunt den Kopf. Robin bekam den Eindruck, daß die Geste so etwas wie Bewunderung ausdrückte.
    »Jemand hat Sie angezeigt, mein Sohn. Ich hätte es Ihnen nicht sagen sollen. Aber der Inspektor sammelt jetzt seine Leute, und das Revier ist nur ein paar Straßen von hier entfernt.«
    Er führte sie selbst zum Ausgang.
    »Die Polizei wird aus dieser Richtung kommen«, sagte er und deutete nach links. »Sie müssen also nach rechts gehen bis zum Kreuzweg.«
    In diesem Moment raste ein Auto die Straße herauf und hielt vor der Tür. Drei Männer sprangen heraus. Oktober klammerte sich fester an den Arm Robins. Hinter ihnen stand der große Mann im Türrahmen und schnitt ihnen dadurch alle Möglichkeiten einer Flucht nach rückwärts ab. Denn unter den Augen der Staatsgewalt neigte er doch eher der Gerechtigkeit als dem Großmut zu.
    Einer der drei war ein höherer Polizeibeamter. Er schritt auf sie zu, mit einem Revolver in der Hand.
    »Ihr Name ist Robin?« fragte er barsch.
    »Das ist mein Name«, sagte Robin und fügte hinzu: »Einer meiner Namen.«
    »Man hat uns informiert, daß Sie einen Landstreicher ermordet haben.«
    »Das stimmt, Herr Inspektor«, sagte der dritte Mann eifrig. »Ich habe es gesehen. Das heißt, gesehen hab’ ich’s nicht, aber ich weiß, daß er’s getan hat.«
    Der Polizeibeamte unterbrach ihn.
    »Wir wissen nichts von diesem Mord«, sagte er, »bis jetzt haben wir keinerlei Mitteilung, aber ich muß Sie festhalten, bis der Chef der Zentrale Instruktionen erhält. Ist diese junge Dame Ihre Frau?«
    »Ja«, sagte Oktober ruhig. Der Beamte kratzte sich das Kinn.
    »Vielleicht ist es ihr recht, zur Wache mitzukommen?« brummte er, und ohne ein Wort ging das Mädchen zum Auto voraus. Der Wagen wendete und fuhr zu einem kleinen steinernen Gebäude am entferntesten Ende der Straße. ›Rotbart‹ stand unsicher auf dem Trittbrett. Sie wurden in ein großes, kahles Zimmer geführt, in dem ein Mann in einem Rock aus schwarzem Alpaka am Schreibtisch saß. Als sie eintraten, blickte er auf.
    »Ist das Robin?« fragte er. »Hör mal, Johnny, über diesen Vogel ist nichts bekannt. Nirgends ist ein Strolch ermordet worden, eine Klage ist auch nicht eingereicht, und die Zentrale sagt, jemand hält uns zum besten.«
    Oktober öffnete vor Erstaunen den Mund.
    Der Mann am Schreibtisch runzelte verwirrt die Brauen.
    »Fragen Sie den Sergeanten. Vielleicht hat er etwas gehört«, sagte er. »Den Kerl, der heute angekommen ist. Wenn er noch da ist.«
    ›Rotbart‹, der sich in der Nähe der Tür herumdrückte, scharrte unbehaglich mit den Füßen. Er blickte vom Chef, der hinter seinem Schreibtisch saß, auf eine Liste von Steckbriefen an der Wand über dem Ofen, die Robins Aufmerksamkeit entgangen waren. ›Rotbart‹ las, würgte und schritt lautlos auf die Straße und aus dem Leben dieser jungen Menschen hinaus, die die Lösung eines Geheimnisses erwarteten, das wenigstens dem einen von ihnen unlösbar erschien.
    Ein glattrasierter, breitschultriger Mann mit einem gutmütigen Gesicht kam herein und salutierte steif; er trug die Streifen eines Sergeanten.
    »Das ist der Mann«, sagte Robins Begleiter.
    Der Ankömmling drehte sich um, warf einen Blick auf den Gefangenen und starrte ihn entgeistert an.
    »Heiliger Strohsack!« murmelte Robin, »wo sind wir denn?«
    Der Sergeant sah ihn mit einem eigenartigen Blick an und grinste.
    »In Kanada, Mylord«, sagte er.
    Oktober meinte, daß die Anrede ›Mylord‹ ein schlechter Witz sei.
    »Kanada?«
    Aber selbstverständlich. Jetzt erinnerte er sich! Der Fluß bildete die Grenze, und sie hatten ihn überquert.
    Der Mann im Alpakarock war aufgestanden und schritt auf die kleine Gruppe zu.
    »Sie kennen also diesen Herrn, Sergeant?« fragte er.
    Der Polizeibeamte grinste wieder.
    »Ob ich ihn kenne, Inspektor!« sagte er. »Ich war zwei Jahre lang Ordonnanz bei ihm: Lord Rochford, Militärattache beim Gouverneur!«

DAS KAPITEL, DAS EIGENTLICH DAS ERSTE HÄTTE SEIN MÜSSEN
    Robin Leslie Beausere, vierter Earl von Rochford, hatte für gewöhnlich Freude an den Bällen im Rideauhaus, dem Haus des
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