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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert
Autoren: Ulrich Hefner
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Richtung von São Sebastião davon.
    Die Frau war schwach und fiebrig. Ihr Atem ging flach, und die Haut war mit einem kalten Schweißfilm bedeckt. Sie hatten sie am Heck des Bootes auf eine Trage gelegt und ihr zur Untersuchung die Kleider ausgezogen.
    » Was ist mit ihr?«, fragte der Kommandant seinen Cabo, der sich gerade aufrichtete und das Stethoskop zurück in den medizinischen Notfallkoffer legte. Er hatte als Einziger an Bord eine Sanitäter-Ausbildung und zuckte ahnungslos mit der Schulter. » Ich weiß nicht, ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, sie wurde von einer Giftschlange gebissen, habe aber keine Bissstelle gefunden. Lange wird sie wohl nicht mehr durchhalten. Ihr Herz schlägt unregelmäßig.«
    Der Kommandant nickte und wandte sich an den Steuermann. » Fahr so schnell du kannst«, schrie er ihm gegen den Motorenlärm zu.
    Diesmal flogen die Kormorane aus den Baumwipfeln auf, als das Boot mit Vollgas vorbeidonnerte.

2
    Liberty City in Miami, Florida
    Gene saß in seinem Büro und spielte mit einem Bleistift. Nelly Furtado schmetterte ihren Hit » Promiscuos« auf Radio Love 94 , und das Thermometer in seinem Zimmer war auf 29 Grad gestiegen.
    Sein kurzer Ausflug ins Polizeirevier hatte einige interessante Aspekte zu Tage gefördert. Peter Harrison war ein unbeschriebenes Blatt. Ein braver Student der Medienwissenschaften an der Universität von Miami in Coral Gables, der sich in den Semesterferien mit Gelegenheitsjobs ein paar Dollar verdiente. Der Polizei war er vollkommen unbekannt, noch nicht einmal ein paar Verwarnungen wegen Falschparkens hatte er auf dem Kerbholz. Ganz im Gegensatz zu seinem Freund Jean Tarston, der ebenfalls verschwunden war. Peter war fünf Jahre jünger als Jean und hing an ihm, als wäre er sein Bruder. Kennengelernt hatten sie sich über das Basketballteam der Universität, doch Jean Tarston hatte das Studium geschmissen, die Mannschaft verlassen und sich mit allerlei Jobs über Wasser gehalten. Mehrfach war er in den letzten Jahren mit dem Gesetz aneinandergeraten. Schlägereien und Körperverletzungen verzeichnete seine Akte. Vor zwei Jahren verbüßte er eine sechsmonatige Haftstrafe im Big Pine Key Road Prison im Dade County. Er war mit ein paar Gramm Kokain bei einer Fahrzeugkontrolle erwischt worden. Doch da er zuvor noch nie mit Rauschgift in Erscheinung getreten war, hatte der Richter noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen und das Strafmaß gemindert. Dieser Jean schien ein ganz schönes Früchtchen zu sein.
    Sharon hatte ihm erzählt, dass sie gegen die Freundschaft zwischen Peter und Jean gewesen war. Sie hatte Peter die Pistole auf die Brust gesetzt und gedroht, ihn zu verlassen, sollte er sich noch weiterhin mit Jean abgeben. Und tatsächlich hatte sich Peter in den letzten Monaten mehr und mehr zurückgezogen. Doch an dem Tag, als Peter verschwand, hatte Jean ihn abgeholt. Es hatte einen furchtbaren Streit zwischen ihr und Peter gegeben.
    » Er braucht meine Hilfe bei einem Job«, hatte Peter geantwortet. » Ich bin in zwei Tagen wieder zurück.«
    Aus diesen zwei Tagen waren nun beinahe drei Wochen geworden. Und Peter hatte seiner Verlobten nicht verraten, um was es bei dem Job ging, sondern nur versichert, dass es nichts Illegales sei. Aber konnte man sich auf diese Aussage verlassen?
    Gene hatte gehofft, dass es einfacher sein würde, eine Spur von Peter Harrison zu finden. Doch überall, wo er bislang nach ihm gefragt hatte, zuckten die Angesprochenen nur mit der Schulter. In der Bar in Gladeview, in der Peter verkehrte, in dem Büro der Arbeitsvermittlung an der Ecke, wo sich Peter beinahe täglich nach Arbeit umsah, auf dem Campus und bei Freunden aus der Uni oder der Basketballmannschaft und auch bei der Polizei, nirgends konnte irgendjemand Gene bei der Suche nach Peter helfen. Es war tatsächlich so, als hätte ihn der Erdboden einfach verschlungen.
    Nelly Furtados Song endete, und der Wetterbericht auf dem Sender warnte vor einem Gewitter, das sich bei Einbruch der Nacht über der Stadt zusammenbrauen würde. Er warf den Bleistift auf den Schreibtisch und griff zur Wasserflasche. Wenn er Peter finden wollte, dann musste er sich intensiv um seinen Freund Jean Tarston kümmern. Der wohnte in der Kellerwohnung eines schäbigen Mehrfamilienhauses am Hialeah Drive. Gene langte nach seinem Wagenschlüssel.
    Die heiße Nachmittagssonne hielt die Stadt fest im Griff. Nur wenige Wagen waren auf den Straßen unterwegs. Er stieg in seinen dunkelgrünen
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