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Mythor - 104 - Inscribe die Löwin

Mythor - 104 - Inscribe die Löwin

Titel: Mythor - 104 - Inscribe die Löwin
Autoren: Terrid Peter
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sah den Besucher und hielt sich nur mit Mühe auf den Beinen vor Lachen. Gaphyr machte ein zerknirschtes Gesicht, in seinen Haaren steckte Matratzenstroh, und über seiner Stirn hing eine Troddelquaste.
    Yrthen schüttelte sich vor Lachen, während Gaphyr die Arme ausbreitete, um zu zeigen, daß er an dem Debakel völlig unschuldig sei.
    Schließlich fiel er in Yrthens schallendes Gelächter ein. Mit einer Schüssel voll Wasser versuchte das Mädchen, den Mann leidlich herzurichten, eine Arbeit, die sich als schwierig erwies, weil sie dabei nicht nur den Schwamm in Gaphyrs Gesicht zu praktizieren hatte, sondern auch sehr damit beschäftigt war, die emsigen Finger Gaphyrs zur Räson zu bringen.
    »Hör endlich auf«, maulte sie schließlich. »Oder…«
    »Oder was…?«
    Yrthen wippte mit dem rechten Fuß und sah auf Gaphyrs Hand, die sich von einem Knopf nicht lösen wollte.
    »Gut, du hast es nicht anders gewollt!«
    Im nächsten Augenblick hatte Yrthen die volle Schüssel über Gaphyrs Kopf ausgeschüttet, und bevor der Überraschte noch Zeit fand, sich vom Schock dieses Angriffes zu erholen, knallte ihm die hölzerne Schüssel, hart auf den Schädel.
    Yrthen sah mit Zufriedenheit, was sie angerichtet hatte. Sie nickte hoheitsvoll und verließ den Raum.
    Gaphyr grinste nur.
    »Auf Wiedersehen!« rief er.

3.
    Es war später Abend. Der Nebel senkte sich auf die Wiesen und wucherte in die Wälder hinein. Am Horizont schimmerte es noch golden; dort ging gerade die Sonne unter.
    Es war kühl an diesem Abend. Gaphyr zog den wollenen Mantel enger um die Schultern.
    Seit zwei Wochen war er unterwegs, auf der Suche nach dem Wald, in dem die Finsterzwerge hausten. Gefunden hatte er den Hain bislang noch nicht.
    Er hatte auch nicht damit gerechnet.
    Selbst ein Wesen, das alten Mären entsprungen zu sein schien, hatte wenig Selbstvertrauen in die Sagengeschichten seiner Umgebung. Was an fleckigen Wirtshaustischen erzählt wurde, wenn die Abende länger und der Wein heißer und würziger wurde nahm Gaphyr nicht ernst. Diese Maulhelden brüsteten sich mit Erfahrungen, die sie nicht hatten, und sprachen sich Eigenschaften zu, die sie ebenfalls nicht besaßen. Mit jedem Schoppen wurden die Feinde größer, geheimnisvoller und gefährlicher, und dementsprechend wuchsen auch der Mut und die Heldenhaftigkeit des Erzählers ins Balkenbiegende.
    Gaphyr glaubte nur, was er selbst gesehen hatte – und das war nicht viel.
    In seiner Erinnerung war er kaum älter als ein Jahr – was davor sich zugetragen haben konnte, war ihm nicht erinnerlich. Er entsann sich nicht der Eltern; Vater und Mutter hatte er nie gehabt, Geschwister und Verwandte fehlten ebenfalls.
    Eines Morgens war Gaphyr erwacht, auf einer sonnenüberfluteten Wiese, und schon im nächsten Augenblick war der wütende Bulle hinter ihm hergewesen. Im Augenblick seines Erwachens hatte Gaphyr bereits eine erste Probe seiner einmaligen Fähigkeit ablegen dürfen – und mehr als die Kenntnis seines Namens und dieser Befähigung hatte der Mann nicht besessen.
    So wanderte er nun ziellos über fremdes Land, heimatlos, ohne Freunde, ohne Familie. Niemand war, auf den er sich freuen konnte, niemanden gab es, dem er Trauer und Schmerz hätte weihen können.
    Vielleicht Yrthen?
    Der Abschied war lang, traurig und zärtlich gewesen. Gaphyr war sich sicher, daß das Mädchen einige Zeit auf ihn warten würde – vermutlich vergebens, denn Gaphyr ahnte, daß er eine Aufgabe übernommen hatte, die zu groß für ihn war.
    Der Wanderer hielt an.
    Es wurde Zeit, sich ein Nachtquartier zu suchen. Gaphyr war gewohnt, in den Wäldern zu nächtigen; er wußte, daß ihm das Getier nichts zuleide tun konnte. An seinem ehernen Leib hatte sich manch eine Bestie die blutgierigen Fänge zuschanden geschnappt.
    Gaphyr suchte sich eine Lichtung, trug ein wenig Holz zusammen, einige modrige Splitterhaufen, die leicht in Brand zu setzen waren. Er verstand sich auf die Kunst des Feuermachens, schon wenige Minuten später knisterte ein wärmender Brand in einer Kuhle.
    Gaphyr hatte keinen Hunger; er hatte sich an Nüssen und Beeren gesättigt, die er unterwegs gefunden hatte. Er wußte auch, daß es ein paar Wegstunden weiter gen Sonnenuntergang einen Weiler gab, in dem man ihn gegen einige Stunden Feld- oder Schmiedearbeit sicher beköstigen würde. Ein Schlummertrunk hätte Gaphyr gut in die Laune gepaßt, aber es gab hier nichts. So streckte er sich auf seinem Lager aus zusammengescharrten Baumnadeln
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