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Mythor - 084 - Stadt der Amazonen

Mythor - 084 - Stadt der Amazonen

Titel: Mythor - 084 - Stadt der Amazonen
Autoren: Giesa Werner K.
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erneut. Der Stein in der Fassung glomm rot im Feuerschein. Gerrek warf ihn auf den kleinen Tisch.
    Auch Scida erhob sich jetzt, erstaunlich schnell für ihr Alter. Mit einem Satz war sie am Tisch, griff nach dem Ring und drehte ihn zwischen den Fingern.
    »In der Tat«, murmelte sie fassungslos. »Der Ring, den einst die Hexe Vina trug und den sie Mythor vererbte, als sie Sosonas Giftmord zum Opfer fiel!«
    Ihr Kopf ruckte hoch, und sie starrte den sie weit überragenden Beuteldrachen an.
    »Woher hast du ihn?«
    »Draußen«, sprudelte Gerrek hervor. »Draußen auf dem Deck… ich trat darauf! Sie bringen etwas fort! Sie bringen Mythor fort! Ich…«
    »Sie - bringen - Mythor - fort…« wiederholte die alternde Kriegerin. Blitzschnell schossen ihre Fäuste vor, griffen hart in die Haarbüschel, die hier und da aus der Haut des Mandalers sprossen und ihm ein farbenfrohes Aussehen verliehen. »Sie bringen Mythor fort! Weißt du, was das bedeutet?«
    »Ja«, ächzte er, und obgleich er der Amazone an körperlicher Größe überlegen war, erzitterte er unter ihrem harten Griff. »Mythor ist nicht im Nassen Grab verschüttet worden!«
    »Das ist wahr«, keuchte Scida: Ein heftiger Stoß ließ Gerrek zurücktaumeln.
    »Das heißt, daß Mythor nicht im Tempel war! Denn niemand kann ihn in der kurzen Zeit, die uns blieb, noch an Bord gebracht haben - niemand! Wenn aber nicht er das Rysha-Horn blies, dann lebt er noch!«
    »Auf irgendeine Weise«, murmelte Kalisse.
    Scida wirbelte herum, griff dorthin, wo ihr Schwertgehänge lag. Plötzlich hatte sie ihr Schwert Lacthy in der Faust. Die gebogene Klinge schnitt pfeifend durch die Luft, die Spitze berührte Gerreks Heldenbrust.
    »Gerrek«, flüsterte Scida heiser. »Überlege dir deine nächsten Worte gut! Wenn du uns anlügst, wenn du dich wichtig machen willst mit deiner Geschichte, hast du deinen letzten Atemzug getan! Man treibt nicht ungestraft scherzhaftes Spiel mit Mythors Tod!«
    Gerrek schluckte.
    »Kannst du dein Brotmesser nicht woanders hinhalten?« röchelte er.
    »Du bist mir eine Antwort schuldig!« beharrte Scida, und in ihren Augen fraßen sich Angst und verzweifelte Hoffnung zugleich auf.
    »Was ist mit Mythor?«
    »Sie schaffen ihn von Bord«, keuchte Gerrek. »Ich sah es! Er muß den Ring verloren haben!«
    Scida riß ihr Schwert zurück. Sie hatte angekleidet auf ihrem Lager geruht; jetzt legte sie mit schnellem Griff den Waffengurt um, legte eilends Helm und Harnisch an und stürmte auf den Gang hinaus. Kalisse folgte ihrem Beispiel. Gerrek stolperte auf seinen kurzen Beinen hinterdrein.
    Als sie das Deck erreichten, prallte Scida förmlich zurück. Die Schwärze, die über der Sturmbrecher lag, nahm ihr förmlich den Atem.
    »Was - was ist das?« keuchte sie erschrocken.
    Gerrek holte auf.
    »Wie konntest du in dieser Düsternis etwas sehen?« stieß Scida hervor.
    »Ich bin ein Mandaler«, sagte Gerrek hastig. »Ich sehe auch im Dunkeln. Kommt!«
    Er schob sich an Scida vorbei und hastete zum Vorderdeck. Hinter ihm erklangen die Schritte der beiden Amazonen. Dort, wo er den Ring gefunden hatte, blieb der Beuteldrache stehen.
    »Hier war es«, sagte er.
    Scida und Kalisse sahen sich um. »Hier ist nichts«, behauptete Kalisse.
    »Sie sind unten im Hafen. Irgendwo dort draußen!« beharrte Gerrek.
    »Dann finden wir sie!« schrie Scida und stürmte zur Reling. Eine der Strickleitern hing hier hinab; Scida schwang sich über die Bordwand und turnte an der Leiter hinunter.
    »Los, voran! Zeig uns den Weg!« fuhr Kalisse den Mandaler an. »Und wehe dir, wenn du uns für nichts und wieder nichts aufgeschreckt hast!«
    Zeternd bemühte sich Gerrek, ebenfalls hinabzusteigen; angesichts seiner unglücklichen Figur kein einfaches Unterfangen, was er immer wieder betonte.
    Doch dann stand er auf festem Boden.
    »Worauf müssen wir achten?« zischte Kalisse ihn an. »Laß dir nicht jedes Wort aus deiner überlangen Nase ziehen!«
    Gerrek berichtete in wenigen Worten, was er gesehen hatte. Immer noch lag die entsetzliche Dunkelheit über diesem Teil des Hafens. Aber der Beuteldrache vermochte halbwegs deutlich zu sehen. Und langsam schwand auch die Schwärze, begannen die Sterne wieder vom Firmament zu funkeln.
    Drei Gestalten hetzten durch die Nacht und suchten.
*
    Ciffa, die Arenakämpferin, verließ die Taverne. Es wurde ihr zu laut. Die Amazonen wurden mehr und mehr trunken, und dies war nicht ganz nach Ciffas Sinn. Drei Becher Wein am Abend reichten ihr, um
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